Zur Zusammenarbeit verdammt

Saarbrücken · Die Landesregierung will die Kooperation von Kreisen, Städten und Gemeinden weiter voran bringen.

Die Reform der kommunalen Verwaltungsstrukturen wird für die nächste Landesregierung eines der Top-Themen. Die großen Parteien wollen, dass die Kreise, Städte und Gemeinden wesentlich stärker zusammenarbeiten. Die CDU tritt für größere gemeindeübergreifende Verwaltungseinheiten wie Zweckverbände oder Infrastruktur-Einheiten ein, um Geld und Personal zu sparen. Die SPD will erreichen, dass sich nicht mehr alle Verwaltungen um alle Aufgaben kümmern, sondern sie sich auf bestimmte Bereiche spezialisieren.

In der Landespolitik herrscht weitgehend Konsens, dass deutlich mehr passieren muss als bisher. Der Kaiserslauterer Ökonom Martin Junkernheinrich, der 2015 die Finanzen der Saar-Kommunen begutachtet hatte, drückte es vor einigen Monaten so aus: "Die interkommunale freiwillige Zusammenarbeit findet in der praktischen Umsetzung wenig Nachhall. Die Bemühungen hierzu im Saarland sind auch nicht so vital, dass noch viel Hoffnung besteht."

Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hatte vor der Landtagswahl darauf verwiesen, dass inzwischen rund 40 Kommunen an Projekten beteiligt sind, bei denen externe Gutachter die Potenziale für eine großflächige Zusammenarbeit untersuchen. Insgesamt gibt es sieben solcher Projekte. Die vom Innenministerium bezahlten externen Gutachter (zusammen rund 845 000 Euro), etwa von der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh, sollen unter Einbindung von Landräten, Bürgermeistern, Verwaltungsmitarbeitern und Kommunalpolitikern aufzeigen, welche Aufgaben sich für eine Zusammenarbeit eignen und wie die Umsetzung aussehen könnte. Es habe sich gezeigt, dass die Einbeziehung der Akteure und die Umsetzung Zeit brauche, so Bouillon damals. Es gebe nun aber "belastbare Entscheidungsgrundlagen für die Gemeinden und die zukünftige Landesregierung".

Typischerweise geht es bei diesen Projekten um eine Zusammenarbeit bei Standesamt, Ordnungsamt, Verkehrsüberwachung, Personalabrechnung, Bauhof, Kasse oder IT. Im Landkreis St. Wendel gibt es bereits Pläne und Beschlüsse, doch die Verwaltungschefs räumen selbst ein, dass die so erzielten Einsparungen überschaubar sind, und warnen vor zu hohen Erwartungen.

Der Saarländische Städte- und Gemeindetag sähe gerne eine aktivere Rolle des Landes. Präsident Jürgen Fried (SPD) sagte der SZ: "Das Innenministerium sollte eigentlich eine sogenannte Rahmenplanung machen, hat aber nur Gutachten bezahlt. Der große Wurf ist nicht gelungen." Es müsse konkrete inhaltliche Vorgaben und Hilfestellungen des Innenministeriums geben.

Landesweit gibt es zahlreiche Projekte, die punktuelle Zusammenarbeit betreffen und nicht Teil von Bouillons sieben Vorzeigeprojekten sind: Die Landeshauptstadt bietet anderen Kommunen über ihren Eigenbetrieb IKS beispielsweise Dienstleistungen im IT-Bereich an. Im Saarpfalz-Kreis arbeiten die Stadt Homburg und der Landkreis beim Gebäude-, Energie- und Trinkwassermanagement für öffentliche Gebäude zusammen. Im Landkreis Neunkirchen gibt es Kooperationen beim gemeinsamen Sitzungsmanagement- und Ratsinformationssystem für den papierlosen Sitzungsdienst, bei Brandschutz, Standesämtern und Ordnungsämtern. Die Liste ließe sich fortsetzen. "Die interkommunale Zusammenarbeit floriert", teilte Neunkirchens Landrat Sören Meng (SPD) unlängst mit.

Doch dass viel mehr passieren könnte, sehen selbst viele Verwaltungschefs so. Der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer (SPD) ist der Meinung, dass es "natürlich auch immer an gewissen Befürchtungen und Eitelkeiten hängt". Der Saarbrücker Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) beklagte, die Zusammenlegung von Verwaltungsaufgaben ohne Bürgerkontakt ("back office") falle offenbar schwer. "Wir haben das den Städten und Gemeinden im Regionalverband schon vor fünf Jahren angeboten. Man nimmt das zur Kenntnis, aber man kommt nicht so weit. Unser Angebot steht."

Spätestens bis Sommer sollen alle externen Gutachten vorliegen, damit die Kommunen entscheiden können, was sie davon umsetzen. "Inwieweit die Empfehlungen des Innenministeriums und der Gutachter umgesetzt werden, liegt im Kompetenzbereich der Gemeinden. Sie sollen beraten und überzeugt, aber nicht bevormundet werden", sagte Bouillon. Doch möglicherweise wird dies durch die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen überholt.

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