Flüchtlinge lernen in Saarbrücken fürs neue Leben

St Johann · Sie gingen zur Schule, und das mitten in den Ferien. Kurz bevor die zu Ende sind, ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. 20 Flüchtlinge und Neu-Saarbrücker büffelten zwei Wochen lang, damit sie besser in der neuen Heimat ankommen. Ankommen heißt denn auch eine Initiative, die das alles ermöglicht hat.

 Junge syrische Flüchtlinge haben Spaß am Englisch-Unterricht, den ihnen das Netzwerk Ankommen bietet. Foto: Oliver Dietze

Junge syrische Flüchtlinge haben Spaß am Englisch-Unterricht, den ihnen das Netzwerk Ankommen bietet. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Eigentlich eine ganz normale Situation: Kinder und Jugendliche, Tische, Stühle und Unterrichtsmaterialien. Aber etwas ist anders. Es sind noch Ferien. Und die Schüler sind junge Flüchtlinge .

Es handelt sich um den Ferienkurs des ehrenamtlichen Netzwerks "Ankommen", einer Bürgerinitiative, die Flüchtlinge aus mehreren Ländern betreut. Acht Lehrkräfte unterrichten Jugendliche von der fünften bis zur elften Klasse in kleinen Gruppen. Die Idee hatte die 14-jährige Batuol. Sie kam im vergangenen Jahr mit ihrer Familie aus Syrien. Dort sei sie die Klassenbeste gewesen, erzählt sie. In Deutschland habe sich das geändert. Die Sprachbarriere sei besonders am Anfang einfach zu hoch. "Daher hatte ich die Idee, dass man die Ferien ja auch nutzen könnte, um noch zusätzlich zu lernen", sagt sie.

20 Schülerinnen und Schüler lassen sich zwei Wochen lang freiwillig von ehrenamtlichen Lehrkräften in Mathe und Englisch unterrichten.

Martina Westhäuser, eine der Initiatorinnen des Projekts, erklärt: "Es ist zum Beispiel in Mathe schwierig, komplexe Zusammenhänge zu durchschauen, wenn man die Sprache noch nicht so gut versteht." Dort, so Westhäuser, soll das Projekt ansetzen. Dass es dazu kam, macht Batuol sehr froh.

Überhaupt habe sie seit ihrer Ankunft viel Unterstützung erfahren: "Ich bin Deutschland sehr dankbar. Alle Leute haben uns hier geholfen, zum Beispiel unsere 82-jährige Nachbarin mit ihrer Familie."

Ähnliche Erfahrungen hat der 15-jährige Syrer Khalil gemacht, der sich nach einer beschwerlichen Reise mit Aufenthalten in der Türkei und Bulgarien in Deutschland gut aufgenommen fühlt.

Vier Sprachen habe er gelernt, erklärt er, zwei davon auf dem Weg nach Deutschland. Khalil gehört zu denen, die schon vergleichsweise gut deutsch sprechen. Oft springt er für andere als Dolmetscher ein, wenn der ehrenamtliche Übersetzer nicht in der Nähe ist. Von Sprachen hat er noch immer nicht genug: "Als Nächstes will ich Französisch und Spanisch lernen. Sprachen und Sport, das liebe ich", sagt Khalil. Besonders gern spiele er Basketball und Fußball. Auch Krafttraining gehört zu seinen Hobbys. Momentan besucht er an fünf Tagen pro Woche vier bis fünf Stunden den Unterricht im Lehrinstitut LOS am Beethovenplatz.

Auf die Frage, ob er nicht lieber Fußball spielen würde, antwortet er: "Auf keinen Fall. Meine Mitschüler wundern sich, wenn ich sage, dass ich in den Ferien hier zum Unterricht gehe. Aber ich will jetzt lernen, und in den nächsten Ferien kann ich dann andere Sachen machen. Außerdem sind hier im Kurs viele nette Leute."

Martina Westhäuser hofft, dass das Projekt durch diese positiven Erfahrungen noch einige Nachahmer findet. "Ideal wäre natürlich, wenn auch Schulen solche Angebote machen würden."

Sie baut auf die Unterstützung der Landesregierung, damit der nächste Sommerkurs in einem größeren Rahmen organisiert werden kann. An Motivation fehlt es den Jugendlichen jedenfalls nicht. Batuol beispielsweise arbeitet auf ein Ziel hin: "Mein Traum ist es, eines Tages Kinderärztin zu werden." Mit dem Sommerkurs ist sie dem zumindest einen kleinen Schritt nähergekommen.

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