Wie der „Pfandsammler“ Literatur wird

Saarbrücken · Kevin Höhn, Linus I. Molitor und Daria Kramskaja sind die Gewinner des Hans-Bernhard-Schiff-Preises 2016. Am Mittwoch war die feierliche Preisverleihung im Rathaus-Festsaal.

 Kulturdezernent Thomas Brück (2. v. l.) überreichte die Preis-Urkunden an Linus I. Molitor, Kevin Höhn und Daria Kramskaja (von links). Foto: Iris Maurer

Kulturdezernent Thomas Brück (2. v. l.) überreichte die Preis-Urkunden an Linus I. Molitor, Kevin Höhn und Daria Kramskaja (von links). Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Zur Tradition des Hans-Bernhard-Schiff Preises gehört, dass er im Monat Dezember feierlich im Festsaal des Rathauses St. Johann verliehen wird - so am Mittwochabend geschehen. Außerdem steht dieser renommierte Literaturpreis der Landeshauptstadt Saarbrücken in jedem Jahr unter einem bestimmten Motto aus dem Werk von Hans-Bernhard-Schiff, in diesem Jahr lautete es "Kein Tag gleicht dem anderen". Desweiteren richtet sich der Preis an Verfasser, die aus der Region stammen und deren Werke einen Bezug zur Saar-Lor-Lux-Region haben.

Eine weitere Tradition des Preises ist, dass die Autoren ihn mehrfach gewinnen können. So hat die diesjährige Nachwuchspreisträgerin Daria Kramskaja ihn bereits das zweite Mal gewonnen, Kevin Höhn sogar das dritte Mal. Selbst einer der fünf Mitglieder des Stubbi-Oberwasser-Trios, das den Abend musikalisch gestaltete und wahre Entertainer-Qualitäten besitzt, war schon Förderpreisträger. Lediglich der Preisträger Linus I. Molitor aus Luxemburg war für die Zuhörer eine Neuentdeckung.

Die Geschichten der drei Preisträger haben gemeinsam, dass sie Tiefgründigkeit, aber auch eine gewisse Schwere besitzen. Daria Kramskajas Geschichte "Das offene Fenster" erzählt von den schwierigen Umständen ihrer Geburt in Sewastopol, entführt die Zuhörer in das Leben ihrer Mutter. Wie sehr die Geschichte tatsächlich auf der Biographie der Studentin der Kunstgeschichte an der Universität Trier beruht, bleibt offen. Der Laudator Hermann Gätje, Mitglied der Jury der Preisverleihung, lobte nicht nur die stimmigen Dialoge und das Zeitkolorit der Geschichte. "Mit ihrem ersten Satz erzeugt Daria Kramskaja Spannung von Anfang an".

Einer der beiden Hauptpreisträger ist Kevin Höhn. Er hat in diesem Jahr sein Studium der Kulturwissenschaften in Saarbrücken abgeschlossen, lebt mittlerweile in Köln. Kevin Höhns Geschichte "Kitsune = Fuchs" beschreibt vordergründig eine surreale Welt, in der die Menschen von Puppen begleitet werden. "Ihm gelingt es, mit nur wenigen Sätzen eine fiktionale Welt entstehen zu lassen", war dann auch das Lob von Johannes Birgfeld, ebenfalls Mitglied der Jury. Das Besondere an Höhns Text ist jedoch, dass er trotz des bizarren Rahmens eigentlich eine tragische Liebesgeschichte zu einer Selbstmörderin erzählt.

Der zweite Hauptpreisträger des Abends ist Linus I. Molitor aus Luxemburg. Sein Laudator, Jurymitglied Klaus R. Ecke, hob hervor, dass seine zusammenhangslosen Episoden fesseln. "Der Autor beschreibt, zeigt, weist auf etwas hin. Nicht mehr und nicht weniger", erläuterte er. Jedoch sind die tagebuchartigen Beobachtungen des Treibens an einem Busbahnhof sogar noch mehr. Denn Linus I. Molitors Beschreibungen sind auch ein kritischer Blick auf die Zustände unserer Gesellschaft. Und ihm reichen dazu nur einzelne Worte wie "Pfandsammler", "Turnhallen-Problem" oder "Erstaufnahmestelle", um den Zuhörer darauf aufmerksam zu machen.

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