Völklinger Säulen sind noch längst nicht antik

Völklingen/Warndt · Das digitale Zeitalter scheint den Litfaßsäulen in Völklingen nichts anzuhaben. 16 Stück stehen in der City und den Stadtteilen, vier noch in Großrosseln. Und eine von ihnen macht ganz besonders auf sich aufmerksam.

 Eine der 16 Litfaßsäulen in Völklingen und den Stadtteilen nahe der Eligius-Kirche (hinten) hat sogar eine Krone, die dort eigentlich gar nicht hingehört. Foto: Jenal

Eine der 16 Litfaßsäulen in Völklingen und den Stadtteilen nahe der Eligius-Kirche (hinten) hat sogar eine Krone, die dort eigentlich gar nicht hingehört. Foto: Jenal

Foto: Jenal

Sie scheint die Königin unter den Litfaßsäulen zu sein: Mit einer dunklen Krone auf dem Kopf steht sie stolz an der Straße vor dem Alten Rathausgebäude in Völklingen und ruft ihre bunte Botschaft in die Welt - ganz ohne laut dabei zu sein. Doch obwohl sie genau vor der Kurve steht und die Autos auf sie zufahren müssen, schauen die Fahrer statt auf sie lieber den Autor an, der sich bei seinem Test wohl nicht gut genug versteckt hat.

Hat sie also keinen Sinn? Doch, sagt Martina Birkenbach, zuständig für Vertrieb und Marketing in der Saarbrücker Werbeagentur Fabry. Und sie muss es wissen. Das Unternehmen betreibt im ganzen Saarland 421 Litfaßsäulen, "und über die Grenzen hinaus". Nach wenigen Klicks am Computer weiß sie auch, wie viele es in Völklingen und den Stadtteilen wie Fenne und Fürstenhausen sind: 16 Stück. In der Gemeinde Großrosseln selbst sind es noch vier, und zwar hier: in Dorf im Warndt, in Nassweiler und St. Nikolaus.

Mit den Litfaßsäulen hat sich ein Mann gewissermaßen unsterblich gemacht. In Mitte des 19. Jahrhunderts dachte sich der Berliner Drucker Ernst Litfaß diese Möglichkeit zur Werbung aus und klebte damit seinen Namen in die Köpfe der Deutschen. Die erste Säule stand 1855 in der Hauptstadt, rund 100 weitere folgten noch im gleich Jahr.

Inzwischen hat die Zahl der Litfaßsäulen wieder abgenommen, sagt Martina Birkenbach, "in den letzten Jahren aber ist sie gleich geblieben." Die Firma, für die sie arbeitet, ist seit 1937 im Geschäft und verkauft Flächen auf den Säulen in vielen Formaten. Es versteht sich von selbst, dass wildes Plakatieren verboten ist. Werbe Fabry entfernt die Fremdwerbung sofort und geht auch strikt dagegen vor, gegen Vandalismus sowieso. Auch wenn jemand mal seine Katze mit einem Zettel auf einer der Säulen sucht, wird damit kaum glücklich werden. Denn auch diese Zettel verschwinden schnell, wenn auch Fabry es dann mit dem Dagegen-Vor-Gehen nicht mehr ganz so ernst nimmt, so Birkenbach. Schließlich ist die Säule, die aus aufeinander gestapelten Betonringen besteht, Eigentum der Firma, und die muss ihre Kunden pflegen. In der Regel sind das Veranstalter von Konzerten und ähnlichem. Aber Reklame für Produkte gibt es natürlich auch. Und Parteien kommen mit Wahlwerbung auf sie zu. Man sei offen für vieles, sagt Birkenbach. Es scheint sich zu lohnen. Denn dass die Werbung auf einer Litfaßsäule Sinn macht, hat die Firma am eigenen Leib erfahren: "Wir haben auch schon einmal eine Stellenanzeige für unser Haus ausschließlich auf unseren Litfaßsäulen ausgeschrieben - mit hervorragendem Erfolg!"

Auf die Krone in Völklingen angesprochen, weiß Martina Birkenbach sofort, dass viele ihrer Säulen solche Accessoires haben - Hüte und eben Kronen. Aber ob das auch für unsere Säule gilt? Susanne Rist muss lachen. Vor einigen Monaten stand sie mit ihren Völklinger Mythenjägern für eine ihrer geschichtlichen Aktion in historischen Gewändern aus der Gründerzeit ums Alte Rathaus herum versammelt (wir berichteten), und dabei ist auch die Krone auf der Säule gelandet. Dort haben sie sie auch einfach mal gelassen, um zu testen, wie lange sie dort bleibt. Nur der dazugehörige Reichsapfel ist schon weg. "Das war ein echter Apfel. Aber den haben bestimmt die Krähen gefressen."

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