Mehr Holz einschlagen – damit mehr wächst

Völklingen · Die Hälfte des Völklinger Stadtwaldes braucht dringend Durchforstung, sagt Sandra Hartmann, die Leiterin des Fachdienstes Forstwirtschaft. Holz einzuschlagen, verhelfe dem Wald zu besserem Wachstum.

Dauerregen mag Sandra Hartmann, die Leiterin des städtischen Fachdienstes Forstwirtschaft, gar nicht. Denn der macht den Waldboden so weich, dass Maschinen ihn nicht befahren können; das Rücken, Abschluss der Holzernte, muss warten, bis es wieder trockener wird. "Immerhin, mit dem Hieb sind wir fast durch", sagt Hartmann.

Ortstermin im Stadtwald bei Fürstenhausen. "Schwaches Stammholz", so beschreibt der zehn Jahre alte Forsteinrichtungsplan - er wird gerade turnusmäßig durch einen neuen ersetzt - den Bestand in der Forst-Abteilung 44. Die Bäume hier wurden vor 46 Jahren gepflanzt. Doch Stämme mit 25 bis 30 Zentimetern Durchmesser, wie man sie sonst von Bäumen dieses Alters kennt, sieht man nirgends. Sondern nur dünne Stangen. Dafür umso höher aufgeschossen; erst wenn man den Kopf in den Nacken legt, sieht man die Wipfel in 18, 20 Metern Höhe. Kronen? Krönchen. Ursache dafür, erklärt Hartmann, ist der zu enge Stand. Der führt dazu, dass die Bäume hart konkurrieren um Licht, sie wachsen um die Wette nach oben. Die Folge: Sie haben weder Kraft noch Raum, um reguläre breite Kronen zu bilden. Und weil bei Bäumen Symmetrie herrscht, der Umfang des Wurzeltellers entspricht stets dem der Krone, ist solch ein Stämmchenwald schlecht verankert, also sturmgefährdet.

Schon um der Menschen willen, sagt Hartmann, müssten Forstleute da was tun. Und auch um des Waldes willen. Wenn man die schwächsten Bäume herausnehme, könnten die stärkeren sich kräftiger entwickeln, erläutert die Försterin. "Der Zug ist noch nicht abgefahren", und so hat sie jetzt begonnen. Hat festgelegt, welche "Zukunftsbäume" in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bleiben sollen. Und die ärgsten "Bedränger" markiert; zwei bis drei davon pro Zukunftsbaum müssen raus. Übrigens nicht nur in der Abteilung 44: "50 Prozent des Völklinger Stadtwaldes sehen so aus wie hier", sagt Hartmann. "Wir werden in den nächsten Jahren deutlich mehr einschlagen müssen als bisher, damit es mehr Zuwachs gibt."

Ihr Handy klingelt. Die Forstmitarbeiter Stefan Ersch und Maya Bilke, im "Hieb" nebenan mit der Motorsäge zugange, bitten um eine Entscheidung. Eine Minute später sind wir da. Sandra Hartmann schaut sich die Esche an, die Ersch Kopfzerbrechen bereitet. "Nimm sie mit weg", sagt sie, "die hat ja kaum was": Oben auf dem hohen, dünnen Stamm sitzt nur ein schmaler Laubpinsel. Aber der Nachbarbaum, fügt sie hinzu, soll bitte stehen bleiben.

In der nahen Abteilung 47/3 haben die Forstleute mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Dort haben sich Borkenkäfer in einem Fichtenbestand ausgetobt. Einige Bäume hatte Hartmann ausgespart bei der Fällaktion im vorigen Jahr. "Die müssen wir jetzt doch komplett rausnehmen", sagt sie mit einem Seufzer: keine Erholung, irreparable Schäden. Hie und da freilich noch grüne Nadeln: "Die Bäume haben noch nicht kapiert, dass sie längst tot sind", sagt Hartmann lakonisch. Für die Zukunft des Stücks hat sie schon Pläne: Sie möchte Eichen pflanzen, mit "Hordengattern", simplen Holzzäunen, gegen Wildverbiss geschützt.

Um die Ecke, auf der Rückseite der Scharnhorststraße, soll demnächst der Harvester einen ganzen Streifen freiräumen. "Die Anwohner haben darum gebeten", sagt Hartmann. Zu Recht, findet sie: Der Wald ist der Wohnbebauung zu nahe gerückt, verfinstert sie ungebührlich, könnte bei Sturm sogar Gefahr heraufbeschwören. Den Maschineneinsatz musste die Försterin wegen der Nässe erstmal vertagen. Aber nur kurz: Mitte November, sagt sie, werde es wohl so weit sein.

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