Im Warndt stinkt es zum Himmel

Carling/Großrosseln · Immer wieder ist die Chemieplattform in Carling in der Kritik. Aktuell beschweren sich Bürger über eine massive Geruchsbelästigung. Um auf der sicheren Seite zu sein, fordert Großrosselns Bürgermeister Jörg Dreistadt Emissions-Messungen.

 Blick auf die Chemieplattform im lothringischen Carling. Foto: Jenal

Blick auf die Chemieplattform im lothringischen Carling. Foto: Jenal

Foto: Jenal

"Es roch süßlich und nach Gülle", beschreibt Kerstin Gillet aus St. Nikolaus den Geruch, den sie am 9. September gegen 22.30 Uhr wahrnahm, als sie sich in ihr Schlafzimmer begab. So widerwärtig erschien ihr der Gestank, dass sich die Verwaltungsangestellte am nächsten Tag mit ihrer Heilpraktikerin Heike Schreiner kurzschloss. Von ihr ist bekannt, dass sie akribisch Fakten sammelt, die in Zusammenhang mit dem Unternehmen Total Petrochemicals in Carling stehen. "Patienten von mir klagen anhaltend über einen beißend-stechenden Geruch", sagte sie gestern am Telefon. "Einige leiden unter einer Reizung der Schleimhäute." So schlimm wie in diesem Sommer sei es noch nie gewesen.

Ende August, erinnert sie sich, "als wieder mal abgefackelt wurde", fuhr sie mit ihrem Mann nachts durch den Warndt, "immer den roten, flackernden Wolken der Schornsteine von Total hinterher - bis ans Werkgelände, wo ein immenser Geruch ins Autoinnere stieg". Sie habe festgestellt, dass in höheren Lagen der Gestank beißender werde; unten werde es weniger. Auch die Wetterlage spiele eine Rolle. "Haben wir ein Hoch, trifft es uns in Dorf im Warndt oder Karlsbrunn." "Es hat ekelhaft gerochen", bestätigte gestern der Großrosseler Bürgermeister Jörg Dreistadt. Er sei am 7. September abends wegen der Geruchsbelästigung angerufen worden und habe Dorf im Warndt einen Besuch abgestattet. Auch beim Lauterbacher Ortsvorsteher Dieter Peters (SPD) gingen einige, wenn auch wenige Klagen über hässliche Gerüche ein, sagte er.

Was die Sache für die Verwaltung nicht einfacher macht: Total kündigt zwar per Fax seine Aktivitäten an, versendet sie an verschiedene Rathäuser, auch nach Völklingen, auch ans Umweltministerium. Doch die Benachrichtigung komme oft zu spät, um die Bevölkerung noch informieren zu können, beklagt Dreistadt. "Drei Tage vorher wären gut, eine Woche vorher optimal - dann könnten wir noch eine Bekanntmachung ins Amtsblatt heben."

Mehrere Mitteilungs-Faxe aus dem Juli, August und September liegen der Redaktion vor. Jedesmal kündigte das Unternehmen das Abfackeln gasförmiger Kohlenwasserstoffe nach einer "Fehlfunktion im Propylen-Kältekreislauf" an. Die Rauchwolke, so heißt es in der Meldung, sei zwar unschön, aber für die Bevölkerung ungefährlich. Messungen durch das Umweltministerium könnten den Bürgern aber mehr Sicherheit geben, so Dreistadts Vorschlag.

Jean Luc Brouillet, der Verantwortliche für die Abfackelungen von Total in Carling, sagte gestern auf SZ-Nachfrage: "Beim Abfackeln enstehen keine Gerüche." Das müsse etwas anderes sein, "aber darüber kann ich jetzt nicht sprechen". Die Faxe könne er oft nicht früher abschicken, bedauert er, "weil die Fehlfunktion spontan auftritt."

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