Mitarbeiter brauchen einen klaren Kopf

Völklingen · Klar denken, sag' nein zur Sucht! Unter diesem Motto veranstaltete nun Saarstahl einen Suchtpräventionstag für Azubis, Ausbilder und Führungskräfte. Unsere Zeitung hat bei der Veranstaltung Mäuschen gespielt.

 Mit simulierten 1,1 Promille, die Wahrnehmung getrübt durch eine so genannte Rauschbrille, schnitten alle Teilnehmer beim Lichter-Test deutlich schlechter ab. Foto: Saarstahl AG

Mit simulierten 1,1 Promille, die Wahrnehmung getrübt durch eine so genannte Rauschbrille, schnitten alle Teilnehmer beim Lichter-Test deutlich schlechter ab. Foto: Saarstahl AG

Foto: Saarstahl AG

Vor der Ausbildungswerkstatt der Saarstahl AG in Völklingen haben Ausbildungsmeister mit ihren Azubis eine "Wunderbar" eingerichtet. Wunderbar heißt, hier gibt es Cocktails, Caipirinha, Pina Colada, Spring Paradise und so fort, auf Eis, gerührt oder geschüttelt mit frischen Zutaten, alle alkoholfrei. Will heißen: Feiern kann man auch ohne Sprit, "schmeckt prima", lautet das Urteil.

"Ist ja nicht so, dass wir im Unternehmen ein riesiges Suchtproblem hätten", sagt Personalchef Jörg Disteldorf. Aber: "Wir sind Teil der Gesellschaft, und da kommen solche Probleme leider immer wieder hoch." Als Produktionsunternehmen habe Saarstahl die zwingende Pflicht, seiner Belegschaft ein Höchstmaß an Arbeitssicherheit zu bieten. - Aktuell bildet das Unternehmen 247 junge Menschen in insgesamt 16 Metall- und Büroberufen aus.

Heute lauern viele Gefahren

Waren es in früheren Jahrzehnten vielleicht nur die Bier trinkenden Mitarbeiter, hat die moderne Gesellschaft eine Vielfalt von Süchten und Abhängigkeiten produziert. Regine Kircher-Zumbrink, Diplom-Sozialarbeiterin und Suchttherapeutin bei Saarstahl, nannte in ihrem Vortrag vor den Azubis etliche Süchte und Verhaltensweisen, die abhängig machen können.

Ihr "Suchtsack" enthielt Hinweise auf Alkohol , Cannabis, synthetische Drogen, auf Klebstoffe mit krank machenden Lösungsmitteln, auf Internet-, Spiel-, Kauf- oder Magersucht. "Ganz gleich, um welche Suchtmittel es geht, die Auswirkungen sind immer ähnlich: Sie vernebeln die Sinne, verhindern das klare Denken und verursachen enorme gesellschaftliche und betriebliche Folgekosten", so Kircher-Zumbrink.

In erster Linie, so ihre Aussage, werde, neben dem persönlichen Wohlergehen Betroffener, auch die Gesundheit, ja sogar das Leben von Kollegen gefährdet. Bei geschätzten zehn bis 30 Prozent aller Arbeitsunfälle spiele (nach Studien der Berufsgenossenschaft "Holz und Metall") beispielsweise Alkohol eine Rolle. Nachweisbar ist offensichtlich auch ein Zusammenhang zwischen Fehlzeiten, Produktivitätsverlust, volkswirtschaftlichen Kosten und Abhängigkeiten.

Aus diesem Grund habe sich, so Personalchef Disteldorf, das Unternehmen für den ersten Suchtpräventionstag in Zusammenarbeit mit "PrevWork" entschieden, deren Konzept in Schulungen für Azubis, ihrer Ausbilder und auch für Führungskräfte besteht. Mit ins Boot hat sich Saarstahl auch den "Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr" geholt, deren Mitarbeiter mitten in der Lehrwerkstatt eine "Touch-Wall" aufgebaut haben.

Reaktionsfähigkeit lässt nach

Das neudeutsche Wort Touchwall bezeichnet eine Schalttafel, auf der zwei Kontrahenten innerhalb einer ganz kurzen Frist von 30 Sekunden unzählige Leuchtsignale mit den Fingern auslöschen, zuerst nüchtern, dann mit Rauschbrille, die die Wahrnehmung verschleiert. Das Ergebnis überrascht nicht: Mit simulierten 1,1 Promille (wegen der Rauschbrille) schneiden alle Teilnehmer deutlich schlechter ab.

Urteil Lars Degen: "Mit Brille ist das Sichtfeld klar eingeschränkt." Timo Ahr ergänzt: "Alle Reaktionen sind unsicherer und langsamer als mit klarem Kopf." Neben den persönlichen Auswirkungen für Mitarbeiter, Kollegen und Familien berühre das Thema Sucht auch Fragen des Arbeitsrechtes, des Straßenverkehrsrechtes wie auch des Strafrechtes, die ebenfalls Teil von PrevWork seien, betonte Sozialarbeiterin Kircher-Zumbrink.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort