Hebammen demonstrieren gegen ruinöse Versicherungsprämien

Saarbrücken · Wegen immer höherer Versicherungsbeiträge kommen freiberufliche Hebammen in Not. In Berlin wird um eine Lösung gerungen. Doch die Positionen von Kassen, Versicherungen und Politik zeigen: Es wird eine schwere Geburt.

 Für die Zukunft der Hebammen demonstrierten diese Frauen. Foto: B&B

Für die Zukunft der Hebammen demonstrierten diese Frauen. Foto: B&B

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Mit Plakaten, roten Luftballons und Nabelklemmen haben am Mittwochabend 50 Hebammen und Eltern bei einer Mahnwache vor dem Saarbrücker Rathaus für die Zukunft der Hebammen demonstriert. Die Botschaft: Wenn es keine Hebammen mehr gibt, können Frauen mit den Klemmen nach der Geburt ihre Babys selbst abnabeln. Die freiberuflichen Hebammen sehen ihre Lebensgrundlage durch die Erhöhung der Berufshaftpflichtversicherungsbeiträge gefährdet: Zahlten sie 2004 noch 1352 Euro pro Jahr, werden es ab Juli 5091 Euro sein. Zudem droht ein Verlust des Versicherungsschutzes, weil Anbieter fehlten.

Doch wie soll die Politik reagieren? Darüber diskutierten Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU), der Vize-Landesvorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte, Johannes Bettscheider, Axel Mittelbach vom Verband der Ersatzkassen (vdek), die Hebamme Birgit Linn, die Apothekerin Silke Hofmann und die Vorsitzende des Saar-Hebammenverbandes, Andrea Dansoko. Alle waren sich einig: Die Existenz der freien Hebammen muss gesichert werden.

Zwar gleichen die Krankenkassen den Prämienanstieg aus - als Zuschlag pro abgerechneter Geburt. Hebammen mit wenigen Geburten nutzt das jedoch wenig, sie sollen daher einen Extra-Zuschlag bekommen, schlägt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor.

Eine mögliche Lösung, die er prüft: Die Krankenkassen sollen sich die Ausgaben für die Opfer von Fehlern nicht mehr von der Hebammen-Haftpflicht zurückholen können. Auch Dansoko befürwortete die Einschränkung der Regressforderung: "Sie machen 31 Prozent der Gesamtschadensumme aus und haben deutlichen Anteil daran, dass die Haftpflichtsummen für Hebammen steigen." Bedenken äußerte Mittelbach vom vdek: "Wenn schuldhafter Schaden entsteht, muss die Versicherung des Schuldners zahlen. Warum sollten alle für Fehler Einzelner zahlen?" Er sprach sich für eine Lösung aus Steuermitteln aus. Auch der Hebammenverband fordert einen Haftungsfonds aus Steuergeldern. Damit Versicherungen wieder Haftpflichtversicherungen für Hebammen anbieten, soll für sie eine Haftungsobergrenze gelten. Diese soll unter der derzeitigen Deckungssumme von sechs Millionen Euro liegen. Alle Kosten darüber sollen aus dem Fonds gezahlt werden. Bisher haften die Hebammen für diese Mehrkosten persönlich - ihnen droht dann die Privatinsolvenz. Der Fonds hat bislang in Berlin keine Mehrheit gefunden, auch weil befürchtet wird, dass damit Begehrlichkeiten bei anderen Berufsgruppen geweckt werden. "Es muss eine Lösung für alle gefunden werden. Auch für Krankenhäuser ist die Geburtshilfe ein extremes Risiko", forderte Johannes Bettscheider, Chefarzt an der Rot-Kreuz-Klinik Saarlouis. So gebe es auch für Kliniken mit Geburtshilfe nur noch zwei Versicherer mit steigenden Policen.

Sollte weder für den Regressverzicht noch den Haftungsfonds eine Einigung erzielt werden, könnte Storm sich vorstellen, die Hebammen nicht mehr über private Versicherungen abzusichern, sondern an die Sozialversicherung, etwa die gesetzliche Unfallversicherung, anzubinden. Doch er sei optimistisch, dass es bis zum Sommer eine Lösung gibt.

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