Der Meister legt die Schere weg

Altenwald · 1918 eröffnete der Friseursalon Wächter in Altenwald. Seither war das Geschäft in Familienhand. Doch in wenigen Wochen endet diese lange Ära. Denn der jetzige Chef geht in Rente.

 Friseurmeister Michael Wächter mit seiner Nachfolgerin Susanne Holzmann. Foto: Thomas Seeber

Friseurmeister Michael Wächter mit seiner Nachfolgerin Susanne Holzmann. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

In Altenwald kennt ihn so ziemlich jeder, und er kennt die Altenwalder, war er doch jahrelang fürs gute Aussehen der Einwohner zuständig. Doch in wenigen Wochen legt Michael Wächter die Friseurschere aus der Hand. "Ich habe dann fast 50 Jahre lang Haare geschnitten und war in diesem Beruf immer zufrieden. Doch jetzt freue ich mich auch auf den Ruhestand ", erklärt der 63-Jährige. Dann will er es erst einmal etwas ruhiger angehen lassen, mit seinem Hund mehr verreisen und ausgedehnte Wanderungen unternehmen. Doch um ihre Köpfe muss sich die Kundschaft aus Altenwald und Umgebung weiterhin keine Gedanken machen. Denn der Salon in der Ortsmitte und der Name Wächter bleiben erhalten.

Mit Susanne Holzmann übernimmt eine langjährige Mitarbeiterin das Geschäft. Die Altenwalderin hat sich von der Auszubildenden bis zur Meisterin ihres Faches hochgearbeitet. Doch eine fast 100-jährige Friseur-Dynastie endet am 31. Dezember. Denn die Familie Wächter ist mit dem Handwerk und der Dorfgeschichte fest verwachsen.

Am 1. Juli 1918 eröffnete Michael Wächters Großvater Peter mit Erlaubnis der "Barbier-, Friseur- und Perückenmacher-Innung" einen Herrensalon in der Grubenstraße 4. Schließlich übernahm Michael Wächters Vater Fernando 1955 den Salon. Bei den Kunden war er wegen seiner Herzlichkeit sehr beliebt, schnitt selbst noch bis 1989 Haare und föhnte Dauerwellen . Eine neue Ära in der Altenwalder Friseurgeschichte stand dann mit dem nächsten Generationenwechsel vor fast genau 35 Jahren an. "Ich habe das Handwerk von klein auf miterlebt, war schon in jungen Jahren sehr oft im Geschäft mit dabei. Da war klar, dass ich das später weitermachen will", erklärt der heutige Friseurmeister. Mit 14 begann er seine Lehre, arbeitete zunächst in verschiedenen Salons in der Umgebung und als Produktberater für einen großen Friseurbedarfshersteller.

Am 1. Dezember 1981 schließlich eröffnete Michael Wächter mit seiner damaligen Lebensgefährtin den neuen Salon in der Sulzbachtalstraße 312 nur unweit des ehemaligen Stammsitzes. "Ich wollte sprichwörtlich sesshaft werden und mir etwas Eigenes aufbauen. Innerhalb von nur vier Wochen hatten wir damals die ehemalige Volksbank-Filiale umgebaut. Es gab vom Eröffnungstag an viel zu tun. Der Dezember war wegen der ganzen Festlichkeiten sowieso immer ein guter Monat für Friseure . Das ist heute nicht mehr so ausgeprägt", erinnert sich der Chef an alte Zeiten.

Wenn er auf sein Berufsleben zurückblickt, so hat sich im Laufe der Jahrzehnte einiges verändert: "Ein Friseur-Besuch ist, wie alles eben, wesentlich teurer geworden. Die Kunden kommen heute oft in größeren Abständen. Vor allem Frauen; früher meistens alle acht Tage auch zum Waschen und Aufrollen, nun in der Regel zum Schneiden, Färben oder für Strähnen." Interessant ist der Trend auch bei den Herren: "Männer kommen mittlerweile häufiger zum Schneiden. Das hängt aber auch mit den Kurzhaarfrisuren der heutigen Zeit zusammen."

Mit einem Vorurteil räumt der Meister auch noch auf: "Vor allem junge Kunden lassen die Finger weg von Schere und Rasierer. Die legen großen Wert auf einen akkuraten Schnitt. Früher musste es nicht so genau sein."

Und nun ist wirklich Schluss? Michael Wächter lächelt und sagt: "Na, vielleicht darf ich ja ab und an nach der Salon-Übernahme noch mal als Aushilfs-Kraft in Stoßzeiten ran."

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