„Wir sind Hütte. Wir sind Dillinger.“

Dillingen · Das kann gar nicht ungehört geblieben sein: „Stahl ist Zukunft“ hieß es gestern wie an drei anderen Orten im Saarland auch in Dillingen. Lautstark begleiteten über 8000 Menschen die Reden auf dem Odilienplatz.

 Zusammenhalt: Der Odilienplatz in Dillingen war über und über mit Demonstranten gefüllt. Foto: Thomas Seeber

Zusammenhalt: Der Odilienplatz in Dillingen war über und über mit Demonstranten gefüllt. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Ob von "vier Baustellen" - Robert Hiry, 1. Bevollmächtigter der IG Metall , - oder einem "Drama in drei Akten" - Michael Fischer, Betriebsratsvorsitzender der Dillinger Hütte - die Rede war: Es sind wenige Gründe, die sich zum riesigen Problem der saarländischen, deutschen und europäischen Stahlindustrie addieren. Die Fakten sind oft aufgezählt, seien es unfaire Marktbedingungen, seien es unausgegorene Energie- und Umweltgesetzgebungen. Gestern ging es nicht um Information, sondern um Solidarität, um Aktion und Demonstration von Stärke.

Über 8000 Leute, zitierte Hiry Angaben der Polizei , hatten sich auf dem Dillinger Odilienplatz versammelt - vor allem, aber eben nicht nur Mitarbeiter der Dillinger Hütte , denn dass die Uhr auf "5 vor 12" steht, wissen sie in der Stadt. Über das Meer roter Fahnen und Banner hinweg riefen die Redner Mut zu. Hiry und Fischer folgte Fred Metzken, Sprecher des Vorstands der DH. Die Hunderte Millionen Investitionen gerade auch in Umwelttechnik oder etwa 150 Millionen Euro für den dieses Jahr zuzustellenden Hochofen müssten sich "rentabilisieren" lassen, forderte er. "Dafür lohnt es sich zu kämpfen", rief Metzken - eine Überzeugung, die jede und jeder am Rednerpult oder per Video auf eine Großbildleinwand zugespielte Gewerkschafter oder Saar-Promi rüberbrachte.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer beschwor das Motiv, "dass wir alle ein Herz aus Stahl haben". Sie sagte: "Ihr habt ein Recht auf fairen Wettbewerb" und erntete besonders lauten Beifall mit Klatschen, Trommeln, Trillerpfeifen und Karwochen-Kleppern. Bürgermeister Franz-Josef Berg nutzte den neuen Markenauftritt der DH - da im Ausland kaum einer "Hütte" aussprechen kann, soll es künftig international nur "Dillinger" heißen - für seine Solidaritätsbekundung. Voller Stolz könnten wir sagen: "Wir sind Hütte. Wir sind Dillinger."

Alfonso Liuzzo, Arbeitnehmervertreter, und Joshua Dirks, Jugend- und Auszubildendenvertretung der DH, betonten noch einmal das Motiv "Zukunft". Wie seine Familie seit dem Start seines italienischen Vaters 1970 immer ihr Geld bei der Hütte habe verdienen können wie Generationen davor, müsse dies auch für kommende Generationen gelten, sagte Liuzzo. Dirks rief: "Wir als Jugend sind die Zukunft. Und diese Zukunft darf uns niemand zerstören." Weiter >

Meinung:

Herzschlag aus Stahl

Von SZ-Redakteur Mathias Winters

Herbert Grönemeyers Ruhrpott-Hymne "Bochum" besingt die Stadt so: "Du hast'n Pulsschlag aus Stahl." In Dillingen ist es nicht (nur) der Puls, es ist das Herz aus Stahl und der "Herzschlag aus Stahl" wurde gestern zitiert. Das hat aber leider nicht nur mit einer ebenso romantisch angehauchten wie kämpferischen Botschaft zu tun, sondern stimmt buchstäblich. Wenn dieses Herz aufhört zu schlagen, wird das nicht nur ein kleiner Tod sein.

Dillingen und das ganze Saarland werden ihrer Lebenskraft beraubt, wenn die Stahlindustrie sterben sollte. Das klingt dramatisch, doch es ist nicht übertrieben. Immerhin - das hat der Stahl-Aktionstag, 11. April, gezeigt - haben das hier bis auf wenige Ausnahmen bei Grünen und Piraten alle verstanden. "Man hört ihn laut in der Nacht", geht es bei Grönemeyer weiter. "Man hört ihn in ganz Europa" heißt es hoffentlich hier.

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