Im Kampf gegen die unsichtbaren Feinde

Völklingen · Hygiene entscheidet im Krankenhaus über Gesundheit und schnelle Genesung, manchmal auch das Leben von Patienten. Über den Aufwand berichtet Dr. Franz Hausinger von den SHG-Kliniken Völklingen.

 Dr. Franz Hausinger schaut bei Anja Stauder-Sturm in der der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) vorbei. Die OP-Schwester bereitet gerade herzchirurgische Instrumente, mit denen Bypässe angenäht wurden, für die Sterilisation vor. Dazu wandern sie in ein Mikrosieb.

Dr. Franz Hausinger schaut bei Anja Stauder-Sturm in der der Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) vorbei. Die OP-Schwester bereitet gerade herzchirurgische Instrumente, mit denen Bypässe angenäht wurden, für die Sterilisation vor. Dazu wandern sie in ein Mikrosieb.

Foto: Fertsch

"Mein Tag beginnt auf der Intensivstation", sagt Dr. Franz Hausinger, hauptamtlicher Krankenhaushygieniker der Völklinger SHG-Kliniken mit über 400 Betten. Dort, wo geschwächte Patienten nach einer Operation betreut werden und besonders anfällig für Infektionen sind, ausgelöst durch Erreger.

Hat der Patient einen Katheter, also einen Fremdkörper im Körper, der durch die Haut führt? Hat er Fieber oder eine Infektion? Hausinger kontrolliert auch Wunden und zieht bei Bedarf die Pflegekräfte zu Rate. Den Kampf gegen die unsichtbaren Gegner, schädliche Bakterien , führt Dr. Hausinger an verschiedenen Fronten. Mit Erfolg. "Seit anderthalb Jahren konnten wir - gefühlt - die eh schon niedrigen Zahlen der Infekte nochmals um die Hälfte reduzieren", sagt Hausinger zufrieden. "Wir haben eine sehr niedrige Rate, eine der besten bundesweit."

Dabei hatte in den vergangenen 20 Jahren ein gegen gängige Antibiotika resistent gewordener Erreger, der MRSA (Methicillin-resistenter/multiresistenter S. aureus) vor allem in Kliniken große Sorgen bereitet. "MRSA macht mir wenig Kummer," meint Dr. Hausinger aber. Die Pharmaindustrie habe Gegenmittel gefunden. Nun steht die Gruppe der weit gefährlicheren MRGN (multiresistente gramnegative Keime), die meist im Darm siedeln, im Fokus, denn gegen sie gibt es bislang nur wenige wirksame Medikamente mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen. Dennoch hält Dr. Hausinger die Erreger in Schach: "Unsere Patienten erhalten ein spezielles Duschgel für die Zeit ihres Aufenthaltes", erklärt er. Damit würden vor allem die gefährlichen, weil resistenten, Keime auf der Haut abgewaschen oder zumindest reduziert.

Erstaunlich sein Fazit: "Die Patienten , auch wenn sie das Bakterium einschleusen, sind nicht das Problem." Das Klinikpersonal nimmt Hausinger in die Pflicht, sich ständig die Hände zu desinfizieren. Besonders im Visier dabei, die Fingerkuppen, wo die meisten Bakterien sitzen. Alle Kollegen, die mit Patienten in Kontakt sind und ergo mehrmals täglich Händedesinfektion durchführen müssen, dürfen keinen Schmuck und Uhren tragen. "Steht in der TRBA", sagt Dr. Hausinger, der ebenfalls schmucklos (die Armbanduhr in der Hosentasche) zum Arbeitsplatz kommt.

TRBA heißt "Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe", unter Nr. 250 sind die Feinheiten geregelt, "auch Nagellack oder künstliche Fingernägel sind nicht erlaubt".

Saubere Böden

OP-Werkzeuge müssen ein- wandfrei sterilisiert sein. Seit 2009 hat die Klinik wieder ihre eigene Sterilisationsabteilung. "Mit dem externen Betrieb gab es immer wieder Diskussionen über die Qualität." Und die Sauberkeit auf den einzelnen Stationen wird kontrolliert.

Dabei wird Dr. Hausinger von seinem Team unterstützt, die Hygienefachkräfte Gerd Momper und seit letztem Jahr die ehemalige Pflegekraft Alexandra Kreutzer. Sie untersuchen Schränke oder Fußböden auf Sauberkeit. Am Boden abgestellte Gegenstände - ganz wichtig - "sind verboten", sagt Hausinger. Material wie Verbände etwa werden auf Alter und sachgemäße Lagerung überprüft. In unregelmäßigen Abständen begleitet auch ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes die Rundgänge. Drei bis fünf Kilometer läuft er schon täglich ab, schätzt Hausinger. Ein weiterer Aufgabenbereich ist die Trinkwasserkontrolle. An rund 150 Wasserstellen werden Proben entnommen, schätzt Dr. Hausinger. Mitarbeiter Momper absolvierte eine Zusatzausbildung und zieht einmal jährlich Wasserproben. Dabei flammt er jeden Wasserhahn mit einem Bunsenbrenner ab, um außen anhaftende Bakterien abzutöten, lässt anschließend das Wasser laufen, bevor er die Probe entnimmt, die dann zu einem externen Institut eingeschickt wird.

Vor sechs Jahren startete die Zusammenarbeit mit der europaweit tätigen Firma Nanopool aus Schwalbach, die mit ihrem "Liquid glass system" Objekte beschichtet und damit die Vermehrung von Keimen stoppt. In den SHG-Kliniken werden nach wie vor alle glatten Edelstahlflächen mit dem Material, eine Art flüssigem Glas, beschichtet.

Kampf gegen Umbau-Staub

Immer wieder wird in den SHG-Kliniken gebaut und umgebaut. Für geschwächte Patienten könnte es kritisch werden, wenn Staub und Dreck durch die Luft fliegen. Dr. Hausinger sorgt dafür, dass alle betroffenen Baustellen abgeschottet werden, etwa mit extra aufgestellten und staubdicht abgeklebten Staubwänden. Aktuell sind die Umbauten für den Umzug der kompletten urologischen Funktionsabteilung in vollem Gang.

Regelmäßig bietet Dr. Hausinger mit seinen Mitstreitern "Hygienetage" für Kollegen an: Mitte Oktober und Anfang November ist es wieder soweit. Das Thema, wen wundert's: "Aktion saubere Hände".

Zum Thema:

 Gerd Momper und Andrea Kreutzer gehören zum Hygiene-Team. Foto: SHG-Kliniken

Gerd Momper und Andrea Kreutzer gehören zum Hygiene-Team. Foto: SHG-Kliniken

Foto: SHG-Kliniken

Auf einen Blick In Deutschland gibt es rund 500 000 Krankenhaus-Infektionen pro Jahr, berichtet das Robert-Koch-Institut , die zentrale Einrichtung der Krankheitsüberwachung. Multirestistente Erreger sind an etwa 29 000 Infektionen beteiligt. In 1500 Fällen seien die Bakterien gegen fast alle Antibiotika resistent. Pro Jahr sterben bis zu 15 000 Menschen an Krankenhausinfektionen. red

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