Saatkrähen sind Saarlouis-Fans

Saarlouis · Sie ärgern viele Bürger, manche ängstigen sie, andere richten Schaden an: Wildtiere in der Stadt. Auf Anfrage der SPD legte die Stadt im Ausschuss für Stadtplanung und Umwelt eine Bestandsaufnahme vor. Tendenz: Man wird sich mit den Tieren irgendwie arrangieren müssen.

 Wildschweine tauchen immer wieder unvermittelt in Gärten der Bürger auf und durchwühlen sie. Symbolfoto: dpa/F. von Erichsen

Wildschweine tauchen immer wieder unvermittelt in Gärten der Bürger auf und durchwühlen sie. Symbolfoto: dpa/F. von Erichsen

Saarlouis bietet ein gutes Nahrungsangebot, Wärmeinseln, abwechslungsreiche Lebensräume und ein vergleichsweise sicheres Leben. Saarlouis ist darum "außergewöhnlich attraktiv", liest man, wenig überraschend, in einer Bestandsaufnahme der Stadtverwaltung. Doch das alles gilt nicht den Bürgern der Stadt oder Touristen, sondern ganz Anderen, mit denen man deshalb "langfristig leben" müsse. Also mit denen, für die die Stadt so attraktiv erscheint: den Saatkrähen. Die, so liest man weiter, "besondere Attraktivität unserer Stadt für die Saatkrähe" äußert sich darin, dass 40 Prozent aller dieser Vögel im Saarland hier brüten. Um die 1000 Brutpaare sollen es sein. Die Kolonie im Stadtgarten ist mit 700 bis 850 die größte im ganzen Saarland, vielleicht gar in ganz Südwestdeutschland. Im Moment aber ist sie verwaist, keiner weiß warum.

Die Liebe der Saatkrähe zu Saarlouis stößt nicht überall auf Gegenliebe. Saarlouiser fühlen sich von Kot und Lärm belästigt. Die Sozialdemokraten nahmen sich der Belästigten an und fragten im Stadtrat, was man da tun könne.

Nicht viel, erwidern die Fachleute des Rathauses. Saatkrähen stehen unter Naturschutz, man darf sie nicht fangen oder töten, man darf ihre Brut- und Ruhestätten nicht beschädigen. Ausnahmen kann die Landesbehörde genehmigen, aber die Hürde liegt sehr hoch. Allerlei Vergrämungsmethoden haben kaum Erfolg, heißt es in dem städtischen Bericht, der auf Anfrage der SPD entstand. Empfohlen wird mehr Wissen, um die Saatkrähe besser kennen zu lernen. Tatsächlich plant die Stadt nun eine Info-Veranstaltung.

Anders, heißt es in dem Bericht, ist es mit Stadttauben. Für sie gilt nicht der Naturschutz, sondern der allgemeine Tierschutz. Das Taubenhaus, das sie aus der City in die Nähe des Globus locken sollte, hat sich laut Stadt nicht bewährt. Das vom Tierschutzverein WITAS und dem Naturschutzbund Nabu betriebene Haus soll deswegen umgesetzt werden, möglicherweise auf das Kasemattenparkdeck.

Aus Lisdorf hört man Klagen über Nilgänse, die Schäden auf Feldern anrichten. Die aus Afrika stammende Art verbreitet sich schnell. 2015 habe man in der Lisdorfer Au 18 Exemplare gezählt, 2016 bisher schon 28. Die Nilgans darf bejagt werden. Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) empfiehlt aber eher Schussapparate oder Hunde, um die Nilgänse zu verjagen.

Großen Ärger und Ängste verursachen Wildschweine, die laut Rathaus von Zeit zu Zeit und unvorhersehbar rechts der Gärten, Parks, auch Friedhöfe durchwühlen. Das einzig Hilfreiche sei eine sichere Einzäunung. Wildschweine dürfen bejagt werden, aber erstens: Zwar sei die Wildschwein-Jagd auch innerhalb bestimmter Siedlungsgebiete schon jetzt erlaubt. Sie müsste bloß in den Jagdpachtvertrag aufgenommen werden, dazu braucht es nach Auffassung des Rathauses nur einen Stadtratsbeschluss. Doch "die Jagdpächter zeigen bislang aufgrund der möglichen Gefährdung der Bevölkerung keine Bereitschaft, die betreffenden siedlungsnahen Flächen mit Schusswaffen zu bejagen". Und zweitens sowieso: "Die Tiere sind schwer zu erlegen und reagieren auf Jagddruck mit erhöhter Reproduktion."

Oft sind Menschen mitverantwortlich für die ungebetenen Gäste. Viele füttern die Tiere aus Tierliebe oder unabsichtlich, weil sie Katzenfutter liegenlassen oder offene Komposthaufen unterhalten. Unterlassen, mahnt der Leiter des Amtes für ökologische Stadtentwicklung, Mario Natale, dringend und immer wieder. Dasselbe gelte auch für Füchse.

Meinung:

Nicht wild um sich schlagen

Von SZ-Redakteur Johannes Werres

 Saatkrähen bauen ihre Nester meist in Gruppen. Ihr lautes Geschrei wird für die Bürger oft zum ÄrgernisFoto: Fred Kiefer

Saatkrähen bauen ihre Nester meist in Gruppen. Ihr lautes Geschrei wird für die Bürger oft zum ÄrgernisFoto: Fred Kiefer

Foto: Fred Kiefer
 Eine Familie von Nilgänsen entdeckt die Saar. Die Tiere stammen ursprünglich aus Afrika.Foto: K. Borger

Eine Familie von Nilgänsen entdeckt die Saar. Die Tiere stammen ursprünglich aus Afrika.Foto: K. Borger

Foto: K. Borger

Ja, wir leben in der einen Welt und müssen irgendwie aneinander vorbei kommen: wir und die Wildtiere . Ein rumstreunender Fuchs ist ja ganz nett, und gegen Krähen muss man nichts haben, auch wenn die mal nerven können. Und von so einem Wildschwein fühlen sich - wie heute - manche Zeitungsleser freundlich begrüßt: aber nur solche, deren Garten nicht gerade von den Tieren zerstört wurde. Da kommt es, sagen wir, zu einem Interessenkonflikt. Man löst ihn nicht, indem man aus Wut wild um sich schlägt. Es bleibt nur: Erstens, keine Tiere mit Essensresten anlocken, zweitens, ganz gewissenhaft schauen, wo Maßnahmen Erfolg hatten, und drittens, die dann auch umzusetzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort