Kein Fußball und besser kein Kino

Saarlouis · Es sind kleine Schätze, die im Archiv des Stadtgarten-Gymnasiums Saarlouis (SGS) lagern. Einige alte Dokumente haben Schüler in einem Seminarfach der Stufe elf und Lehrer zum 325. Geburtstag der Schule in diesem Jahr ausgegraben und ausgewertet.

Alexander Hawner, geschichtlich interessierter Studienrat, hat beim Durchforsten des SGS-Archivs zum 325-jährigen Bestehen der Schule Kurioses gefunden. Wie diesen Hinweis des preußischen Kultusministeriums vom 20. April 1912: "Nach einer Mitteilung des Herrn Ministers der auswärtigen Angelegenheiten ist für die Schulen im Königreich Bayern angeordnet worden, daß das Fußballspiel aus der Reihe der von Schulen gepflegten Turnspiele ausgeschieden und bei den Eltern und Schülern darauf hingewirkt wurde, daß Schüler unter 17 Jahren von der Teilnahme am Fußballspiel in Vereinen ausgeschlossen bleiben. Es ist mir von Interesse, zu erfahren, wie die Angelegenheit in den Schulen gehandhabt wird." Was die Saarlouiser Schule antwortete, ist offenbar nicht überliefert.

Dirk Schröder leitet das Seminarfach zur Geschichte des SGS. Gelegentlich wird ins Archiv abgetaucht. Von dort bringt Schröder auch dies mit: Der preußische Kultusminister August von Trott zu Solz (sein Sohn Adam wurde später wichtiges Mitglied des NS-Widerstandes im Kreisauer Kreis) warnte am 8. März 1912: "Die Kinematographentheater haben neuerdings nicht nur in den Großstädten, sondern auch in kleineren Orten eine solche Verbreitung gefunden, daß schon dem hierdurch veranlaßten übermäßigen Besuche solcher Veranstaltungen, durch den die Jugend die Jugend vielfach zu leichtfertigen Ausgaben und zu einem längeren Verweilen in gesundheitlich unzureichenden Räumen verleitet wird, eine schwere Gefahr für Körper und Geist der Kinder zu befürchten ist." Das "sittliche Empfinden" drohe ähnlich geschädigt zu werden wie durch "die Schmutz- und Schundliteratur".

Marie Schlechtriemen hat am SGS das Seminarfach belegt und staunt: "Das jetzige Schulgebäude ist viel größer als die meisten Schüler glauben. Es gibt zahlreiche unterirdische Räume, Bunker und Archive . Bei der Durchsicht der alten Akten in den Archiven habe ich krasse Sachen gefunden. In den alten Klassenbüchern steht, wie sich die Kinder früher in die Ecke stellen mussten oder sogar richtig Arrest bekamen."

Jill Mathis: " Ich fand vor allem die Einträge in den alten Bierzeitungen interessant. Darin sind tolle Karikaturen der Lehrer gezeichnet worden, mit viel mehr Hingabe als heute. Im Seminarfach haben wir uns mit Zeitzeugen getroffen, und dabei haben mich die Kriegserzählungen am meisten beeindruckt."

Jean-Giuliano Bertrand erzählt: "Wenn man mitbekommt, was in der Schule damals passiert ist, dann hat man einen viel besseren Vergleich zur heutigen Zeit und bekommt plötzlich das Gefühl, dass die Ereignisse der Vergangenheit ganz nahe sind. So hat mich erschrocken, dass die Entschuldigungen der Eltern in der Zeit vor und während des 2. Weltkriegs mit dem Hitlergruß unterschrieben waren."

< weiterer Bericht folgt

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