Bei King Kong ist die Größe egal

Saarbrücken · Regisseur Klaus Gehre macht in seinem Live-Film in der Sparte4 fehlende Zentimeter mit dem gezielten Einsatz einer Videokamera wett.

 Das schuhkartongroße Kinogebäude ist Klaus Gehres Lieblingsteil in seiner Miniatur-Kulisse für „KingKong #weissefrau“. Foto: Oliver Dietze

Das schuhkartongroße Kinogebäude ist Klaus Gehres Lieblingsteil in seiner Miniatur-Kulisse für „KingKong #weissefrau“. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Aus dem Theaterraum der Sparte4 sind Bohrgeräusche zu hören. Drinnen kniet Regisseur Klaus Gehre auf dem Boden und schraubt Holzbretter an die Wand des Zuschauerraums. "Das soll ein ausklappbarer Tresen werden", erklärt Gehre und testet dabei, ob die Scharniere funktionieren. Das tun sie. Für eine Kulisse, an der später fünf Schauspieler Platz finden sollen, ist der knapp 25 Zentimeter breite Tresen aber zu klein. Trotzdem gehört er in Gehres Stück schon zu den größten Elementen des sogenannten Bühnenbildes.

Denn in "KingKong #weissefrau", in dem der gebürtige Sachse Klaus Gehre Film und Theater verbindet, spielen Größenverhältnisse durch den gezielten Einsatz von Videokameras keine Rolle mehr. Ihr Zoom setzt neue Maßstäbe. Das ist Gehres Spezialität als Regisseur, von der sich das Saarbrücker Publikum schon in "Titanic" ein Bild machen konnte. Requisiten und Kulisse müssen dafür aber umso detaillierter gestaltet werden. Als Regisseur macht Gehre vieles selbst und bereitet das Theater so auf die Premiere am Samstag vor.

Wer auf einem der Plätze im Zuschauerraum Platz nimmt, sieht zunächst eine leere Bühne. Er muss im Raum auf die Suche gehen, um das zu finden, was Klaus Gehre die Kulisse nennt. Sie besteht aus einzelnen Objekten - zum Beispiel dem Kinogebäude.

"Das ist mein Lieblingsteil", erklärt der Regisseur und deutet auf ein Modellhäuschen, kaum größer als ein Schuhkarton. "Dort steckt aber auch die meiste Arbeit drin", fügt er hinzu. Gut eine Woche habe er daran gearbeitet, Teile zusammengesteckt, verklebt, bemalt, verkabelt und beleuchtet. Die Filme "King Kong" und "Vom Winde verweht", werden über dem Eingang des Kinos angekündigt. Und sie spielen auch in Gehres Stück eine entscheidende Rolle. "Ich wollte nicht einfach den Film ‚King Kong' nachstellen", erklärt der 47-Jährige. Er habe vielmehr Motive und Themen aus mehreren Filmen zu einer ganz neuen Handlung zusammengefügt. Entstanden ist eine Krimi-Komödie, die in der Symbolik der übergroßen Affenkreatur aus dem Jahr 1933 ihren Ausgang findet. "Obwohl es eine Komödie ist, wird darin nichts umsonst gesagt", erklärt Gehre. Die Anregungen zum Nachdenken seien ernst gemeint, nicht nur, wenn es um rassische Stereotypen geht, sondern auch bei der Frage, wie ein guter Pornofilm sein muss.

"Das Publikum muss entscheiden, was es davon mitnimmt", meint er. Auch die Form des Live-Film-Theaters stellt es vor eine besondere Herausforderung, findet der Regisseur. Denn durch Live-Videos aus sechs Kameras wird die Handlung der Schauspieler zu einer neuen Realität. Gehre greift zu einem kleinen Brettchen, auf das zehn Zentimeter hohe grüne Büschel montiert sind, und hält es vor sein Gesicht. "Ein ganz einfaches Beispiel: Wenn ich hierdurch filme, sieht es aus, als spiele sich das Ganze vor einer Hecke ab", erklärt er. "Die Zuschauer müssen sich permanent entscheiden, wo sie hinschauen. Auf der einen Seite sehen sie die fertige Handlung auf dem Video. Und gleichzeitig sehen sie, wie sie entsteht, also die Realität", sagt Gehre. Dass die entstehende Illusion so gleich wieder dekonstruiert wird, sei das, was diese Form des Theaters ausmacht. "Aber deshalb muss die Kulisse besonders realistisch sein. Sonst kommt dieser Sprung aus der Realität gar nicht zustande."

Seit acht Wochen bewegt sich Klaus Gehre deshalb in der handwerklichen Realität der Sparte4 und probt mit dem Schauspiel-Team. Dabei entfalle ein großer Teil der Zeit auf die richtige Inszenierung, Lichteffekte und Kameraeinstellungen. "Manchmal proben wir zwei Stunden, und es fällt kein einziger Satz", sagt der Regisseur.

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Uraufführung von Klaus Gehles "KingKong #weissefrau" ist am Sonntag, 26. März, 20 Uhr. Danach hebt sich der Vorhang am 1., 5., 21., 22.. und 28. April, am 18. und 28. Mai und am 3., 9. und 15. Juni, jeweils 20 Uhr in der Sparte4, Eisenbahnstr. 22. www.staatstheater.saarland

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