Testfahrt: Auto contra Bus und SaarbahnMit dem Auto selbst im Berufsverkehr schnellerKunden klagen über Anbindung

Püttlingen. Gleich zweimal innerhalb weniger Minuten kann man morgens kurz vor acht Uhr vom Püttlinger Haltepunkt am Markt zur Saarbahn "Riegelsberg-Süd" fahren - um 7.37 Uhr über Köllerbach und Pflugscheid (Linie 196) und um 7.41 Uhr über Ritterstraße und Hixberg (Linie 195)

Püttlingen. Gleich zweimal innerhalb weniger Minuten kann man morgens kurz vor acht Uhr vom Püttlinger Haltepunkt am Markt zur Saarbahn "Riegelsberg-Süd" fahren - um 7.37 Uhr über Köllerbach und Pflugscheid (Linie 196) und um 7.41 Uhr über Ritterstraße und Hixberg (Linie 195). Darüber hinaus besteht in der genannten Zeit die Möglichkeit, mit der Linie 190 (auf der Strecke Völklingen-Lebach) beziehungsweise mit dem Püttlinger Ringbus 192 über Herchenbach zum neuen Saarbahn-Haltepunkt Walpershofen/Etzenhofen zu kommen. Ich verabschiede mich Punkt 7.37 Uhr vom Kollegen Simon Avenia, steige in die 196 und genieße es, mal ohne zu schnaufen (Fahrrad!) und ganz ohne Stress (Auto!) zur Saarbahn kutschiert zu werden. Superpünktlich auf die Sekunde hält Fahrer Alfred Jungmann in Riegelsberg-Süd. Vier Minuten später kommt die Bahn aus Richtung Walpershofen, so dass ich um 8.19 Uhr den Saarbrücker Hauptbahnhof erreiche. Kollege Avenia ist allerdings bereits seit einer Viertelstunde da - trotz morgendlicher "Rushhour" - so viel zum Thema "Wettrennen ÖPNV kontra Auto" (allerdings waren wegen der Herbstferien wohl etwas weniger Autos als üblich unterwegs). Die Fahrt von Püttlingen nach Saarbrücken kostet 3,90 Euro. Hin und zurück also 7,80 Euro - für das Geld kann man sich auch eine Tageskarte für eine Person kaufen, mit der beliebig viele Fahrten im Bereich Püttlingen, Riegelsberg und Saarbrücken möglich sind. Deutlich günstiger wird die Sache, wenn sich fünf Personen gemeinsam eine Gruppentageskarte am Automaten ziehen. Diese kostet 13,40 Euro. Es sind beliebig viele Fahrten im erwähnten Waben-Bereich möglich. Allerdings gilt diese Karte erst ab 8.30 Uhr. Fazit: Das Fahren mit der Saarbahn ist bequem, stressfrei, und es entfällt die lästige Parkplatzsuche in Saarbrücken. Preiswert ist die ganze Sache allerdings nicht (sieht man von der erwähnten Gruppenkarte einmal ab), und der Zubringerdienst (siehe Text rechts) lässt in den Augen vieler Kunden etliche Wünsche offen. Püttlingen/Heusweiler. Bei unserer Probefahrt von Püttlingen nach Saarbrücken mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zeigten sich die von unserem Mitarbeiter befragten Fahrgäste wenig zufrieden mit der neuen Situation: "Das ganze Wohngebiet Püttlingen-Schleiten ist irgendwie abgehängt. Egal, ob man wie ich nach Saarbrücken will, oder wie meine Tochter zur Schule nach Völklingen muss: Wir müssen jetzt meist zum Markt nach Püttlingen laufen. Das ist sehr unbefriedigend", schildert Petra Zimmer. Ebenfalls zum Markt rennen musste der Püttlinger Robert Immich, der in Saarbrücken arbeitet. "Der ganze Fahrplan ist neuerdings sehr unübersichtlich geworden", resümiert Immich und zeigt zum Beweis einen Flyer mit den Abfahrtszeiten: "Den musste ich mir selbst besorgen. Als Abonnent eines Tickets hätte ich erwartet, die neuen Fahrpläne zugeschickt zu bekommen." Auf dieses Infoblatt hat Immich mindestens 15 eigene Zettel geklebt, um immer über die aus seiner Sicht einigermaßen günstigen Verbindungen informiert zu sein. Sein Fazit: "Mit diesem Fahrplan kann ich nicht zufrieden sein. Ich hoffe, dass nachgebessert wird." Dies hofft auch Guiseppe P. (seinen Familiennamen wollte der junge Mann nicht preisgeben) aus Heusweiler, der täglich zum Ausbildungsplatz auf die Ritterstraße muss. P.: "Nach den neuen Fahrplänen muss ich morgens eine viertel Stunde früher aus dem Haus und komme abends eine viertel Stunde später heim." "20 Minuten am Tag, das verliere ich auch durch die neuen Takte", bestätigt Silke Wolf, die mit dem ÖPNV täglich von ihrem Wohnort Heusweiler nach Saarbrücken zur Arbeit fährt. Wolf ärgert sich auch darüber, dass die Saarbahn am Haltepunkt Güchenbach dem Zubringerbus "vor der Nase" wegfährt: "Dann komme ich zu spät zur Arbeit." Außerdem sei das Überqueren des Russenweges für die Busgäste gefährlich, hat Silke Wolf festgestellt, die schon oft beobachtet hat, dass gerade Schüler dabei "Kopf und Kragen riskieren." In Sachen "Gefährlichkeit" weiß auch der Saarbahn-Benutzer Heinrich Schwindling etwas beizusteuern: "Wenn man neuerdings von Saarbrücken kommend in Riegelsberg-Süd aussteigt, beobachtet man oft, dass viele Fahrgäste direkt auf die Fahrbahn treten, wenn sie über die Straße wollen; darunter auch Kinder, und die Fahrbahn ist hier immerhin eine Art Autobahn." Zwar gibt es einen Fußgänger-Überweg zum Park&Ride-Platz, aber das erkennen viele nicht; Schwindling: "Meiner Ansicht nach muss die Haltestelle von der Fahrbahn mit einem Zaun oder einer Glaswand abgetrennt werden, bevor ein schlimmer Unfall passiert." et Püttlingen. Mit dem Auto vom Püttlinger Markt bis zum Saarbrücker Hauptbahnhof - das ist keine Strecke, für die man als Ortskundiger das Navigationssystem zückt. Beim Versuch, morgens zur Hauptverkehrszeit mit dem eigenen Wagen die öffentlichen Verkehrsmittel in punkto Schnelligkeit zu schlagen, soll das Navi heute aber doch mal den Weg weisen. Denn wer so schnell sein will wie Bus und Saarbahn, der muss - so gut es geht - die Hauptverkehrswege meiden und den allerkürzesten Weg fahren. Los geht es also, erstmal in Richtung Ritterstraße. Die Umgehungsstraße nach Riegelsberg lässt man hinter sich, um stattdessen mit überwiegend 30 Sachen durch den Püttlinger Ortsteil zu zockeln. Da man während der Vergleichsfahrt natürlich keine Gesetze übertritt, hängt bald eine lange Schlange von Berufspendlerfahrzeugen hinter dem "Testwagen", der brav mit 30 Kilometern pro Stunde die Schlehbachstraße, die Hengstwaldstraße oder die Von-der-Heydt-Straße entlangschleicht. Ein Mutiger überholt sogar, ist aber am Ortsausgang, wo es kein Tempolimit gibt, schnell eingeholt. Weiter geht die Fahrt über die Landstraßen L 270 und die L 272 in Richtung Pfaffenkopf, wo Tempo 30 angesagt ist. Die langen Staus vor der fiesen Blitzerampel, wo die L 272 auf die B 51 führt, kann man umgehen, indem man kurz zuvor links in die Gerhardstraße einbiegt und erst auf der Von-der-Heydt-Brücke auf die B 51 fährt. Denn da steht man in zwei Spuren an der Ampel, was die Warteschlange logischerweise halbiert. Der Rest ist simpel: Immer geradeaus, am Mercure-Hotel links abbiegen und dann zum Hauptbahnhof rauf. Zwei, drei Minuten gehen noch drauf, um einen Parkplatz zu suchen und einen Parkschein zu ziehen. Und um 8.04 Uhr stehe ich vor der Saarbahnhaltestelle am Bahnhof. Zu dieser Zeit ist Kollege Walter Faas, der den Bus und die Saarbahn genommen hat, noch unterwegs und trifft erst eine Viertelstunde später am Bahnhof ein. Kostenmäßig steht das Auto auch gut da: Die Strecke ist 13,1 Kilometer lang. Berechnet man nur den Sprit und keine Abnutzungskosten fürs Auto, sollte man deutlich unter zwei Euro liegen.

HintergrundDer Auftrag: Von Püttlingen über Riegelsberg nach Saarbrücken - mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Die Testfahrer: Falter Faas ist eingefleischter Radfahrer und lässt den Wagen lieber in der Garage. Er wurde auch schon mit dem Christopherus-Preis für seine Berichterstattung zur Sicherheit im Straßenverkehr ausgezeichnet. Simon Mario Avenia schreibt nicht nur für die SZ, sondern fotografiert auch für eine Agentur, die die neuesten Autos für Fachzeitschriften ablichtet. red

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