Leserbriefe zum Thema Röchlinghöhe

Röchlinghöhe · Reinwaschen kann sich niemand

 Stadtratssitzung im Belagerungszustand: Im Juni 2012, als die Stadtteilnamen-Debatte ihren hitzigen Höhepunkt erreichte, besetzten Verfechter des Namens „Hermann-Röchling-Höhe“ die Bühne der Wehrdener Kulturhalle. Ernste Mienen bei Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU, vorn, links) und Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU, vorn, Dritter von links). Anfang 2013 strich der Rat den Vornamen „Hermann“. Archivfoto: Jenal

Stadtratssitzung im Belagerungszustand: Im Juni 2012, als die Stadtteilnamen-Debatte ihren hitzigen Höhepunkt erreichte, besetzten Verfechter des Namens „Hermann-Röchling-Höhe“ die Bühne der Wehrdener Kulturhalle. Ernste Mienen bei Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU, vorn, links) und Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU, vorn, Dritter von links). Anfang 2013 strich der Rat den Vornamen „Hermann“. Archivfoto: Jenal

Zum Artikel "Zurück zur ‚Bouser Höhe'?" - SZ vom 20. Oktober

Diese Bürgerinitiative will nach eigenem Bekunden gegen das Vergessen und die Gleichgültigkeit kämpfen, so auch ihr Name. Nur - was will und was wird sie eigentlich erreichen dadurch, dass der Name oder, noch besser, das Wort "Röchling" verschwinden soll? Er, es wird vergessen werden. Und damit betreibt und bewirkt die Initiative das Gegenteil dessen, wofür sie angeblich kämpft. Völklingen und Röchling gehören zusammen, mit allem Hellen und allem Dunklen; es ist eine Geschichte, die beide braucht, die erzählt und im Bewusstsein erhalten werden muss. Und wenn ein Stadtteil nach "ihm" benannt ist, ist das gut so und keine Schande. Oder wer hat sich eigentlich geschämt dafür, bei "ihm" gearbeitet zu haben, mit "ihm" und seinem Namen ein ganzes Arbeitsleben und darüber hinaus verbunden gewesen zu sein? Und wer hat die Konsequenzen daraus gezogen?

Das ist es aber nicht, was diese Initiative will. Ihr Hauptanliegen ist es, uns "Jüngeren" (ich bin Jahrgang 1950) weiszumachen, dass es nur "er" war, er ganz alleine und sonst niemand. Das hat Tradition in Deutschland: Nach dem 8. Mai 45 war der Blick nach vorne angesagt, man wollte nicht ständig an das Vergangene erinnert werden, an das eigene schlechte Gewissen, an das Bewusstsein, als Mitläufer auch Mitwisser und damit Mittäter gewesen zu sein, sich nicht herausreden zu können mit dem Scheiß-Satz "Wir haben nichts gewusst". Das galt damals, und es gilt heute. Mit "dem Röchling" glaubt man, ihn zu haben, den allein Schuldigen, den allein Verantwortlichen, auf den man bequem alles schieben und abladen kann und mit dessen Verschwinden man endlich wieder sauber ist, reingewaschen und unschuldig. Das war man ja eigentlich immer schon, oder etwa nicht? Nein, war und ist man nicht. Und wer glaubt, Geschichte ausradieren und sie ungeschehen machen zu können dadurch, dass man sie umbenennt, irrt, und zwar gewaltig.

Hermann Braun, Völklingen

Umbenennung war rechtswidrig

Zum Artikel "Zurück zur ‚Bouser Höhe'?" - SZ vom 20. Oktober

Zum besseren Verständnis des Begehrens auf Rückbenennung möchte ich auf folgende Tatsache aufmerksam machen, die bei der Diskussion bisher noch nie ausreichend zur Kenntnis genommen wurde. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg verfügten die französischen Behörden die Umbennenung aller Straßennamen mit Bezug zum Naziregime und deren Protagonisten. Am 21. Juni 1956, als die Rückgliederung absehbar war, verabschiedete das saarländische Innenministerium einen Erlass, wonach diese umbenannten Straßen wieder rückbenannt werden dürften, sofern es sich nicht um "Verherrlichung nationalsozialistischer Persönlichkeiten" (Zitat) handele. Da Hermann Röchling zu diesem Zeitpunkt als in Rastatt verurteilter Kriegsverbrecher, im Übrigen zum zweiten Mal nach seiner Verurteilung nach dem Ersten Weltkrieg, genau als solcher anzusehen war, setzte sich der Beschluss des Völklinger Stadtrates vom 13. August1956 darüber rechtswidrig hinweg. Man darf trefflich darüber diskutieren, welche politische Grundeinstellung diejenigen Stadtratsmitglieder hatten, die bei dem Beschluss für eine Mehrheit sorgten. Die Demokratie bietet eben auch Spielraum für Antidemokraten, siehe NPD , Pegida und AfD. Es wäre gut, wenn der heutige Stadtrat den rechtswidrigen Beschluss seiner ignoranten und wenig rechtstreuen Vorgänger schnellstens revidieren würde.

Werner Michaltzik, Völklingen

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