Hausbesetzer erhalten Wohnrecht

Oberesch. Alles fing damit an, dass die Lauers auf einem Krammarkt ein blaues Vogelhäuschen aus Holz kauften. "Das kommt an unseren Hühnerstall", dachte sich Ernst Lauer, der mit seiner Familie in Oberesch lebt, Ortsteil von Rehlingen-Siersburg. Tage später hängte er die handgefertigte Vogelbehausung unter dem Dachsims des Hühnerstalls auf

 Kunstvoll haben die Hornissen ihr Eigenheim ausgebaut und geschmackvoll gestaltet. Fotos: SZ-Leserreporterin Sabine Schmitt

Kunstvoll haben die Hornissen ihr Eigenheim ausgebaut und geschmackvoll gestaltet. Fotos: SZ-Leserreporterin Sabine Schmitt

Oberesch. Alles fing damit an, dass die Lauers auf einem Krammarkt ein blaues Vogelhäuschen aus Holz kauften. "Das kommt an unseren Hühnerstall", dachte sich Ernst Lauer, der mit seiner Familie in Oberesch lebt, Ortsteil von Rehlingen-Siersburg. Tage später hängte er die handgefertigte Vogelbehausung unter dem Dachsims des Hühnerstalls auf. Dann wartete er auf Gäste, blickte jeden Morgen beim Füttern der Hühner hoch und hielt Ausschau nach "Mietern".

Noch bevor eine Vogelfamilie das neue Domizil beziehen konnte, hatte es schon eine andere Spezies für sich entdeckt. "Eines Morgens sah ich ein paar Hornissen, die im Vogelhaus ein- und ausflogen", sagte Marlene Lauer. Nach der ersten Hausbegehung war sich die Großfamilie der Großwespen einig, dass diese Räumlichkeiten ihren Vorstellungen entsprachen.

Binnen Tagen zogen sie mit Sack und Pack ein. Schnell waren sich die Hausbesetzer darüber im Klaren, dass die wenigen Quadratzentimeter der neuen Einzimmerwohnung den Platzbedarf nur unzureichend deckte. Die Ansiedlung um diese Jahreszeit ist ohnehin eher ungewöhnlich. Vermutlich wurde es ihnen in ihrem ursprünglichen Nistplatz zu eng, und sie haben kurzerhand in Lauers Garten eine Filiale eröffnet. Ohne Umschweife begannen die Insekten mit den Umbauarbeiten. Als Baustoff verwenden Hornissen morsches Holz, das sie zu Kügelchen formen und mit Speichel verkleben. Zunächst wurde die Front mit einem großzügigen Erker versehen, dazu kamen seitliche Anbauten. Familie Lauer beobachtete das Treiben am Hühnerstall mit Verwunderung. "Innerhalb weniger Tage haben die Hornissen enorme Arbeit geleistet", sagte Ernst Lauer. Aber weder die Hühner noch die Familie wurden groß von den Tieren beachtet.

Das ganze Volk arbeitet von früh bis in die Nacht und geht seinem geregelten Alltag nach. Hornissen ernähren sich karnivor, das heißt sie jagen und erbeuten andere Insekten. Da die großen Insekten auch nachts fliegen, sind sie wiederum eine beliebte Beute für Fledermäuse. Hornissen sind recht friedliche Zeitgenossen, man sollte ihnen aber ihre Ruhe lassen. Ihre Stiche sind nicht gefährlicher als die von Wespen, wohl aber schmerzhafter, weil sie mehr Gift und einen größeren Stachel haben.

Die Tiere stehen seit 1987 unter Schutz, dürfen nur mit Genehmigung bekämpft werden. Familie Lauer hat das nicht vor. Die Hausbesetzer erhielten unbefristetes Wohnrecht. Vom eigentlichen Vogelhäuschen ist mittlerweile fast nichts mehr zu sehen, die Umbauarbeiten dauern an. "Wir warten darauf, dass sie einen Pool anbauen", scherzt Marlene Lauer. red

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 Unter dem Dachsims seines Hühnerstalls in Oberesch hatte Ernst Lauer das Holz-Vogelhäuschen montiert.

Unter dem Dachsims seines Hühnerstalls in Oberesch hatte Ernst Lauer das Holz-Vogelhäuschen montiert.

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