Wo Narren über Trecker lachenFastnachtsorden sind Handarbeit

Ensheim/Kleinblittersdorf. Tausende säumten die Strecke des Ensheimer Rosenmontagszuges und nutzten die Alternative zum närrischen Ansturm in Burbach. Rund 40 Motivwagen und Fußgruppen bildeten den Zug, allen voran fuhr ein poppiger Gefängniswagen, gefertigt von einer Gruppe aus Bliesmengen-Bolchen mit einer 10 000-Watt Musikanlage auf dem Traktorengespann

 Fuhr in Kleinblittersdorf vorneweg: Julius Karmann. Foto: heiko lehmann

Fuhr in Kleinblittersdorf vorneweg: Julius Karmann. Foto: heiko lehmann



Ensheim/Kleinblittersdorf. Tausende säumten die Strecke des Ensheimer Rosenmontagszuges und nutzten die Alternative zum närrischen Ansturm in Burbach. Rund 40 Motivwagen und Fußgruppen bildeten den Zug, allen voran fuhr ein poppiger Gefängniswagen, gefertigt von einer Gruppe aus Bliesmengen-Bolchen mit einer 10 000-Watt Musikanlage auf dem Traktorengespann. Die Hits wummerten über ganz Ensheim. In Kleinblittersdorf hatte die Gruppe in Knacki-Kostümen bereits am Sonntag einen Preis gewonnen.

Clowns und Bruchpiloten

Viele private Initiativen machen in Ensheim mit und basteln eigens für Rosenmontag. "Quack, die Bruchpiloten" hatten sechs Wochen an ihren Holzfliegern gebastelt, die DJK-Handballdamen hatten sich Rapunzel-Kostüme genäht und sogar einen Burgturm gebaut, um das lange Gelöck herabzulassen. Die Feuerwehr bot die letzten 112 Mohikaner auf.

Knallbunt zeigten sich die Clowns des Fanfarenzugs aus Spiesen-Elversberg, prunkvoll die Garden und Prinzenwagen von der Oberen Saar. Die Kowe und die Neandertaler feierten mit. Am Ende klang der Umzug mit einer Fete in der Sporthalle aus, Polizei, Feuerwehr und Rotes Kreuz sorgten für einen reibungslosen Ablauf.

Top-Laune an der Oberen Saar

Sonne, Kälte und Superstimmung lange vor dem Start um 14.11 Uhr: So war's am Sonntag in Kleinblittersdorf. Tausende Narren feierten den Fastnachtsumzug an der Oberen Saar. Sie ahnten nichts von den Sorgen der Organisatoren. "So wie es aussieht, war das der letzte Umzug durch Kleinblittersdorf. Wegen der ganzen Auflagen, die wir erfüllen müssen, wird das alles zu teuer. Es steckt viel Arbeit in der Organisation, und wir bekommen so gut wie keine Unterstützung. Der Verein legt jedes Jahr viel Geld hin, um den Umzug zu finanzieren. Das kann so nicht weitergehen", sagt Uwe Peters aus dem Vorstand des Vereins Fastnachtsumzug Obere Saar.

Für den jüngsten Zug haben dieser Verein und all die anderen Narren aber wie immer ganze Arbeit geleistet. "Es ist einfach super hier. Wir sind mit 20 Leuten gekommen und feiern den ganzen Tag. Großes Kompliment an die Veranstalter", sagte Matthias Krauser aus Auersmacher.

Zelt-Fete bis tief in die Nacht

Und dann ging er los, der 53. Fastnachtsumzug durch die Straßen von Kleinblittersdorf, wie immer von Julius Karmann eröffnet. Mit seinem Traktor und dem Motto "Kuh sucht Bauer" rollte Karmann vorweg.

Ihm folgten 40 Mottowagen, Spielmannszüge, Gardemädchen, und alle versprühten gute Laune und animierten das am Straßenrand stehende Volk zum Mitfeiern. Und diese ließen sich nicht zweimal bitten.

Mehr als zwei Stunden ging der Umzug durchs Dorf. Aber die Party danach dauerte im Zelt auf dem Marktplatz noch bis weit in die Nacht. Rohrbach. Für manche kommt die Fastnacht plötzlich und unerwartet, wie Stefan Kayser von Kayserzinn immer wieder feststellt. Und er muss es wissen, schließlich ist er der Macher der meisten Fastnachtsorden und -pins der Region.

Zwischen 100 und 400 Stück bewegen sich die Bestellungen der Vereine. In einer Session kommt die Rohrbacher Firma so auf 7000 bis 8000 Stück. Und da sie jedes Stück sorgfältig herstellt, versteht es sich von selbst, dass sich Kayserzinn "schon seit Juli im Karneval befindet", um alle Aufträge zu erfüllen.

Obwohl jeder der, je nach Auftragslage, vier bis acht Mitarbeiter Spaß an seinem Job hat, liegen kurz vor der fünften Jahreszeit schon mal die Nerven blank. Dann sind Termine einzuhalten, damit die Vereine pünktlich zur Kappensitzung oder Ordensmatinee ihre Kunstwerke überreichen können. Obwohl das Geschäft mit der Fastnacht nur rund 20 Prozent am Unsatz ausmacht, legen Chefin Silke Kayser und ihr Team bei den Orden und Pins Wert auf hohe Qualität. Da ist Kreativität gefragt, und es wird schon mal um einzelne Farbnuancen gefeilscht .

Manche der Vereine bringen ihre eigenen Entwürfe mit. Andere kommen mit Ideen, die es schnell umzusetzen gilt. Das aktuelle Lieblingsstück von Stefan Kayser ist der St. Ingberter Fastnachtspin, der in rund zehn Stunden Arbeit Gestalt annahm. Das Besondere: Das 3-D-Werk greift ein Thema auf, das wohl keinen St. Ingberter unberührt ließ. Bei der Ingo-Statue erkennt man jeden Faltenwurf, so dass aus dem Pin ohne Problem auch eine große Tafel mit der gleichen Qualität hergestellt werden könnte. "Bis der Orden am Hals hängt oder der Pin am Revers steckt, haben wir jedes einzelne Stück wohl Dutzende Male in der Hand gehabt", sagt Silke Kayser.

Der Entwurf, das Programmieren am Computer, die Herstellung des Werkzeugs, den Guss, das Entgraten, der Schliff, das Malen, Polieren und Lackieren, das Auflöten der Nadel, das Anbringen der Kordeln, das Zählen und das Verpacken sind Handarbeit. "Wir machen eben keine Stangenware", sagt Mitarbeiter Holger Bornschier.

Der Anspruch an alles, was den von außen unscheinbaren Betrieb verlässt, ist groß. Man liebt die Herausforderung und ist mit dem nötigen Ernst und dem gewissen Schuss Humor bei der Sache. Und so was spricht sich rum. Bei Kaysers wird mit Zinn, Messing, Gold, Silber und auch viel mit Glas "geschafft".

Das Angebot der Firma kann sich denn auch sehen lassen. Dazu gehören Gravuren für Geschenke und Pokale, Einzelanfertigungen in Zinn für Samsung, VW, Mercedes, Details für Parfümflacons. Aber auch kunstvolle "Etiketten" für eine Schnapsbrennerei, Preise von Firmen und Verlagen wie die "Auto-Trophy 2012" oder Exponate für Esoterik-Anbieter sind im Sortiment.

Dem letzten ausgebildeten "reinen" Zinngießermeister Deutschlands - heute gibt es die Berufsbezeichnung so nicht mehr-, Stefan Kayser, bringen die Kunden eben großes Vertrauen entgegen.

 Die Freiwillige Feuerwehr Ensheim schickte ihre Mohikaner ins Getümmel. Foto: Becker&Bredel

Die Freiwillige Feuerwehr Ensheim schickte ihre Mohikaner ins Getümmel. Foto: Becker&Bredel

 Stefan Kayser mit der "Auto-Trophy" in der Hand (Mitte) und seine Mitarbeiter Holger Bornschier (rechts) und Vaceslav Osurko mit den derzeitigen Fastnachtsorden und Pins im Verkaufsraum der Firma Kayserzinn in Rohrbach.Foto: Cornelia Jung

Stefan Kayser mit der "Auto-Trophy" in der Hand (Mitte) und seine Mitarbeiter Holger Bornschier (rechts) und Vaceslav Osurko mit den derzeitigen Fastnachtsorden und Pins im Verkaufsraum der Firma Kayserzinn in Rohrbach.Foto: Cornelia Jung

Mit diesen Erfolgen setzt der Unternehmer eine lange Familiengeschichte fort. Sein Urururgroßvater gründete am Niederrhein eine Zinngießerei. Kunsthandwerk des Jugendstils aus diesem Hause steht sogar im renommierten New Yorker Museum of Modern Art.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort