Selbst kranke Kater dürfen hoffen

Saarbrücken · Sie wurden ausgesetzt, schweren Herzens weggegeben oder waren nach dem Tode der Besitzer unversorgt. So beginnen seit August 1998 die Folgen einer SZ-Serie, die viele Leben verändert hat. Menschen fanden im Bertha-Bruch-Heim einen neuen Gefährten, nachdem sie eine „Wer will mich?“-Folge gelesen hatten. Sie beantworteten die Frage: „Darf ich hoffen?“ mit einem klaren Ja. Hunde, Katzen und Kleintiere, die scheinbar keine Chance auf eine Vermittlung hatten, fanden ein neues Glück.

 Kater Tom war 2009 in „Wer will mich?”. Betreuerin Ulrike Feld präsentierte ihn. .archivFoto: Heiko Lehmann

Kater Tom war 2009 in „Wer will mich?”. Betreuerin Ulrike Feld präsentierte ihn. .archivFoto: Heiko Lehmann

Foto: Heiko Lehmann

Auf vielen Bildern dieser Serie leuchtet Sehnsucht aus Tiergesichtern. Oder da ist eine kindliche Portion Neugier auf den Besucher zu spüren, der für ein gutes Foto vor ihnen kniet. Und da ist oft eine Traurigkeit zu sehen, wie sie sich nach langer Zeit in einer eigenartigen Umgebung einstellt. Im Tierheim mit seiner täglich neuen Flut aus Eindrücken, Gerüchen, Geräuschen.

Zumal für jene, die ganz unvermittelt aus scheinbarer Geborgenheit ins Verlassensein gestoßen waren. Ausgesetzt, verzweifelt, von wachsendem Hunger gequält, umherirrend, bis sie im Heim zuflucht fanden.

Oft schon schwer krank. Und dann vom Heimalltag gestresst. Tom ist so ein Fall. Seine Geschichte hat eines der schönsten Happy Ends überhaupt.

Heimsprecherin Tabatha Walter blickt ins Jahr 2009 zurück - und auf einen armen Kerl: Tom hatte eine Herzkrankheit und musste regelmäßig Tabletten bekommen. Für ihn war ein ruhiges Zuhause mit einer festen Bezugsperson ein Muss, da er im Tierheim täglich Stress ausgesetzt war und dies seine Krankheit verschlimmerte. Wir wählten Tom für "Wer will mich?" aus. Kaum war der Artikel erschienen, da meldete sich eine Humanmedizinerin. Sie schenkte Tom trotz oder gerade wegen seines massiven Herzfehlers ein neues Zuhause.

In den bislang 17 Jahren der Serie "Wer will mich?" setzten SZ-Leser immer wieder solche Zeichen der Tierliebe. Sie entschieden sich für Gefährten, die ihnen einiges an Geduld abverlangen. Diese wahren Kenner nahmen sich Zeit für den Blick auf die inneren Qualitäten eines Tieres. Zum großen Glück der Vermittelten. Es waren die eher unscheinbaren Geschöpfe ohne Stammbaum, weder kuschelig klein mit Welpenblick noch von majestätischer Größe, die sich beim Spaziergang im Park so gut macht.

In diese Kategorie fiel zum Beispiel Schäferhund-Husky-Mix Tobi. Nur wenige Tage, nachdem er sich in der SZ präsentiert hatte, fand Tobi in Völklingen neue Besitzer. Diesen Menschen war der neue Freund viel Geduld wert. Als sie bemerkten, dass er noch viel lernen musste, gaben sie Tobi in einer Hundeschule die Gelegenheit dazu. Er dankte es ihnen so sehr, dass die neuen Besitzer Tobi noch einmal ins Heim brachten. Allerdings um einfach mal zu zeigen, wie viel Freude ihnen das neue Familienmitglied schenkte. Solche Erfolgserlebnisse sollen sich herumsprechen. Nicht zuletzt dafür sorgt "Wer will mich?". Zum Nutzen des Tierheims, wie Tabatha Walter findet. "Dieser Kontakt zu regionalen Medien schafft die Voraussetzung für regelmäßige Informationen. Er steigert die Vermittlungszahlen und hilft, Unternehmen und Privatpersonen als Sponsoren zu gewinnen." Die braucht das Heim dringender denn je, seit die Arbeiten am neuen Hundehaus laufen. Es kostet um die 610 000 Euro. Dank der SZ-Leser dürften viele Schützlinge bald von dort aufbrechen. In ein neues, schönes Leben.

Meinung:

Stadt muss mehr fürs Tierheim tun

Was mussten die Tierschützer und ihre Schützlinge nicht alles erdulden. Den Platzmangel in den kaum noch zu beheizenden Zwingern aus den achtziger Jahren, heute weder Menschen noch Hunden zumutbar. Die Rückschläge während der dreijährigen Planungszeit, als schrumpfende Einnahmen zum Eindampfen der Entwürfe zwangen. Jetzt endlich ist der Bau des neuen Hundehauses möglich, gefördert vom Land (110 000 Euro) und von der Stadt (100 000 Euro). Dabei darf es nicht bleiben. Denn die wahre Herausforderung ist der Tierheim-Alltag. Es sind die Betriebskosten von rund 600 000 Euro im Jahr, zu 95 Prozent hereingeholt bei Spendern. Gerade mal 35 000 Euro steuert die Stadt Saarbrücken bei, der Rest der Regionalverbandskommunen allerdings fast nichts. Dabei leitet der Tierschutzverein Saarbrücken mit seinem ehrenamtlichen Vorstand ein mittelständisches Unternehmen, muss Löhne für Mitarbeiter zahlen, bildet Lehrlinge aus. Nicht zuletzt, um mit der Aufnahme von Fundtieren eine eigentlich kommunale Pflichtaufgabe zu erledigen. Das weiß die Stadtverwaltung nur zu gut, nicht zuletzt deren Chefjurist Jürgen Wohlfarth . Und auch dem Stadtrat muss klar sein, dass ein städtisches Tierheim weit teurer käme. Also: Her mit den Ideen, wie sich mehr aus der Stadtkasse herausholen lässt! Oder wo Sponsoren und andere Förderer für das größte saarländische Tierheim aufzutreiben sind. Bei unseren sicherlich exzellent vernetzten Stadtverordneten sollte das doch ein Klacks sein. Die stillen Helden vom Folsterweg haben mehr Hilfe verdient.

Zum Thema:

StichwortSommerfest feiert das Heim, Folsterweg 101, am 4. und 5. September. Es dauert am Samstag von 11 bis 21 Uhr, am Sonntag von 11 bis 17 Uhr. An beiden Tagen gibt es eine Tombola. Samstags sind für die Kinder Schminken, ein Quiz und ein Malwettbewerb im Angebot. Ab 18 Uhr gibt's für die Großen eine Party mit Livemusik. ole

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