„In anderen Bundesländern wäre man froh“

Heiko Maas lässt offen, ob er 2015 wieder als Landeschef der SPD kandidieren wird. Die Doppelfunktion als Parteichef und Bundesminister sieht er aber als Vorteil, sagte er SZ-Redakteur Johannes Schleuning.

SPD-Landeschef Heiko Maas vor der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Foto: B&B

SPD-Landeschef Heiko Maas vor der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Foto: B&B

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Herr Maas, Großes entsteht immer im Kleinen: Tragen Sie diesen neuen saarländischen Werbespruch in Berlin jetzt ständig auf den Lippen?

Maas: Ja klar, er passt auch gut. Denn man kann im großen Berlin durchaus deutlich machen, dass viele intelligente Dinge in der Politik im Kleinen oder in kleinen Ländern entstehen: etwa die bei der Bundesagentur für Arbeit als vorbildlich geltende saarländische Arbeitsmarktpolitik oder der "saarländische Weg" bei der Haushaltskonsolidierung, also auch beim Stellenabbau die Arbeitnehmervertretungen einzubinden.

Im Saarland wird gefordert, dass Sie und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU ) sich für die Interessen des Landes in Berlin einsetzen müssen. Was tun Sie da konkret, und wo sind Grenzen?

Maas: Es ist richtig, ich verstehe mich in Berlin auch als Interessenvertreter des Saarlandes. Hand in Hand mit einer gut funktionierenden Landesregierung können wir so gemeinsam einiges erreichen. Es geht ja auch um viel: Die Debatte um die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches wirft ihre Schatten voraus. Die Grenzen der Einflussnahme bestehen darin, dass am Kabinettstisch natürlich auch andere Regierungsmitglieder sitzen, die die Interessen ihres jeweiligen Bundeslandes vertreten. Dass das Saarland dort aber mit zwei Personen sitzt, kann kein Schaden sein.

Die Beratungsgesellschaft PwC hat darauf hingewiesen, dass das Saarland die Schuldenbremse aus eigener Kraft nicht schaffen kann. Sollte es bei den Bund-Länder-Verhandlungen nicht zu einer Teilentschuldung kommen, muss die Landesregierung also vor der Schuldenbremse kapitulieren?

Maas: Das Saarland unternimmt große Anstrengungen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Das ist aber auch von äußeren Faktoren abhängig wie etwa der Zinsentwicklung. Klar ist: Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, nur dann können wir die Solidarität der anderen Länder einfordern. Um eine langfristige Perspektive zu haben, wird man aber um einen Altschuldenfonds nicht herumkommen - nicht nur im Saarland .

Sehen Sie bei den Verhandlungen eine realistische Chance für den Altschuldenfonds?

Maas: Am Schluss wird es natürlich eine Entscheidung geben, bei der die unterschiedlichen Interessen aller Länder eingebunden werden müssen. Dennoch: Es wird ja bereits intensiv über einen Altschuldenfonds diskutiert. Dass man etwa die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag umwandeln könnte, ist eine mittlerweile weitverbreitete Forderung, die ich ja vor Jahren mitentwickelt habe. Ich würde begrüßen, wenn Finanzmittel nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedürftigkeit verteilt würden.

Die Landesregierung hat bei der Berechnung des Einsparvolumens für die Saar-Uni bis 2020 Mittel einkalkuliert, von denen noch gar nicht klar ist, ob sie bis dahin überhaupt gezahlt werden. Etwa Mittel des Hochschulpaktes oder befristete Verwaltungspauschalen für Drittmittel. Ist das nicht unseriös?

Maas: Nein, denn ich halte es für realistisch, dass diese Mittel in dem bisherigen Umfang auch bis 2020 erhalten bleiben. Denn innerhalb der Bundesregierung ist klar, dass in Forschung und Entwicklung prioritär investiert wird.

Oskar Lafontaine hat der Landesregierung angesichts der Baupannen beim Vierten Pavillon und dem HTW-Hochhaus die Etablierung eines "Bauverhinderungsbeauftragten" empfohlen. Finden Sie nicht, dass das bisherige Vorgehen bei der Planung öffentlicher Bauten im Saarland überdacht werden sollte?

Maas: Dass es Optimierungsbedarf gibt, mag richtig sein. Ein strukturelles Problem speziell des Saarlandes sehe ich hier aber nicht, auch in anderen Regionen gibt es bekanntermaßen Probleme mit öffentlichen Bauten in weit größerem Umfang.

Im Sommer 2015 wird der SPD-Landesvorsitz neu gewählt. Treten Sie wieder an oder ist Ihnen die Doppelbelastung als Bundesminister und Landesvorsitzender zu viel?

Maas: Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass es als Nachteil empfunden wird, dass der Landesvorsitzende auch Bundesminister ist. In anderen Bundesländern wäre man froh, es wäre so. Gerade im Hinblick auf die anstehenden und für uns existenziellen Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich ist es gut, wenn in der Saar-SPD Bund und Land Hand in Hand arbeiten. Über alles andere entscheiden wir dann, wenn es so weit ist.

Der CDU-Koalitionspartner im Bund erwartet von Ihnen einen Gesetzentwurf zur Strafbarkeit von Freiern bei Zwangsprostitution. Werden Sie den vorlegen?

Maas: Es wird einen Vorschlag geben, wie gegen Freier, die wissentlich und willentlich die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzen, vorgegangen werden kann. Wie der genau aussieht, wird abhängig sein von den jetzt anstehenden Gesprächen mit Experten. Die Frage ist dabei, wie man den Koalitionsvertrag sinnvoll umsetzen kann. Es bringt nichts, eine Strafvorschrift einzuführen, die die gewollte Wirkung dann nicht entfaltet. Deshalb bereiten wir das sehr sorgfältig vor.

Zum Thema:

Auf einen BlickFür die Sommerinterviews hat die SZ die Vorsitzenden der Parteien im Saarland gebeten, sich einen Ort der Hochschullandschaft auszusuchen. Bundesjustizminister und SPD-Landeschef Heiko Maas entschied sich für die rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Saar-Uni. Denn: "Wirtschaftswissenschaften sind von besonderer Bedeutung: Die Wirtschaftskraft unseres Landes wird mit darüber entscheiden, ob wir als Bundesland eine Überlebensperspektive haben." Dass man im Saarland weiter Rechtswissenschaften studieren könne, freue ihn als Bundesjustizminister besonders - auch er selbst hat einmal dort studiert. jos

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