Abschüsse als Abschreckung rechtswidrig?

Lisdorf · In der Diskussion um gefräßige Nilgänse in der Lisdorfer Au hat sich Mario Natale geäußert. Der Diplom-Forstwirt ist Leiter des Amts für ökologische Stadtentwicklung in Saarlouis.

 Verdauungs-Schwimmen nach dem Salat-Menü? Man weiß es nicht. Wo diese Nilgans-Familie gefuttert hat, ist unbekannt. Foto: K. Borger

Verdauungs-Schwimmen nach dem Salat-Menü? Man weiß es nicht. Wo diese Nilgans-Familie gefuttert hat, ist unbekannt. Foto: K. Borger

Foto: K. Borger

Wie berichtet lassen sich auf den Feldern der Lisdorfer Gemüsebauern die eingewanderten Nilgänse vor allem junge Salatpflanzen schmecken, was zu nicht unerheblichen Fraßschäden führen soll. Deshalb hat Heiner Groß aus Lisdorf bei Stadt und Landkreis Saarlouis angeregt, einige der Vögel zu schießen. Damit sei die ganze Population zu vertreiben. Notwendig für eine Erlaubnis der Jagd wäre es, dass die Schonzeit der Tiere - die gilt von 16. Januar bis 31. Oktober - aufgehoben würde.

Entscheiden muss dies die Obere Jagdbehörde beim Umweltministerium in Saarbrücken. Natale ist nicht zuständig für die Genehmigung, mahnt aber eine ausführliche Erörterung des Themas an. "Es ist weder ausreichend diskutiert noch nachgewiesen, dass die beantragte Lösung sinnvoll ist. Außerdem fehlen hinreichende Anhaltspunkte, dass eine Jagderöffnung tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen würde", sagt er. Wegen des nicht zu unterschätzenden Konfliktpotenzials "im Widerstreit zwischen Naturschutz, Naherholung, Jagd und Tierschutz" sollten seiner Meinung nach Natur- und Tierschutzverbände eingebunden werden.

Vertreiben ohne Abschuss

Vertreiben ließen sich die Nilgänse auch ohne Abschuss, etwa mit Lärm oder Hunden. Einzelne Tiere als Warnung für andere abzuschießen, hält Natale für nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar. Eine Haltung, wonach die Nilgänse als Eindringlinge eliminiert werden müssten, käme außerdem Jahrzehnte verspätet, weil diese schon lange am Saaraltarm nisteten. Namens des Amts für ökologische Stadtentwicklung regt Natale an, "für die gesamte Region fachlich zu erörtern, ob Nilgänse in der freien Natur toleriert werden sollen oder nicht". Das Vorkommen der Art erscheint ihm "grundsätzlich allgemein vergleichbar mit dem Vorkommen von Jagdfasan, Nutria, Haustauben" und sei daher nicht zwangsläufig dogmatisch abzulehnen.

Was Fraßschäden betrifft, regt er Entschädigungen für die Bauern an. "Vorrangig sollte dabei nicht der Ersatz entstandener Schäden erfolgen, sondern Entschädigungen für den Mehraufwand für Schutzmaßnahmen", meint Natale. Er hält es für sinnvoll, die Koordination übergeordnet bei der saarländischen Naturwacht anzusiedeln. "Andere Möglichkeiten prüfen", fordert Gabriel Mahren, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Saarlouiser Stadtrat im Nilgänse-Konflikt in der Lisdorfer Au. Bevor man bei einem solchen Thema "die offenbar allzeit bereite Jägerschaft" frage, sollte man sich zunächst fachkundigen Rat bei den Natur- und Tierschutzverbänden der Region einholen, schlägt er vor. "Ich selbst halte den Vorschlag quasi zur Abschreckung ein paar der Zugvögel zu erschießen für archaisch", sagt Mahren.

Sicherlich werde es andere Möglichkeiten geben, die durch den Salatverzehr der Nilgänse entstandenen Schäden zu vermeiden, meint der Grüne, sei es durch weniger grausame Abschreckungen, sei es durch Entschädigung der betroffenen Landwirte.

Im Norden nachfragen

Mahren: "Mit dem Aufheben des Schonzeitschutzes würde das saarländische Umweltministerium einen kaum zu korrigierenden Präzedenzfall schaffen, der den Schutzgedanken ad absurdum führen dürfte." Dem Ministerium sei eher geraten, sich über die Situation in anderen Regionen, etwa in Norddeutschland, zu informieren und sich beratend an die Landwirte zu wenden.

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