Ex-Muslime haben auch im Saarland Angst

Lebach · In der Evangelischen Gemeinde Lebach-Schmelz haben einige zum Christentum übergetretene Ex-Muslime eine neue Heimat gefunden. Doch sie leben weiter in Angst, da sie Racheakte von Islamisten fürchten.

. Viele Asylbewerber in der saarländischen Aufnahmestelle in Lebach sind Muslime aus dem Iran oder Afghanistan. Eine lange Flucht liegt hinter ihnen. Auf dem langen Weg nach Europa und in Europa waren sie immer wieder auf Hilfe angewiesen - und diese haben sie auch von Christen erhalten. Das hat bei manchen ihr Verhältnis zum Christentum verändert. Es gibt auch einige Iraner, die schon in ihrem Heimatland Kontakt zu protestantischen Hauskirchen hatten. Manche von ihnen ließen sich im Iran taufen. Hier in Lebach sind sie dann auf der Suche nach einer neuen kirchlichen Heimat und finden diese in der Evangelischen Kirchengemeinde Lebach-Schmelz.

Zu befürchten haben die neuen Christen nicht nur Repressalien in der Aufnahmestelle durch ihre ehemaligen Glaubensgenossen, sie machen sich auch Sorgen um das Schicksal ihrer Familien im jeweiligen Heimatland. In vielen muslimischen Ländern steht die Todesstrafe auf eine Abkehr vom Islam ; aber auch wenn nur ein Familienmitglied konvertiert, kann sich das negativ auf den Rest auswirken. Ganz abgesehen vom Unverständnis der eigenen Angehörigen für diesen Schritt. Deshalb möchten die Besucher des Gottesdienstes in der Lebacher Evangelischen Kirche auch kein Foto von sich machen lassen, auf dem sie identifizierbar wären.

Diejenigen, die zum Gespräch bereit sind, nennen nur ihren Vornamen; der Übersetzer, ein Paschtu aus Afghanistan, der seit 17 Monaten in Deutschland lebt und ein bemerkenswert gutes Deutsch spricht, lehnt selbst das ab. Die Geschichten der Flüchtlinge Solmaz, Sima, Hamid und Mohammad Hassan, alle aus dem Iran stammend, ähneln sich in vielen Punkten. Bereits in der Heimat hatten die meisten von ihnen Kontakt zu einer heimlichen christlichen Kirche; viele Iraner, so wird berichtet, ließen sich aus Sicherheitsgründen in der Türkei oder in Armenien taufen. Der 26-jährige Informatikstudent Hamid allerdings hat erst hier zum Christentum gefunden. Die Religion habe ihm gefallen, vor allem, dass "die Christen so liebevoll sind". Für ihn, der seinen leiblichen Vater im Iran früh verloren hat, sei Jesus nun sein neuer Vater, sagt er.

Die Pfarrerin der Kirchengemeinde Lebach-Schmelz, Andrea Sattler, findet es wichtig, Menschen offen zu begegnen, die Interesse am Christentum zeigen. Das kam in den letzten Jahren nicht selten vor. Deshalb hat sich in der Evangelischen Kirchengemeinde ein auf diese Bedürfnisse abgestellter Taufkurs entwickelt. Anfänglich sei nicht klar gewesen, wie viel von der christlichen Lehre wirklich bei den damals noch sehr passiven Teilnehmern angekommen sei. Darum stellte die Pfarrerin ihren Untericht um und setzt auf größere Interaktion. Dabei geht es auch um wichtige gesellschaftliche Themen wie Toleranz, Gleichberechtigung oder Homosexualität.

Andrea Sattler zögert lange bei der Antwort auf die Frage, wie sie selbst zum Islam steht. Dann sagt sie, es sei wichtig, dass hierzulande zu muslimischen Gemeinden Kontakt gehalten wird und es zu einem Austausch und Kennenlernen kommt; was sie aber auch erlebe, sei, dass Menschen aus dem Iran und Afghanistan sehr leiden unter der Form des Islam , die dort gelebt wird. Deswegen sei es umso wichtiger, weiter auf dem Weg des Dialogs zwischen den Religionen zu gehen und wertzuschätzen, dass wir in einem Land mit Religionsfreiheit leben.

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