Wann Windräder genehmigt werden

Saarbrücken · Wie läuft das Genehmigungsverfahren ab, nach welchen Kriterien wird entschieden? Die SZ liefert Antworten.

 Windrad auf dem Leisberg in Güdesweiler. Foto: bonenberger

Windrad auf dem Leisberg in Güdesweiler. Foto: bonenberger

Foto: bonenberger

210 Windräder hat das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua) im Saarland bisher genehmigt (Stand: 1. März 2017). Doch wie läuft das Genehmigungsverfahren ab, und nach welchen Kriterien wird entschieden? Die SZ hat sich beim Lua schlau gemacht.

Wo dürfen Windkraftanlagen errichtet werden?

Geschützte Flächen wie Natur- oder Wasserschutzgebiete sind tabu. Davon abgesehen, dürfen die Anlagen im Grunde überall gebaut werden, wo keine öffentlichen Belange dagegen sprechen, da sie privilegierte Bauvorhaben sind. Seit 2011 können die Kommunen den Bau lenken, indem sie einen Flächennutzungsplan erstellen und Konzentrationszonen für Windenergie festlegen. Sie dürfen die Zonen allerdings nicht so ausweisen, dass der Bau praktisch verhindert wird.

Wer genehmigt die Anlagen?

Für Anlagen, die höher als 50 Meter sind (das sind heute die meisten) ist eine Genehmigung des Lua notwendig. Für Windräder zwischen 10 und 50 Metern Höhe ist nur eine Baugenehmigung der Unteren Bauaufsicht erforderlich. Das Lua bindet in das Genehmigungsverfahren eine ganze Reihe von Behörden ein: zum Beispiel die betroffene Kommune, aber auch Luftfahrt- oder etwa Denkmalschutzbehörden. Das Verfahren dauert ein bis anderthalb Jahre.

Werden die Bürger im Genehmigungsverfahren beteiligt?

Erstellt eine Kommune einen Flächennutzungsplan, muss sie die Bürger beteiligen. Beim eigentlichen Genehmigungsverfahren werden sie nur eingebunden, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Bei Windparks ab 20 Anlagen ist sie Pflicht. Bei kleineren Windparks wird in einer Vorprüfung festgestellt, ob eine UVP nötig ist - das ist der Fall, wenn die Umwelt erheblich beeinträchtigt werden könnte.

Welcher Abstand zu Wohnhäusern muss eingehalten werden?

Anders als etwa in Bayern, wo die 10H-Regel (Mindestabstand des Zehnfachen der Nabenhöhe) gilt, gibt es im Saarland keinen festgelegten Mindestabstand. Der Abstand ergibt sich aus dem Immissionsschutz, der bei der Genehmigung eine wichtige Rolle spielt. So müssen bestimmte Lärm-Grenzwerte eingehalten werden: In allgemeinen Wohngebieten darf der Pegel nachts 40 Dezibel Schallpegel dB(A), tagsüber 55 dB(A) nicht überschreiten. Zudem darf der Schattenwurf auf Wohnhäuser nicht mehr als 30 Stunden pro Jahr und 30 Minuten am Tag anfallen, und die Anlage darf keine "optisch bedrängende Wirkung" haben.

Welche Rolle spielt der Naturschutz?

Je nach Standort muss der Antragsteller etliche Gutachten zum Arten-, Umwelt- und Landschaftsschutz vorlegen. Beim Artenschutz sind vor allem Fledermaus- und Vogelarten, wie der Rotmilan, betroffen. Die Vorschriften des Artenschutzes können dazu führen, dass ein Windrad mit strengen Auflagen verknüpft wird, etwa dass es zu bestimmten Tages- oder Jahreszeiten abgeschaltet werden muss. Im Extremfall wird die Genehmigung gar nicht erteilt. Auch das Landschaftsbild kann die Entscheidung beeinflussen. Dabei geht es nicht um ästhetische Gesichtspunkte, sondern um die Frage, wie schützenswert ein Landschaftsraum ist. So ist zum Beispiel eine Ackerlandschaft weniger wertvoll als ein alter Buchenwald. Stellt der Bau einen erheblichen Eingriff in die Natur dar, muss er ausgeglichen werden. Wird zum Beispiel Wald gerodet, wird an anderer Stelle neu aufgeforstet. Ist ein Ausgleich nicht möglich, muss gleichwertiger Ersatz geschaffen werden: Geht eine Streuobstwiese verloren, wird zum Beispiel stattdessen eine Hecke angelegt.

Dürfen die Anlagen auch im Wald errichtet werden?

Eine Windkraftanlage über Wald ist nicht per se tabu. Nur besonders schützenswerte Waldgebiete, etwa besonders alte, sind ausgenommen.

Welche Kriterien sind noch wichtig?

Das hängt vom Standort und dem konkreten Vorhaben ab. Plant ein Antragsteller zum Beispiel einen Windpark, muss er ein Turbulenzgutachten vorlegen, um darzulegen, wie sich die Windräder gegenseitig beeinflussen. Auch Eiswurf und die Luftverkehrssicherheit spielen eine Rolle. So darf ein Windrad nicht in der Einflugschneise eines Flughafens stehen. Ist eine Anlage in der Nähe von Bodendenkmälern oder denkmalgeschützten Gebäuden geplant, spielt in diesem Fall dann zum Beispiel auch der Denkmalschutz eine Rolle.

Können Bürger dagegen vorgehen?

Bürger oder Verbände können beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz eine Einwendung machen, zum Beispiel wenn sie der Meinung sind, die Anlage sei zu nahe an einer Wohnsiedlung geplant, zu laut oder etwa eine Gefahr für eine bestimmte Tierart. Das wird vom Lua geprüft. Wird die Anlage trotzdem genehmigt, kann innerhalb von vier Wochen Widerspruch eingelegt werden. Gibt das Lua dem nicht statt, steht noch der Klageweg offen. Laut Lua wurde allerdings seit 2008 keine einzige Genehmigung durch ein Gericht aufgehoben. Nur in einem Fall entschied ein Gericht, dass eine Anlage zu laut sei und die Leistung gedrosselt werden müsse.

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