„Hinnahof“ mit „15-Meter-Yacht“

St Johann · Eine Laube, ein Boot, zwei Wüsten-Lkws, ein Brunnen, Sonnenschirme, Flaggen, Stühle, Tische, Bänke, Bäume, Kräuter, Tomaten und Salat – das alles gehört zur Wohlfühllandschaft im Hof von Roman Conrad.

 Roman Conrad auf seiner „15-Meter-Hinnahof-Yacht“. Foto: Oliver Dietze

Roman Conrad auf seiner „15-Meter-Hinnahof-Yacht“. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

"Ich hab' einfach zwei Handvoll mehr Freunde als andere", sagt Roman Conrad (41) und grinst breit in die Richtung seiner Freunde, die es sich im Schatten seiner Gartenlaube gemütlich gemacht haben. Möglich, dass Conrad deshalb so beliebt ist, weil er einer ist, der gerne teilt. So wie seinen Hinterhof in der Mainzer Straße 193. Dort, wo andere hohe Hecken oder Zäune ziehen, um in ihrem Garten ihre Ruhe zu genießen, streckt bei ihm eine grüne Figur ein "Geöffnet"- Schild in die Luft.

"Viele meiner Freunde", sagt er, "wohnen mitten in der Stadt, meist ohne Garten oder Balkon. Ich hab' viel Platz, und bei mir können sie draußen sitzen und die Ruhe im Grünen genießen." Tatsächlich ist der "Hinnahof", wie Conrad ihn nennt, viel mehr als nur grün. Das kunterbunte Sammelsurium wirkt eher so, als hätte sich hier eine Hippie-Kommune breitgemacht. Zwei alte Wüsten-Lkws begrenzen die eine Seite, ein Brunnen und Sonnenschirme stehen mittendrin, darüber wehen die Flaggen von St. Pauli und Tibet.

Dazwischen stehen Stühle, Tische, Bänke und Bäume , in mehreren Beeten sprießen Gartenkräuter, Tomaten, Salat und Erbsen. Genauso bunt wie sein Hinterhof ist auch Conrads Berufsleben. Er ist gelernter Schlosser - "das hab' ich noch so richtig auf der Grub' gelernt" - und Altenpfleger. Danach verdiente er sein Geld als Technoparty-Veranstalter, war DJ und Clubbetreiber, bis er als Gastronom von 2006 bis 2010 das Silo im Osthafen übernahm und später zwei Jahre lang das Dock IV, Saarbrückens einzige Hafenkneipe, führte.

Mittlerweile hat er zwei Gast-Semester an der HBK Saar hinter sich und beginnt im Oktober ein Studium im Fachbereich "Freie Kunst". In einer Ecke steht ein Boot, das noch aus seiner Silo-Zeit stammt. "Die Lkws waren mal ein Hobby von mir. Urban Gardening ist jetzt eine Leidenschaft, und das Boot hatte ich am Silo. Damals bin ich oft mit der Nussschale auf der Saar gefahren. Dann war es aber nicht nur ein kleines Boot, sondern in meiner Fantasie eine 15-Meter-Monaco-Yacht", sagt er schmunzelnd. Das Einzige, das hier keine Farbe trägt, ist Conrad selbst. Ganz in Schwarz trotzt er mit Filzhut der Sommerhitze. Als er sich vor drei Jahren hier einmietete, lag die Fläche noch brach. "Zuerst musste ich im Haus viel machen, alle Stromleitungen erneuern und anderes. Danach hab' ich den Gemüsegarten am Haus angelegt. Als ich damit fertig war, wollte ich einen Park. Meine Vermieter fanden die Idee super und ließen mich machen. Heute treffen sich hier coole Leute zum kalten Getränk. Oder wir grillen. In fünf Minuten hab' ich den frischesten Salat auf dem Tisch, den man sich vorstellen kann", sagt er zufrieden. Ein wenig Urlaub, ein wenig Ruhe von der Stadt, will er seinen Freunden im "Hinnahof" bieten: "Ich komme vom Land aus Überherrn. Unser Freizeitprogramm damals bestand daraus, dass wir uns mit einem Kasten Bier in einer Garage getroffen haben. Wir haben an unseren Mopeds geschraubt und uns unterhalten. Heute machen wir das hier genauso. Der eine bastelt am Moped oder Fahrrad rum, daneben stehen die Dummfurzer, die die Bemühungen mit ,Mir han das früher so gemacht' quittieren."

Der 41-Jährige lacht. "Ganz ehrlich", sagt er, "mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein!" Und wenn sich ein Fremder hierher verirrt? "Dann darf er sich dazugesellen. Sofern er zu uns passt."

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