Saarland fordert für alle den Hundeführerschein

Saarbrücken · Ein sicheres und gutes Zusammenleben von Mensch und Tier, das ist das Ziel. Schulungen gibt es viele, darunter auch den Hundeführerschein. Derzeit ist er für Saarländer freiwillig. Die Frage ist, ob das so bleibt.

Hund und Herrchen flanieren einträchtig durch die Stadt. Ein Auto hält neben den beiden, der Fahrer kurbelt das Fenster herunter und fragt nach dem Weg. Während Herrchen Auskunft gibt, lässt sich der Hund nicht aus der Ruhe bringen. Weder bellt er aggressiv, noch springt er am Auto hoch. Glückwunsch, Prüfung bestanden!

Eine solche Szenerie könnte aus dem Praxisteil für den Hundeführerschein entstammen. Dabei lernen die Halter einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrem Tier und die Vierbeiner, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu verhalten haben. In Niedersachsen ist der Hundeführerschein seit 1. Juli 2013 Pflicht, in Hessen macht sich derzeit die Landestierschutzbeauftragte Madeleine Martin dafür stark.

Und im Saarland ? Auch der hiesige Tierschutzbeauftragte, Dr. Hans-Friedrich Willimzik, spricht sich dafür aus: "Ich habe mit Umweltminister Reinhold Jost gesprochen, der den Hundeführerschein auch befürwortet, und wir überlegen, wie er sich durchsetzen lässt." Das soll dann aber nicht nur das Saarland betreffen, denn, so Willimzik: "Die Regelung muss bundesweit einheitlich umgesetzt werden." Dabei gehe es in erster Linie um Verantwortung.

Wer sich ein Haustier anschafft, sollte wissen, welche Bedürfnisse es hat und welche Lebensbedingungen es benötigt. Es sei erschreckend, wie wenig Menschen über solches Wissen verfügen, sagt Willimzik. Fürs erste sei ein Führerschein für die Halter von Hunden sinnvoll - insbesondere, da Halter diese auch außerhalb der eigenen vier Wände mit sich führen. Langfristig, sagt Willimzik, sei es jedoch sinnvoll, dass Tierbesitzer auch über andere Haustiere, die sie halten, Kenntnisse haben müssen.
Führerschein bislang freiwillig

Einen Hundeführerschein bietet der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) im Saarland an - auf freiwilliger Basis. Nach Einschätzung der Landesvorsitzenden Ursula Regitz ist die Situation im Saarland gut. Das bestätigt das Landespolizeipräsidium, nach dem derzeit keine Beißattacken von Hunden bekannt seien. "Wir bieten flächendeckend viele Ausbildungsmöglichkeiten an, darunter den Hundeführerschein", sagt Regitz. Sie empfiehlt, schon früh den Umgang mit den Tieren zu lernen, etwa in einer Welpenschule. "Mit Hunden ist es wie mit Kindern: Sind sie nicht ausgelastet, werden sie übermütig", erläutert Regitz. Einen verpflichtenden Hundeführerschein müsse man jedoch in Relation sehen. "Wenn ein 70-Jähriger seit 50 Jahren Hunde hält und einen Hundeführerschein machen soll, wenn er sich einen neuen anschafft, sollte man sich schon fragen, ob das sinnvoll ist", findet Regitz.
Interesse an Lizenz nimmt ab

Nachdem eine Zeit lang viele Menschen sich für den Hundeführerschein interessiert haben, ist die Anzahl derzeit abgeflaut, sagt Wolfgang Kellmeyer. Der Vorsitzende des Deutschen Verbandes der Gebrauchshundsportvereine im Saarland prüft selbst Tiere für den VDH-Hundeführerschein. Für das mangelnde Interesse nennt er zwei Gründe: Kosten und fehlende Vorteile. Zwischen 100 und 140 Euro kostet der Hundeführerschein den Halter, inklusive Vorbereitungszeit. Und während Halter andernorts damit nur die Hälfte der Hundesteuer zahlen müssen oder von der Leinenpflicht befreit werden, haben Herrchen im Saarland keinerlei Vorteile. Einen verpflichtenden Hundeführerschein findet Wolfgang Kellmeyer sinnvoll, obwohl er skeptisch ist, dass sich alle an die Regeln halten. "Aber wenn sich nur die Hälfte daran hält, wäre das schon ein großer Sprung in die richtige Richtung", sagt Kellmeyer.

vdh-saar.de

MEINUNGLiebe zum Tier statt Bürokratie

Von SZ-Redaktionsmitglied Ruth Fehr

Es ist wichtig, dass jeder Halter seinen Hund kennt und im Griff hat. Beide gefährden bei falschem Verhalten ihr Umfeld. Ein verpflichtender Hundeführerschein für Dackel bis Dobermann schießt jedoch über das Ziel hinaus. Ob das erlernte Wissen im Alltag angewandt wird, kann der Staat kaum nachprüfen. Und selbst bei korrektem Verhalten lässt sich ein liebevoller Umgang nicht von Amts wegen vorschreiben. Zuneigung, die das Tier ebenso braucht wie passendes Futter, gibt es nicht aus dem Lehrbuch. Für viele, darunter obdachlose, arme und ältere Menschen, ist ihr Hund sogar der einzige soziale Kontakt. Doch der Hundeführerschein ist für sie nicht bezahlbar.

Wichtiger als bürokratische Vorschriften sind praktische Erfahrungen. Jemand, der seit vielen Jahren Vierbeiner hält, weiß in der Regel, mit ihnen umzugehen. Im Dschungel der deutschen Normen ist ja auch noch niemand auf die Idee gekommen, einen Führerschein für Pferde oder gar für Kinder zu fordern - oder folgt das etwa als nächstes?

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Der Hundeführerschein dient vor allem dazu, dass Halter und Hund lernen, rücksichtsvoll in der Öffentlichkeit aufzutreten. "Zuerst müssen die Teilnehmer Sachkunde im Umgang mit Hunden nachweisen", erklärt Wolfgang Kellmeyer, Prüfer für den Hundeführerschein des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH). Beim schriftlichen Teil müssen Fragen wie "Wo müssen Hunde immer angeleint sein?" beantwortet werden. Anschließend rufen die Prüfer auf einem Hundeübungsplatz einfache Befehle wie "Sitz" und "Platz" ab. Ist auch dieser Teil bestanden, geht es in die Stadt. "Dort wird den Hunden alles aberverlangt, was sie bei einem normalen Spaziergang erleben können", sagt Kellmeyer. Dazu gehöre, dass sich die Hunde ruhig verhalten, wenn sie mit Joggern und Menschenmassen konfrontiert werden. "Am Ende bekommt der Hund die Bescheinigung, dass er sich als verkehrstauglich erwiesen hat", sagt Kellmeyer. rfe

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