Unterwegs auf Bienen-MissionKinder bauen Insektenhäuser aus Lehm in Reisbacher Kita

Reisbach. Gerade noch sechs Mitglieder hatte der Imkerverein Reisbach, als Volker Löw vor vier Jahren Mitglied und mit knapp 50 Jahren als einer der jüngsten gleich Vorsitzender wurde. Heute hat der Verein 22 Mitglieder

 Ein Teil seiner Arbeit für die Bienen: Volker Löw baut im Kindergarten Reisbach aus Lehm Insektenbehausungen. Foto: Rolf Ruppenthal

Ein Teil seiner Arbeit für die Bienen: Volker Löw baut im Kindergarten Reisbach aus Lehm Insektenbehausungen. Foto: Rolf Ruppenthal

Reisbach. Gerade noch sechs Mitglieder hatte der Imkerverein Reisbach, als Volker Löw vor vier Jahren Mitglied und mit knapp 50 Jahren als einer der jüngsten gleich Vorsitzender wurde. Heute hat der Verein 22 Mitglieder. Auf elf schnellte die Zahl schon hoch, nachdem der Reisbacher Verein wegen Nachwuchsmangel gegen Ende 2012 mit dem Saarwellinger Imkerverein fusionierte, noch mal elf Mitglieder warb der Verein neu an. "2012 haben wir fünf neue Imker ausgebildet, und 2013 sind es bis jetzt noch mal sechs neue geworden", berichtet der mittlerweile 53-jährige Löw nicht ohne Stolz - aber dennoch mit Skepsis, was die Zukunft der Imkervereine anbelangt: "Allen anderen Vereinen im Kreis geht es deutlich schlechter, es gibt eine sehr hohe Altersstruktur, teils sind die Leute über 80 und übernehmen keine Ämter mehr im Imkerverein. Allerorten fusionieren die Vereine, um wenigstens noch ein paar Mitglieder zu haben."Dabei betreiben die Bienenzüchter nach Löws Aussage Naturschutz mit hohem ökologischen Wert. Er hat sich auf diesem Feld ausbilden lassen, ist mittlerweile Bienensachverständiger des Saarlandes, zuständig für den Kreis Saarlouis, und Kreisgesundheitswart für Bienen sowie auch Mitglied im Obst- und Gartenbauverein geworden. "Die Arbeit des Imkers ist in so vielen Punkten wichtig, nur weiß das keiner, uns fehlt einfach die Lobby", sagt Löw. Er nennt einige Punkte: Die Bienenhaltung hilft den Wildbienen, da die Honigbienen die Pflanzen bestäuben, die die Wildbienen brauchen. Ein Drittel aller Nahrungsmittel verdanken die Menschen den Insekten, die Nektar und Pollen sammeln und damit die Blüten bestäuben. Die Honigbiene ist das drittwichtigste Nutztier der Landwirtschaft, weil sie mit ihrer Honig- und Bestäubungsleistung allein für Deutschland einen volkswirtschaftlichen Nutzen von umgerechnet zwei Milliarden Euro bringt.

Trotzdem greife das Bienensterben um sich, trotzdem hätten die Bienen kaum Unterstützer. "Es ist fünf vor zwölf", sagt Löw. Daher geht er offensiv vor, "aber man muss es richtig machen und zusammen".

Der Bienensachverständige betreibt natürlich selbst viel Lobby-Arbeit für die Bienen, hat aber konkrete Vorstellungen etwa über einen runden Tisch im Kreis Saarlouis: "Wir sollten uns alle zusammensetzen, Obst- und Gartenbauvereine, Naturschutzbeauftragte, Jäger, Landwirte, der Kreisverband der Imker, der Verein blühende Landschaft, die Politiker...", fordert er.

Aus Saarwellingen schildert Löw ein Beispiel dazu, wie fruchtbar Zusammenarbeit sein könne: "Wir haben, das ist einmalig im Kreis, eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Bauern. Sie kündigen uns Bienenzüchtern an, wann sie im Mai die Rapsblüte spritzen. Das machen sie abends. Wir verschließen dann unsere Bienenvölker, damit sie keine Pestizide einschleppen." Pestizide schädigen die Flugbienen, also ein Drittel der Bienenvölker. 14 bis 18 Stunden nach dem Spritzen seien die Mittel in geringerer Konzentration auf den Pollen. Dann könnten die Bienen wieder ohne große Gefahr raus.

Priorität für den runden Tisch solle sein, die Pollenarmut zu bekämpfen. Pollen ist Eiweiß und damit Futter für Insektenlarven. "Wir Bienenzüchter müssen oft Pollen kaufen und zufüttern, weil die Brut unserer Bienenvölker sonst verhungert", sagt Löw. Gäbe es genug verschiedene Pflanzen, die reihum das ganze Jahr über blühen, wäre diese Trachtlücke, wie der Fachmann sagt, geschlossen. "Wichtig ist eine Artenvielfalt in der Pflanzenwelt, wichtig sind einheimische Arten, wichtig sind die richtigen Pflanzen auf den richtigen Böden."

Als so genannte Trachtbäume empfiehlt Löw allen Gemeinden Akazien, Saalweiden und Weidenkätzchen. "Wenn wir die Trachtlücken suchen und schließen und somit die Pollenarmut bekämpfen, sind wir wieder im Kreislauf der Natur, und die Bienen und Wildbienen arbeiten wieder gut."

Reisbach. Aus Lehm bauen die Jungen und Mädchen der Kindertagesstätte St. Marien in Reisbach Bienenhäuser. Volker Löw, Bienensachverständiger und Kreisgesundheitswart der Imker, zeigt ihnen, wie es gemacht wird. Und die Kinder sind mit Feuereifer bei der Sache, wenn es darum geht, Hummelburgen, Bienenwände und Hornissennester zu bauen.

Einen Speziallehm, wie man ihn früher auch zum Hausbau verwendete, hat der Bienenexperte dazu mitgebracht, zudem Styroporgehäuse, die quasi als Gerüst fungieren. Schnell ist der Lehm darum verteilt, und dann muss die Hummelburg, die Bienenwand - hier kommt noch Stroh unter den Lehm - und das Hornissennest nur noch trocknen. "Zum einen wird die Kreativität gefördert", sagt Volker Löw, "zum anderen das Interesse für die Natur und die Umwelt geweckt." Ganz nebenbei werden Vorurteile und Ängste gegenüber Bienen, Wespen, Hummeln, Hornissen, ja den Insekten schlechthin, abgebaut. Auch Kindergärtnerin Maria Diprima und Betreuerin Sabine Dahmen sind begeistert und packen beherzt mit an. rup

"Die Arbeit des Imkers ist in vielen Punkten wichtig."

Volker Löw

Hintergrund

Die Patenimkerschaft soll junge Bienenzüchter werben: Ein Patenimker begleitet den Neuling in seiner eineinhalbjährigen Ausbildung und bleibt darüber hinaus Ansprechpartner. "Sonst hören 80 Prozent der neuen Bienenzüchter beim ersten Problem wieder auf", berichtet Volker Löw, Bienensachverständiger im Kreis Saarlouis.

Der Imkerverein Reisbach vereint Bienenzüchter im Alter von 15 bis 83 Jahren. War der Verein bislang eine Männerversammlung, so gewinnen laut Löw seit etwa zwei Jahren die Frauen die Oberhand. "Zwei Drittel der neuen Mitglieder sind Frauen", sagt Löw.

Einzigartig in Deutschland sei sein Projekt für Kindergärten und Schulen: Er bringt Bienenvölker unter Plexiglas in die Gruppen und Klassen. Die in dem durchsichtigen Kasten aufgefächerten Waben ermöglichen den Blick auf die arbeitenden Bienen. Für dieses Anschauungsobjekt bekam Löw 2011 den Kreisumweltpreis. Seither ereilen ihn Anfragen zum Bau dieses Kastens aus der ganzen Republik. mcs

Kontakt: Volker Löw, Telefon (0 68 38) 98 36 38.

saarlandimker.de

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