Weitere Wege zum Notdienst

Saarbrücken · Statt 42 Arztpraxen sollen ab nächstem Jahr nur noch 13 Praxen nachts Bereitschaftsdienst leisten. Diese Anlaufstellen, die in Kliniken untergebracht sind, reichten für die rund 80 Notfälle unter der Woche aus.

Wer unter der Woche abends oder nachts einen Hausarzt braucht, muss sich im Saarland teilweise auf weitere Anfahrtswege einstellen. Ab dem Jahr 2015 können Patienten statt wie bisher 42 Notdienste im Land nur noch eine von 13 Bereitschaftsdienstpraxen an den Kliniken aufsuchen. Diese reichten für die im Schnitt 80 Notfälle pro Nacht, teilte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit. Die 13 Bereitschaftsdienstpraxen sind bislang nur an Wochenenden, Feiertagen sowie Brückentagen geöffnet. Über die Änderungen entscheidet eine KV-Versammlung am 24. September.

Die KV will damit vor allem die Belastung der Praxisärzte senken. Bisher haben im Saarland nachts 42 Ärzte Dienst in ihren eigenen Praxen. Da es im ländlichen Raum pro Notdienstbezirk weniger Ärzte gibt, die zu dem Bereitschaftsdienst verpflichtet werden können als in den Städten, führt das laut KV zu einer sehr ungleichen Verteilung der bei den Ärzten unbeliebten Bereitschaftsdiensten. So liege die Zahl der Dienste im Jahr pro Arzt zwischen zwei und 30.

Auf der dringenden Suche nach Nachwuchs seien häufige Bereitschaftsdienste ein Standortnachteil. "Die erste Frage, die viele Kandidaten stellen, lautet: Wie viele Bereitschaftsdienste muss ich leisten?", sagte KV-Vorstandsvorsitzender Dr. Gunter Hauptmann einmal. Die nachwachsende Ärztegeneration habe andere Lebensperspektiven und Ansprüche an ihren Beruf. Auch die Altersstruktur der Ärzte sei ein Grund für die geplante Strukturänderung. Denn Ärzte über 65 Jahre können sich vom Bereitschaftsdienst befreien lassen. Derzeit sind im Saarland 83 niedergelassene Hausärzte älter als 65 Jahre, das entspricht elf Prozent. In den nächsten zehn Jahren erreicht die Hälfte der aktuell 667 Hausärzte das 65. Lebensjahr.

Wegen Raummangel soll Ende des Jahres die Bereitschaftsdienstpraxis (BDP) des Evangelischen Stadtkrankenhauses in Saarbrücken in das Winterbergklinikum Saarbrücken umziehen. Was mit der BDP in Dillingen passiert, wenn das dortige Klinikum schließt, sei noch nicht entschieden, sagt der stellvertretende KV-Vorsitzende Dr. Joachim Meiser. Möglich sei eine Fusion mit der BDP in Saarlouis mit mehr Ärzten. Alternativ könne die KV Räume in Dillingen anmieten. "Für die nächsten zwölf Monate bleibt es wie bisher", sagt Meiser. Patienten aus dem Nordsaarland können zudem in Notfällen außerhalb der Sprechstundenzeit die Bereitschaftsdienstzentrale in Birkenfeld aufsuchen.

Im Zuge der Änderungen strebt die KV eine engere Verzahnung mit dem Apothekennotdienst an. Gemeinsam mit dem Apothekerverband hat die KV eine Liste mit den am häufigsten außerhalb der Sprechstundenzeiten benötigten Medikamenten erstellt. Man arbeite an einem Modell, wie diese Medikamente unbürokratisch den Patienten zur Verfügung gestellt werden können.

Der Bereitschaftsdienst ist über die bundesweit einheitliche Notrufnummer 116 117 erreichbar. Der Anruf wird von der Rettungsleitstelle an den zuständigen Bereitschaftsdienst weitergeleitet. Die KV geht davon aus, dass sich dadurch die Erreichbarkeit eines Arztes außerhalb der Sprechzeiten verbessert. Die regionalen Nummern der einzelnen Bereitschaftsdienste gelten nach wie vor.

Von den Änderungen nicht betroffen sind die drei Notdienstpraxen für Kinder- und Jugendliche am Winterbergklinikum in Saarbrücken , der Kinderklinik Kohlhof in Neunkirchen sowie der Kinderklinik des Universitätsklinikums in Homburg. Unverändert bleiben auch die gebietsbezogenen Notfalldienste für Augen- und HNO-Ärzte.

kvsaarland.de

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HintergrundDie Grünen im Landtag fordern die Landesregierung auf, ein Konzept gegen den sich abzeichnenden Ärztemangel vorzulegen. "Statt Praxen in überversorgten Regionen wiederzubesetzen, sollten bestehende Einrichtungen vor allem in ländlichen Gebieten zu Gesundheitszentren ausgebaut werden", sagte der Abgeordnete Klaus Kessler . Der Trend zeige, dass junge Ärzte oft eine Anstellung in einem Versorgungszentrum suchten. Die Grünen unterstützen zudem die Forderung der Ärztekammer, dass bei der Vergabe von Medizin-Studienplätzen nicht nur die Abiturnote ausschlaggebend sein darf. ukl

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