Angst vor Ärztemangel wächst

Saarbrücken · Die Ärzteschaft im Saarland altert: 20 Hausarztpraxen haben seit 2012 bereits geschlossen, weil sich kein Nachfolger fand. Dabei steigt der Bedarf, warnen Kassenärztliche Vereinigung und Ärztekammer. Junge Ärzte haben heute jedoch oft andere Berufswünsche.

Ärzteschaft und Kassenärztliche Vereinigung warnen vor einem verschärften Ärztemangel in Deutschland. Ihre Hauptsorge: das im Schnitt steigende Alter der Mediziner und der bevorstehende Ruhestand vieler Praxisärzte. So konnten allein im Saarland seit 2012 zwanzig Hausarztpraxen nicht wiederbesetzt werden, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Saarland (KVS) mit. Im laufenden Jahr mussten bereits 6 Praxen schließen. Dabei verteilen sich die Schließungen gleichmäßig über das Land. Und das, obwohl allein im vergangenen Jahr die Medizinerzahl um 2,5 Prozent gestiegen ist (Statistik der Bundesärztekammer ). Insgesamt gab es 2013 rund 357 200 in ihrem Beruf arbeitende Ärzte , davon 5820 im Saarland .

Auch das Durchschnittsalter steigt: Lag es für die Hausärzte im Saarland 2009 noch bei 51 Jahren, sind die derzeit 667 Hausärzte jetzt durchschnittlich 54 Jahre alt. Die Hälfte von ihnen erreicht bis 2024 das 65. Lebensjahr, warnt die KVS. Ähnlich sieht es bei den niedergelassenen Fachärzten aus: 42,9 Prozent der 987 Fachärzte erreichen in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter. Finden sich keine Nachfolger, schließen auch ihre Praxen. Knapp zehn Prozent der niedergelassenen Ärzte im Saarland sind heute schon älter als 65 Jahre und arbeiten über das Rentenalter hinaus.

Auch die Ärztekammer des Saarlandes warnt: Dem steigenden Anteil älterer Ärzte stehen immer weniger Junge gegenüber, die bereit sind, in deren Fußstapfen zu treten. Auch im stationären Bereich werde es in wenigen Jahren Lücken geben.

Trotz sinkender Bevölkerung - das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geht davon aus, dass bis 2024 durchschnittlich sieben Prozent weniger Menschen im Saarland leben werden - erwarten KVS und Ärztekammer einen steigenden Bedarf an medizinischen Leistungen und somit an Ärzten. Gründe dafür seien der wachsende Anteil der älteren Bevölkerung sowie der medizinische Fortschritt, der Eingriffe und Untersuchungen ermögliche, die es früher nicht gab.

"Mehr Ärzte - statistisch gesehen - und zugleich Ärztemangel schließen sich nicht aus", sagt der Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, Josef Mischo. Denn viele Mediziner suchten eine Tätigkeit im Ausland oder in nicht-kurativen Bereichen, etwa bei Versicherungen, so die KVS. So verließen im vergangenen Jahr 2242 Ärzte die Bundesrepublik.

Auch benötigten die Krankenhäuser aufgrund von gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeitbeschränkungen mehr Mediziner als früher. Mehr Personal werde auch wegen neuer Qualitätsanforderungen der Politik benötigt, etwa durch das Infektionsschutzgesetz .

Darüber hinaus steige der Anteil der Ärzte , die in Teilzeit arbeiten wollen. Daneben wünschen sich die Ärzte kürzere Arbeitszeiten, so die KVS.

Auch zeige sich, dass immer mehr Ärzte die Selbstständigkeit meiden und lieber als Angestellter in einer Arztpraxis oder in medizinischen Versorgungszentren arbeiten. So seien von den 1732 zugelassenen Vertragsärzten 18,4 Prozent (319) Angestellte. Dort haben sie geregelte Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle sind eher möglich und sie müssen keine Verantwortung als selbstständiger Unternehmer tragen. "Für die ambulante Versorgung bedeutet dies aber, dass mehr Ärzte nötig sind, um den gleichen Versorgungsgrad aufrecht zu erhalten", teilt die KVS mit. Sie versucht daher, durch Veranstaltungen und Weiterbildungen in den Praxen bereits Medizinstudenten an die Selbstständigkeit heranzuführen. Auch durch neue Strukturen, in dem etwa Pflegefachkräfte mehr Kompetenzen erhalten, sollen Ärzte künftig entlastet werden.

Die Ärztekammer fordert, die Rahmenbedingungen des Arztberufs wieder attraktiver zu gestalten: "Wenn wir die jungen Menschen für diese Arbeit gewinnen wollen, müssen wir die Bedingungen den Bedürfnissen und den Wünschen anpassen", sagt Josef Mischo, "darüber hinaus wäre ein größeres Angebot an Medizinstudienplätzen ebenso wünschenswert wie ein Auswahlverfahren, dass nicht nur von der Abiturnote bestimmt wird."

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