Von Zigaretten als Liebesgaben

Kreis Saarlouis · Zwei Monate ist der Erste Weltkrieg alt. In den Zeitungen wird das deutsche Volk zum Durchhalten aufgerufen und zu Spenden für die Männer an der Front. Die höchste Führung jedoch sieht das Land bereits auf dem Weg in den Untergang.

Noch vier Jahre dauert der Krieg, und im Raum Saarlouis wird Platz gemacht für Verwundete. Neben Krankenhäusern in Saarlouis , Dillingen und Wallerfangen sind zusätzlich Lazarette eingerichtet. "Das Lazarett im Saalbau ist nun bis auf den letzten zu erübrigenden Platz belegt", heißt es Mitte Dezember im Saarlouiser Journal. In Wadgassen sind beispielsweise die Schlafhäuser der Grube Hostenbach sowie der Kristallfabrik für Verwundete hergerichtet, in Fraulautern ist es die Mädchenschule. Den Gemeinden entstehen daraus hohe Kosten.

Eine "Ehrenpflicht" von Eltern, Lehrherren und Vormündern sei es, die Schutzbefohlenen zur Teilnahme an militärischen Vorbereitungen anzuhalten. Dadurch ergibt sich ein reger Zulauf zu Übungen und Märschen so genannter Jugendwehren. In Wallerfangen sind es Mitte Oktober 37 Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren.

Immer wieder gibt es Liebesgaben für die Männer an der Front. Wadgassen meldet am 30. Oktober 455 Paketchen. Neben 350 Paar Strümpfen enthalten sie 75 Leibbinden, 22 Unterhosen, 4400 Zigaretten und 2100 Zigarren.

Mit gestiegenen Kartoffelpreisen beschäftigt sich der Kreistag am 2. November. Am 9. November bietet das Bürgermeisteramt Fraulautern seiner Einwohnerschaft 1600 Zentner Speisekartoffeln zum Selbstkostenpreis.

Das Eiserne Kreuz für Leutnant Siepmann vermeldet Dillingen. Siepmann wurde am 20. August durch einen Schuss in die linke Hand verletzt und ging am 15. September wieder an die Front. Dort traf ihn am 25. September ein Granatsplitter in die linke Wade.

Weniger Glück hatte der Wallerfanger Reservist Witzmann. Nach einer Kopfverletzung Ende September kehrte er aus dem Wallerfanger Lazarett an die Front zurück und wurde erneut verwundet. Er starb am 27. November in einem Lazarett in Montmedy, am 30. November wurde er unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit in Wallerfangen beigesetzt. Dillingen vermeldet am 8. Dezember: "Bis jetzt hat der Krieg in unserem Orte 44 Opfer gefordert."

"Die Petroleumfrage beginnt für unsere Bevölkerung kritisch zu werden", heißt es Mitte November. Im Dezember sind überall in Dillingen Installateure unterwegs und verlegen Leitungen für elektrisches Licht.

Das erste Weihnachtsfest des Krieges naht mit Feiern für Verwundete in verschiedenen Orten. Für die Saarlouiser im Felde beschließt der Stadtrat 6000 Mark für Geschenke und 4000 Mark für wollene Decken. "Noch nie hat seit Menschengedenken ein so tiefer Schatten auf dem deutschen Weihnachtsfest gelastet", meldet das Saarlouiser Journal am 28. Dezember. Die Kreisbäckerinnung sieht wegen Weizenmehlmangel vom gewohnten Neujahrsgebäck ab. Die Bevölkerung wird aufgerufen, dass sie den "Verbrauch an Weißbrot und Kuchen einschränkt oder ganz darauf verzichtet".

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Auf einen BlickDie Bevölkerung wird zum Durchhalten aufgerufen, während bereits im September/Oktober 1914 höchste Persönlichkeiten vom Untergang Deutschlands ausgehen. Auslöser war die Schlacht an der Marne, 5. bis 9. September. Sie stoppte den Vormarsch deutscher Truppen auf Paris. Der verantwortliche Generalstabschef von Moltke soll damals an Kaiser Wilhelm II. gemeldet haben: "Majestät, wir haben den Krieg verloren!" Von Wilhelm II. wird Ende Oktober 1914 notiert: "Es kommt uns niemand zu Hilfe ... Wir stehen ganz allein und müssen eben mit Anstand untergehen." az

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