Ein Brückenbogen von 1624 steht noch

Siersburg · In Europa schlug man sich die Köpfe ein, in Siersdorf entstand eine Steinbrücke über die Nied. 1624 war das, im 30-Jährigen-Krieg, und etwa 60 Jahre vor der Schleusenbrücke in Saarlouis. Reste der alten Niedbrücke in Siersburg sind heute noch vorhanden.

 Aus dem Jahr 1624 stammt der älteste Bogen der Niedbrücke (rechter Bildrand), zum Fluss hin schließen sich zwei Bögen von etwa 1750 an. Fotos: Johannes A. Bodwing

Aus dem Jahr 1624 stammt der älteste Bogen der Niedbrücke (rechter Bildrand), zum Fluss hin schließen sich zwei Bögen von etwa 1750 an. Fotos: Johannes A. Bodwing

Die Niedbrücke im heutigen Siersburg ist eine der ältesten Brücken im Saarland. Das von 1750/58 stammende Bauwerk sei im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut worden. So die bisherige Annahme. Doch nun sind drei der Brückenbögen als Überbleibsel früherer Bauwerke identifiziert.

Dies ergab sich bei aufwändigen Sanierungen, die derzeit der Landesbetrieb für Straßenbau, LfS, durchführt. Der erste Bogen auf dem rechten Flussufer stammt laut Denkmalpfleger Rupert Schreiber von 1624. Er enthält noch den Schlussstein mit eingravierter Jahreszahl. Die beiden ihm folgenden Brückenbögen werden der Bauphase von etwa 1750 zugeordnet.

Der Bogen von 1624 ist aus quaderförmigen Sandsteinen gemauert. Die um 1680 erbaute Schleusenbrücke in Saarlouis sei ähnlich, sagte Schreiber. Dagegen weisen die Bögen von 1750 rechteckige Blöcke auf.

Die Geschichte der Siersburger Niedbrücke stehe im Zusammenhang mit einer bedeutenden europäischen Handelsstraße. Die führte seit dem Mittelalter durch das kleine bäuerliche Siersdorf. Diese so genannte "Krumme Meil" verband Flandern in den Niederlanden und die Lombardei in Oberitalien. Beides Zentren des mittelalterlichen Textilgewerbes. Deren Waren rollten durch Siersdorf, während die Einwohner oft nicht weiter kamen als zum nächsten Ort.

Diese Flandernstraße war Konkurrenz zu den Handelswegen am Rhein, sagte Schreiber. Sie kam über Straßburg, Saarbrücken, Wallerfangen nach Siersdorf. Von dort führte sie weiter über Luxemburg nach Flandern. Überwacht wurde der Handelsweg von der Burg Siersberg aus. Selbst die Brücke von 1624 könnte noch einen Vorgänger gehabt haben, will Schreiber nicht gänzlich ausschließen. Den Anlass für die Bauwerke sieht er in einer Furt östlich des jetzigen Brückenbereichs. "Mich hat schon immer der alte Ortsplan von Siersdorf irritiert", erklärte er und weist vom linken Niedufer zur Siersdorfer Straße. "Das hier war die Hauptstraße. Die kam zum Fluss herunter, dort muss eine Furt gewesen sein. Dann ging es auf der anderen Seite weiter."

Um 1750 entstand eine neue Niedbrücke aus Sandstein. Sie sollte Kaufleuten ganzjährig einen sicheren Übergang ermöglichen. Der breite Mittelbau diente zum Ausweichen der Pferdegespanne. Dort wurde 1758 ein Kreuz zum Schutz der Brücke errichtet. Allerdings verlagerten sich die Textilzentren ab dem 18. Jahrhundert von Flandern nach Großbritannien. Auf der anderen Seite verloren die Städte in der Lombardei an Bedeutung. Damit endete auch der innereuropäische Fernhandel durch Siersdorf.

 Der Schlussstein des alten Brückenbogens von 1624.

Der Schlussstein des alten Brückenbogens von 1624.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges sprengten dann deutsche Truppen die Niedbrücke, um den amerikanischen Vormarsch zu behindern. Nach dem Wiederaufbau wurde die Niedbrücke an den modernen Straßenverkehr angepasst. Asphalt ersetzte das Straßenpflaster und Balustraden aus Stein wichen einem eisernen Brückengeländer. Aber gesprengt war 1944 vor allem das Brückenteil am linken Flussufer in Richtung Gerlfangen. Dagegen blieb der mächtige Mittelbau, die Bastion, weitgehend intakt. Und zum rechten Ufer hin stehen bis heute die drei alten Bögen der denkmalgeschützten Niedbrücke.

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