„Nicht für die Ewigkeit gebaut“

Fenne · Mitte Oktober ist die katholische Kirche St. Antonius in Fenne profaniert worden: Der Bau, heute zu groß für die Gemeinde, weist starke Schäden auf. Was wird aus dem reizvollen Denkmal? Wir haben Josef Baulig, den Leiter des Landesdenkmalamtes, danach gefragt.

Wie sie daliegt, die Kirche St. Antonius, erinnert sie an den Kiel eines Schiffs: Diese spontane Assoziation teilen, unabhängig voneinander, gleich drei Leute beim Ortstermin in Fenne. Nicht nur die SZ-Journalisten. Sondern auch Elisabeth Wagner vom Kirchengemeinderat. Vom Bezug zu Schiff und Fluss sei nie offiziell die Rede gewesen, sagt sie. Dennoch könne der mitgespielt haben bei der Gestaltung des 1965 geweihten Gotteshauses: Ganz in der Nähe habe vor dem Bau der Saar-Brücken eine Fähre Menschen über den Fluss befördert. Bis wann? Ein Anruf, und sie kann präzise Auskunft geben: "Bis 1961." Der Vater ihres Nachbarn war Fährbetreiber, erklärt sie lächelnd, daher ging es mit der Antwort rasch.

Die 60er Jahre - für Josef Baulig, den Leiter des Landesdenkmalamtes, bedeuten sie anderes: "Man hat damals nicht für die Ewigkeit gebaut", sagt er. Man habe damals bei Konstruktionen aus Beton und Glas - wie in Fenne - den Beton nicht so verarbeitet habe wie heute üblich. So habe man die stählernen Armierungen nur mit einer dünnen Materialschicht überdeckt. Das führe zu typischen Schadensbildern, "nicht nur in St. Antonius": Von den 450 saarländischen Sakralbauten in der Denkmalliste stammen 41 aus der Nachkriegszeit. Und dort gebe es neben bautechnischen häufig auch demografische Probleme: Die Kirchen seien zu groß geworden für die geschrumpften Gemeinden. Elisabeth Wagner nickt: St. Antonius bietet 450 Menschen Platz, "aber die Gemeinde zählt nur noch 800 Seelen".

Als St. Antonius vor gut drei Jahren Denkmal wurde, lagen die Bau-Probleme schon auf der Hand, sagt Baulig. Mit dem Bistum Trier habe er sich auf ein "Nicht-Schubladen-Konzept" verständigt für nicht mehr benötigte Kirchen: Man suche für jeden Standort eine individuelle Lösung. Und prüfe zunächst die Bausubstanz, "es müssen Zahlen auf den Tisch". Sind Baugrund und Fundamentierung, Tragwerk und Hochbaukonstruktion in Ordnung? Welche Qualität hat das Material, etwa der Beton? Welche Schäden liegen vor? Und dann das Entscheidende: Wie teuer würde die Reparatur? Danach, sagt Baulig, "geht es zweigleisig": Sind die ermittelten Kosten zu hoch, bleibe nur der Abbruch. Sind die Schäden behebbar, gelte es, eine "würdige Nachnutzung" zu finden. Als Beispiel nennt Baulig die Kirche St. Bonifatius in Dudweiler: In deren Innenraum wird - Haus in Haus - eine Kindertagesstätte eingebaut.

In St. Antonius fallen Brocken vom Glockenturm. Aber der ist mit einem Zaun gesichert. Und erstmal, sagt Baulig unbeirrt, komme ohnehin die Analyse. Bei den Schäden an der Fassade - Spannungsrisse in den Glasscheiben, abgeplatzter Beton, freiliegende Armierungen, Wasserspuren - müsse man fragen: "Sind das 20 Stellen oder 2000?" Das Bistum Trier als Eigentümer sei zuständig für die Bestandsaufnahme, doch das Denkmalamt wirke mit. Wie lange das dauert? Ein Jahr? Fünf Jahre? "Keine fünf Jahre", sagt Baulig lächelnd. Aber es brauche schon Zeit.

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HintergrundDie Kirche St. Antonius in Fenne wurde in den Jahren 1963-1965 errichtet. Sie ersetzte die näher an der Saar liegende Vorgänger-Kirche, die dem Bau der Autobahn 620 weichen musste. Der eigenwillig moderne Entwurf stammt von dem Dillinger Architekten Konny Schmitz. Eigenwillig auch die Bauweise: Man arbeitete, ungewöhnlich für die Zeit, mit vorgefertigten Betonteilen. Seit 2010 ist die Kirche Denkmal. dd

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