Steine gegen das Vergessen

Dillingen. Kurz und knapp stehen Namen und Schicksale auf etwa 100 Quadratzentimetern Messingblech. Darunter auch das Jahr der Deportation und der Todesort. Diese so genannten Stolpersteine werden am Samstag in Dillingen in Gehwege eingelassen, als Erinnerung an Opfer der nationalsozialistischen Willkürherrschaft

 Eine der Formen des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus sind die Stolpersteine. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Eine der Formen des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus sind die Stolpersteine. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Dillingen. Kurz und knapp stehen Namen und Schicksale auf etwa 100 Quadratzentimetern Messingblech. Darunter auch das Jahr der Deportation und der Todesort. Diese so genannten Stolpersteine werden am Samstag in Dillingen in Gehwege eingelassen, als Erinnerung an Opfer der nationalsozialistischen Willkürherrschaft.

Ein Großteil emigrierte

Etwa 150 jüdische Mitbürger lebten 1930 noch in Dillingen. Der Großteil von ihnen verließ bis 1936 das Land, doch für viele endete die Flucht vor dem Naziterror in Sammellagern, auf Todesmärschen und in KZs. Beklemmende Informationen habe sie bei den Recherchen gefunden, sagte Gertrud Schmidt von der Pressestelle der Stadt Dillingen. So über Familien, die auseinandergerissen wurden. Oder auch von Flüchtlingen mit Visa für Südamerika. "Und dann wurde ihr Zug in Frankreich angehalten." 50 Personen aus dem Bereich des heutigen Dillingen sind heute als Opfer der Judenverfolgung bekannt. Doch die bisherige Suche in Archiven und Karteien "ist eigentlich erst der Anfang", erklärte Schmidt. Bürgermeister Franz-Josef Berg ergänzte: "Wir werden nicht nur jüdische Opfer berücksichtigen. Es gab zum Beispiel auch Mitglieder des Arbeiterwiderstandes. Wie Jakob Burger, der 1944 hingerichtet wurde."

Ende der 80er Jahre habe sie mit dem Thema begonnen, schilderte Gertrud Schmidt. Den Anstoß dafür gaben handschriftliche Aufzeichnungen der Dillinger Ferdi Gall und Ruth Schreier.

Jahrzehntelange Suche

Über Jahrzehnte hinweg kamen Informationen aus der Einwohnerkartei der Stadt hinzu, aus dem Gedenkbuch des Bundesarchivs, von der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und von US-amerikanischen Karteien. Tatkräftiger Helfer war die Dillinger Geschichtswerkstatt. Erschreckend sei, dass es von diesen Menschen keine Fotos gebe, betonte Schmidt. So auch nicht von "Zeckelchens Lion". "Das muss Lion Levy gewesen sein." Der war mit Johanna Levy verheiratet. Ein armes Ehepaar aus Dillingen ohne Mittel zur Flucht ins sichere Ausland. Lion Levy kam im Dezember 1942 im Ghetto Theresienstadt um, das Schicksal seiner Frau ist unbekannt.

Auf einen Blick

Verlegt werden die "Stolpersteine" am Samstag, 16. März, in Dillingen. Um 15.30 Uhr am Gleisdreieck für Alice und Dr. Paul Cahn sowie um 15.45 Uhr in der Heiligenbergstraße 21 für Johanna und Lion Levy. In Diefflen um 16.10 Uhr in der Düppenweilerstraße 35 für Julia, Martha und Moritz Weiler sowie in Pachten um 16.30 in In der Lach 5 für Flora, Rosine und Simon Levy.

 Eine der Formen des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus sind die Stolpersteine. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Eine der Formen des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus sind die Stolpersteine. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Bei einer Gedenkstunde am Sonntag, 17. März, ab elf Uhr vor dem Haus Nummer 5 In der Lach liest SR-Moderatorin Susanne Scherer die Namen der 50 Dillinger Holocaust-Opfer vor, musikalisch begleitet von Thomas Kopp. az

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