Deutsch ist der Schlüssel zu ihrer Zukunft

Saarbrücken · Zu einem Neuanfang in Deutschland gehört für Flüchtlinge in Saarbrücken auch eine neue Sprache. In einem Kurs des Diakonischen Werks lernen sie Deutsch für alle wichtigen Lebenslagen.

 Lehrerin Cathrin Laduga erklärt den Flüchtlingen, was „Maklerprovision” bedeutet. Foto: Rich Serra

Lehrerin Cathrin Laduga erklärt den Flüchtlingen, was „Maklerprovision” bedeutet. Foto: Rich Serra

Foto: Rich Serra

"Bäckerei" war das erste deutsche Wort, das Magi lernte. Am Flughafen hatte sie es zum ersten Mal gesehen, kurz nachdem die 19-Jährige mit ihren Eltern aus dem Flieger gestiegen war. Deutschland, das würde ihre neue Heimat werden. Nach Syrien zurückgehen? Die junge Frau weiß nicht, wann das wieder möglich sein wird. Das war vor neun Monaten. Viel mehr als "Hallo" konnte sie nicht sagen, bis der Integrationskurs des Diakonischen Werks an der Saar in Saarbrücken-Malstatt im Februar begann, in dem sie an fünf Tagen in der Woche Deutsch lernen sollte. Ihren elf Mitschülern ging es kaum anders: Syrer, Afghanen, ein Iraner und ein Brite zwischen 16 und 26 Jahren. In dem Kurs sollen sie lernen Alltagssituationen zu bewältigen. Es geht darum, einen Job zu finden, Behördengänge zu erledigen, Wohnungsanzeigen zu entschlüsseln, einem Arzt seine Schmerzen zu beschreiben. Doch zu Beginn mussten erst mal die Vokabeln ins Gedächtnis. Lehrerin Cathrin Laduga musste dazu schauspielern: "Ich mache Pantomime." Die unterschiedlichen Schicksale ihrer Schüler, das macht ihren Beruf aus, sagt sie, "jeder hat eine andere Biografie und eine andere Bildung". Je nach Kenntnisstand, setzt sie Arbeitsblätter mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad auf. Oft macht sie auch Rollenspiele. Cathrin Laduga legt viel Wert auf mündliche Kommunikation.

Von "Hallo, wie geht's?" bis "Ist die provisionsfreie Zwei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung noch frei?" sei es ein langer Weg gewesen, aber die Jugendlichen lernten schnell. Mit ihrer guten Sprachkenntnis ist Magi auch ihren Eltern eine große Hilfe. Als ihre Mutter im Krankenhaus operiert wurde, dolmetschte die junge Frau zwischen Arabisch und Deutsch. Bald will sie hier Medizin studieren. Erst kürzlich hat Magi einen Job in einem Fastfood-Restaurant gefunden, genauso wie der Schüler Djwar aus Syrien. Magi bedient an der Kasse, Djwar belegt Burger - mit anfänglichen Schwierigkeiten. "Ich habe bestimmt hundert Burger falsch gemacht", Djwar lacht. "Jeder Anfang ist schwer", sagt Magi. Denn in Saarbrücken redet eben nicht jeder Hochdeutsch, so wie die Schüler es im Kurs lernen. "Ich hann Hunger", Djwar schmunzelt. Aber "ohne Cathrin könnte ich kein Deutsch", sagt er. Mit gefälschtem Pass kam der 24-Jährige nach Deutschland. Er reiste von Syrien in die Türkei, dann nach Brasilien. In Spanien wurde er am Flughafen verhaftet. Nach 15 Tagen konnte er weiter, zu Fuß über die Grenze nach Frankreich und von dort aus mit dem Zug ins Saarland. Seine Wohnung in Aleppo stehe nicht mehr, sagt er. In Syrien studierte er Design, im Saarland will er Architekt werden.

Auch Khalil hat große Ziele. Der 26-jährige Englischlehrer möchte einen Neuanfang als Informatiker versuchen. In Syrien wollte man ihn zum Militär schicken. Die Flucht nach Deutschland war sein Ausweg. Wenn es mit dem Deutsch klappt, wird es hier auch mit der Karriere klappen, glaubt Khalil und auch die anderen Jugendlichen, die in ihrer Freizeit jedoch unter ihresgleichen meist Arabisch reden. Solange in der Heimat Krieg herrscht, wollen sie nicht zurück. Die deutsche Sprache, das ist für die jungen Männer und Frauen der Schlüssel zu ihrer Zukunft in der Bundesrepublik.

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HintergrundDas Diakonische Werk an der Saar veranstaltet derzeit 14 "Integrationskurse" in Saarbrücken , in denen Flüchtlinge , meist aus Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea, Rumänien und Bulgarien, Deutsch lernen. Ein Großteil besucht einen Alphabetisierungskurs, um die lateinische Schrift zu lernen. Der heute vorgestellte Integrationskurs für jugendliche Flüchtlinge endet mit einem Test, der auch als Einbürgerungstest gilt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert die Kurse. pam

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