Freispruch für Narkose-Arzt

Saarbrücken · Gutachter: 53-jähriger Mediziner hat nach Regeln ärztlicher Kunst gehandelt.

Nach der vierstündigen Verhandlung gegen einen wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Narkose-Arzt vom Saarbrücker Winterbergklinikum war das Urteil von Strafrichter Michael Boxberg vom Amtsgericht Saarbrücken keine Überraschung: "Der Angeklagte wird freigesprochen." An die Adresse des 53 Jahre alten Facharztes für Anästhesiologie sagte er weiter: "Ein Vorwurf der fahrlässigen Tötung kann ihnen nicht gemacht werden." Ein Freispruch erster Klasse.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Mediziner mit langer Berufspraxis ursprünglich angeklagt, den Tod eines 74 Jahre alten Hochrisikopatienten fahrlässig verursacht zu haben. Der stark übergewichtige Mann, der an Herzschwäche, Diabetes, einer Nierenerkrankung und chronischer Lungenüberblähung litt, wurde im Januar 2015 an einem Narbenbruch operiert. Ein Routineeingriff. Bei der Ausleitung der Narkose kam es aber zu folgenschweren Komplikationen. Vier Tage nach der Operation verstarb der Patient auf der Intensivstation. Todesursache, so der Homburger Rechtsmediziner Professor Peter Schmidt, war eine massive Sauerstoff-Unterversorgung des Gehirns.

Ehefrau (73) und Sohn (52) des Verstorbenen traten mit Rechtsanwalt Christoph Clanget als Nebenkläger auf. Für die Wende in dem Verfahren sorgte der Angeklagte selbst. Er hatte sich offenbar kurz vor dem Prozess über seinen Verteidiger Professor Guido Britz erstmals konkret zu den Vorwürfen geäußert. So war klar, dass nicht der Narkose-Arzt dem Patienten ein Medikament, dessen Unverträglichkeit bekannt war, verordnete, sondern ein Stations-Arzt. Und es wurde von Zeugen bestätigt, dass der Risikopatient lückenlos bei der Narkose überwacht wurde. Damit waren die Vorwürfe der Anklage widerlegt. Als Fachgutachter hatte das Gericht Privatdozent Stephan Padosch, Leitender Anästhesie-Oberarzt der Kölner Uniklinik, verpflichtet. Er korrigierte sein nach Aktenlage schriftlich vorgelegtes Gutachten und entlastete den Arzt nach dessen Aussage und den Schilderungen eines am OP-Tisch eingesetzten Fachpflegers deutlich. Der Facharzt habe nach den Regeln ärztlicher Kunst gehandelt: "Er hat getan, was er konnte. Ich erkenne keine Fehlbehandlung." Das Krisenmanagement nach Komplikationen war also korrekt. Der Experte sprach von schicksalhaften Ereignissen, die zum Tode führten. Angebliche Angaben aus der Klinik, der Patient habe seine Zunge verschluckt, haben sich demnach nicht bestätigt. Staatsanwaltschaft und Verteidiger Britz plädierten auf Freispruch. Nebenklage-Vertreter Clanget verzichtete auf Schmerzensgeldforderungen.

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