Frust beim Fasten muss nicht sein

St Johann · Fasten hat viele Facetten. Die einen lassen das Auto stehen, andere entsagen dem Essen. Wir fragten Leute, die sich im Verzicht üben und erfuhren von ihnen, warum weniger mitunter mehr ist. Und wir hörten, was den Erfolg gefährden kann.

 Und das soll reichen? Dieser Herr ist offensichtlich noch in der schweren Fasten-Startphase. symbolFoto: Fotolia/Olly

Und das soll reichen? Dieser Herr ist offensichtlich noch in der schweren Fasten-Startphase. symbolFoto: Fotolia/Olly

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"Gefastet wird nicht. Wir haben höllisch zu tun." Die Stimme übertönt mit Mühe den fröhlichen Hintergrundlärm. In diesem Saarbrücker Café ist ganz schön was los. Kunden ordern Torten, Kuchen, Petits Fours. Auch in der Fastenzeit . Konditor Andreas Dausend, der stellvertretende Landesinnungsmeister, fastet nicht. Er sieht fast zwei Wochen nach Aschermittwoch keine Anzeichen für massenhaften Verzicht. "Ich habe nicht den Eindruck, dass Umsätze wegbrechen, wenn die tollen Tage vorbei sind." Dabei ändern sich die Kundenwünsche in diesen Wochen durchaus. "Die Kundschaft greift eher zum Obstkuchen als zur Sahnetorte."

Schwester Teresa hebt im Kloster am Rande der Stadt den Hörer ab. Ihr und den Mitschwestern liegt viel an der Fastenzeit als Vorbereitung auf Ostern, "ähnlich wie auf Weihnachten". "Das Wichtigste ist es, in verschiedenen Bereichen bewusst einfach zu leben, zufriedener zu sein mit wenigem - nicht bloß beim Essen."

Die Nonne hält nichts von spektakulären Aktionen, sondern vom geschärften Blick auf die kleinen Dinge des Alltags. "Es geht darum, liebevoller, aufmerksamer und geduldiger im Miteinander zu sein." Für Schwester Teresa ist jetzt vor allem eine Zeit, das eigene Anspruchsdenken zu hinterfragen. "Das kann man immer."

Und das wollen viele. Jürgen Born von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Riegelsberg hat das Fastenprogramm nicht zuletzt für Teilnehmer aus Saarbrücken zusammengestellt. "Wir sind nahe am Rastpfuhl und gut mit der Saarbahn zu erreichen."

Angekommen ist die Fastenreihe bislang gut. Über die biblischen und geschichtlichen Wurzeln der Fastenzeit sprach zum Auftakt am 11. Februar Dechant Franz-Josef Werle. Fast 40 Leute waren da, als es vorigen Montag um "Fasten für Körper und Seele" ging. Für Born ist Fasten ein Mittel gegen die Hektik. "Die Zeit rennt, und wir rennen mit." Auswege zu zeigen sei Ziel der KEB-Reihe.

Das Medizinische bis hin zur Frühjahrskur mit Heilkräutern komme keineswegs zu kurz. Für Born bedeutet Fasten, "zur Ruhe kommen, in sich zu gehen, sich etwas aufzuerlegen, auf Süßigkeiten zu verzichten".

Metzgerei-Geschäftsführer Ralf Konrad sieht bei der Kundschaft keinen Trend zum Verzicht in der Fastenzeit . "Das Einkaufsverhalten ändert sich nicht, und an den Umsätzen ist davon nichts zu spüren."

Schwankungen hätten mit anderen Dingen zu tun, zum Beispiel mit den Zahltagen oder dem Wetter. Die guten Seiten des Fastens kennt Konrad ebenso wie die Mühen des Anfangs. "Man muss die ersten drei bis vier Tage durchhalten."

Die Belohnung lasse nicht lange auf sich warten. "Das Allgemeinbefinden bessert sich nach einigen Tagen. Wer fastet, wird lebendiger und klarer im Kopf. Und er benötigt weniger Schlaf. Fasten entgiftet und hilft bei der Zellerneuerung." Konrad fastete schon bis zu 13 Tage lang. Aber dafür brauche er definitiv Ruhe. Sonst werde das nichts mit dem Verzicht.

Weitere Infos zum KEB-Fastenprogramm bei Jürgen Born, Tel. (0 68 06) 26 62.

Am Fasten scheiden sich die Geister


Mit dem Fasten verbinden die Teilnehmer unserer Umfrage Erfolge und Niederlagen, Gewichtsabnahme und nervige Jojo-Effekte. Das erklärt die Bandbreite von der Zustimmung bis zum resignierten Abwinken.

Saarbrücken. "Also ich faste nicht", sagt Norbert Kern. Der Rentner, den wir beim Bummeln in Saarbrücken trafen, findet es aber in Ordnung, dass andere es tun. "Einige meiner Bekannten fasten und wollen mich überreden, es mal zu versuchen. Aber sie haben keine Chance", sagt der 58-Jährige.

Christine Klippert arbeitet in einem Bioladen: "Ich habe schon gefastet, aber im Urlaub. Auf der Arbeit brauche ich Kraft, um Kisten zu heben und die Regale einzuräumen. Ohne feste Nahrung verliert man einfach die körperliche Energie", sagt die 55-Jährige.

Die Naturkostfachberaterin empfiehlt, sich aufs Fasten gut vorzubereiten. Wer unsicher sei, könne die Fastenkur mit Unterstützung eines Heilpraktikers beginnen.

Seit November schon tritt Peggy Leder beim Essen kürzer: "Bisher nahm ich zehn Kilo ab. Ich esse morgens eine Scheibe Dinkelvollkornbrot mit Quark und Beeren, vormittags einen Joghurt, mittags Gemüse, dann einen Apfel und abends noch etwas Warmes mit Fleisch oder Fisch", sagt die Kosmetikfachwirtin (40). "Früher habe ich regelmäßig gefastet", sagt Julia Draing (31), Studentin aus Saarbrücken. "Mir war es wichtig, selbst gesteckte Ziele zu erreichen. Dabei habe ich oft auf Süßigkeiten verzichtet, aber auch auf Fleisch oder Alkohol", sagt sie. Da sie nach dem Fasten aber häufig schnell zugenommen habe, falle das Verzichten dieses Jahr flach.

Harald Nalbach ist 77 Jahre alt. Er verkneift sich Süßigkeiten und fettes Essen. "Auf Kuchen zu verzichten ist für mich besonders schwer. Aber um der Diabetes vorzubeugen, sollte man nicht zu viel Zucker essen." Für ihn habe das Fasten religiöse und gesundheitliche Gründe. Ähnlich sieht es Ulrike Bosslet (55), der das Fasten besonders auf der Arbeit schwerfällt. Die Bäckereifachverkäuferin will auf Zucker verzichten. "Er ist ungesund und sogar in Wurst drin." Sie sieht im Fasten sowohl den gesundheitlichen als auch den religiösen Aspekt.

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