Erste Hilfe in Deutsch

Saarlouis · Flüchtlinge sollen auch die Wartezeit bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag nutzen können, um Deutsch zu lernen. Das ermöglicht ein Programm, das die Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Die Volkshochschule Saarlouis bietet seit dieser Woche solche Kurse an. Bislang setzten bezahlte Deutschkurse, im Rahmen der offiziellen Integrationskurse, die Anerkennung als Asylberechtigter voraus.

 Sie warten gespannt auf ihre erste Deutschstunde im Karl-Thiel-Haus in Roden: Syrische Flüchtlinge, die außer der neuen Sprache auch deutschen Aktenordnern begegnen.

Sie warten gespannt auf ihre erste Deutschstunde im Karl-Thiel-Haus in Roden: Syrische Flüchtlinge, die außer der neuen Sprache auch deutschen Aktenordnern begegnen.

Für 23 junge syrische Männer aus unmittelbarer Nachbarschaft hat gestern in Roden ein erster Deutschkurs begonnen. "Erste Hilfe Deutsch - Willkommen in Saarlouis " ist ein neuartiger Kurs, den die Bundesagentur für Arbeit bezahlt. "Volle acht Wochen" finanziere die Agentur in einem Kurz-Programm, sagt Organisatorin Dorothea Gratz von der Volkshochschule (VHS) Saarlouis . Die Stundenzahl sei den Trägern überlassen, aber die Kurse dieses Programms müssten zwischen 1. November und 31. Dezember beginnen.

Einer der Träger, die solche Kurse in Saarlouis anbieten, ist die Volkshochschule. Die VHS-Variante umfasst 160 Stunden. Sie soll eine erste Verständigung auf Deutsch ermöglichen. "Zugleich überbrückt sie die Wartezeit bis zum offiziellen großen Integrationskurs", erklärt VHS-Leiterin Gertrud Jakobs.

Der Kurs steht, anders als der große Integrationskurs, Asylbewerbern offen, deren Verfahren noch läuft. Das gehört zum Konzept ebenso wie die Zulassung von Deutschlehrerinnen und -lehrern, die nicht die umfangreiche Ausbildung für den Integrationskurs gemacht haben.

Erstmal ein "Hallo!"

Darum kann auch Maria Teresa Amido Lozano die jungen Syrer im Untergeschoss des Karl-Thiel-Hauses in Roden unterrichten. Die Spanierin ist Übersetzerin unter anderem für Englisch, sie schreibt ihre Doktorarbeit und verdient bei der VHS ein bisschen Geld dazu. Spanisch hat sie unterrichtet, und jetzt eben Deutsch.

Womit sie gleich anfangen wird? "Weiß ich noch nicht", sagt sie vor der ersten Stunde, ihrer Premiere, "das geht spontan, wahrscheinlich ganz einfach mit einem Hallo."

Zweite Lehrerin dieses Kurses ist Barbara Scherer, Journalistin und Übersetzerin für Englisch und Spanisch, ebenfalls mit VHS-Erfahrung. "Ich kann das übernehmen, weil die bisher obligatorische Voraussetzung für die Integrationskurse, eine lange Zusatzausbildung, hier nicht erforderlich ist."

Arabisch sprechen beide nicht, es geht alles auf Englisch. Zwei Drittel der jungen Syrer in diesem Kurs verstehen Englisch. Viele waren zu Hause angehene Akademiker,

Für die Übrigen, die kein Engisch verstehen, übersetzt einer Syrer ins Arabische, ein höflicher junger Mann, der sich auf Englisch bei Dorothea Gratz bedankt für "jeden, der uns hier hilft" und für die "Chance, dass wir in Deutschland sein können."

Ein weiterer "Erste Hilfe Deutsch"-Kurs begann gestern in Fraulautern. Zwei weitere in der Innenstadt und in Beaumarais oder Neuforweiler für jeweils im Ort untergebrachte Flüchtlinge sollen folgen. "Räume haben wir gefunden", sagt VHS-Leiterin Gertrud Jakobs, "aber wir suchen noch weitere Sprachlehrer." Denn auch andere Träger und Sprachschulen bieten solche Kurse an, Sprachlehrer sind darum Mangelware.

Auch das ist deutsch

 Barbara Scherer (links) und Maria Teresa Amido Lozano werden bei der VHS Saarlouis 23 Syrer in Roden 160 Stunden lang mit der deutschen Sprache bekannt machen. Fotos: Hartmann Jenal

Barbara Scherer (links) und Maria Teresa Amido Lozano werden bei der VHS Saarlouis 23 Syrer in Roden 160 Stunden lang mit der deutschen Sprache bekannt machen. Fotos: Hartmann Jenal

Nach der ersten Lerneinheit verlassen die Sprachschüler das Karl-Thiel-Haus. "Guten Tag", grüßen einige auf der Straße, und "Ich heiße Ahmed". Doch an diesem ersten Tag sind sie noch einer ganz anderen Dimension des Deutschen begegnet: Jeder fand auf seinem Platz ein liebevoll gepacktes Kistchen mit Schreibzeug und Papier vor - und einen echten grauen Aktenordner. Exakt ausgerichtet an der Tischkante. "In Deutschland heftet man alles genau ab", erklärt VHS-Leiterin Jakobs, und schmunzelt dabei.

Die Saarlouiser Bürgermeisterin Marion Jost weist darauf hin, dass die Stadt noch Wohnungen für Flüchtlinge sucht. Auch bestehe weiter Bedarf an Begleitern für die Flüchtlinge .

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