Arbeitsplätze hinter Gittern sind gefragt

Saarbrücken/Ottweiler · In mehreren Betrieben können sich Gefangene im Saarland weiterbilden und zeitgleich etwas Geld verdienen.

 Michael Math, Betriebsinspektor in der Druckerei der JVA Saarbrücken, prüft ein Druckwerk. Foto: Oliver Dietze

Michael Math, Betriebsinspektor in der Druckerei der JVA Saarbrücken, prüft ein Druckwerk. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Rund 760 Gefangene sind derzeit in den beiden saarländischen Justizvollzugsanstalten (JVA) in Saarbrücken und Ottweiler untergebracht - und etwa die Hälfte davon geht einer Arbeit nach. "Im Jugendvollzug haben wir fast Vollbeschäftigung", erzählt Marco Bauer, Leiter der JVA in Ottweiler. Ähnlich ist die Situation in der JVA in Zweibrücken, wo zwischen 40 und 50 weibliche Gefangene aus dem Saarland sind. "Wir bringen alle unter, die arbeiten wollen", beschreibt Leiter Jürgen Buchholz. Derzeit seien dort zwischen 70 und 80 Prozent der Gefangenen beschäftigt.

Das Arbeitsangebot in den Haftanstalten ist groß: In Zweibrücken stellen die Gefangenen beispielsweise Schuhe für alle Gefängnisse in Rheinland-Pfalz her, außerdem gibt es einen Gefängnisladen, der unter anderem Blumen und Dekoartikel vertreibt. In Saarbrücken gibt es neben weiteren Handwerksbetrieben eine Schlosserei und eine Druckerei. Auch Ottweiler verfügt über insgesamt sechs Handwerksbetriebe sowie die Möglichkeit eines berufsvorbereitenden Jahrs - Schule zählt in der JVA als Arbeit, erläutert Bauer. Außerdem gebe es in Ottweiler Arbeitsmöglichkeiten in Bereichen wie der Küche oder der Wäscherei.

Die meisten Gefangenen wollen arbeiten, erläutert Bauer: "Im Grunde ist jede Abwechslung willkommen." Diese Erfahrung hat auch Pascal Jenal, Leiter der JVA Saarbrücken, gemacht: "Da die Nachfrage nach Beschäftigungsmöglichkeiten größer ist als das entsprechende Arbeitsangebot, sind die Inhaftierten nicht unbedingt wählerisch, wenn es um die Art der Beschäftigung geht." Die Wahl bestimmten individuelle Vorlieben oder berufliche Vorkenntnisse. Außerdem bieten beide saarländischen JVA die Möglichkeit einer Ausbildung an - bei entsprechend kurzer Haftzeit ist unter Umständen die Erlangung sogenannter "Qualifikationsbausteine" eine Alternative.

Doch nicht nur berufliche Qualifikation und Abwechslung vom Gefängnisalltag sind Motivation für die Gefangenen - denn die Arbeit wird auch entlohnt. Je nach Tätigkeit und Lohnstufe verdient ein Gefangener zwischen 200 und 600 Euro im Monat, teilt Dennis Zahedi vom Justizministerium mit. Damit würden sie beispielsweise Tabak kaufen oder Fernseher ausleihen, erklärt Bauer. "Wir erleben aber auch, dass Gefangene damit Angehörige von außerhalb unterstützen oder Geld zum Zwecke der Entlassungsvorbereitung ansparen", ergänzt Jenal.

Neben der Auszahlung des Lohns erfolgt eine Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung - Ansprüche an die Rentenversicherung erwerben die Gefangenen jedoch nicht. Die Einbeziehung in die Rentenversicherung sei "unter dem Gesichtspunkt der Wiedereingliederung zu begrüßen", meint Zahedi. Das findet auch Bauer: "Unser Anspruch ist die Resozialisierung." Und wenn im Alter Armut drohe, steige der Anreiz für Kriminalität.

Da das Ziel des Strafvollzugs laut Justizminister Reinhold Jost (SPD) ist, nach der Haft ein "sozial verantwortliches Leben ohne Kriminalität" zu führen, investiert das Saarland große Anstrengungen, um genug Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Erheblichen Gewinne würden bei der Erledigung von Aufträgen für Privatpersonen und Unternehmen jedoch nicht erzielt. 2015 hätten die Einnahmen des Landes - abzüglich Lohn und Arbeitslosigkeitsversicherung - bei 50 000 Euro gelegen, teilt Zahedi mit. Ausgaben wie zum Beispiel für Personal oder Bau-Investitionen würden nicht mitgerechnet. Gewinne gebe es aber nicht immer: Die Jahre 2012 und 2014 seien Zuschussjahre gewesen. Wenn ein Gewinn entsteht, werde dieser im allgemeinen Jahreshaushalt des Landes verbucht.

Zum Thema:

Justizvollzugsanstalten als Betriebsstandorte? Justizminister Reinhold Jost empfiehlt den Betriebsstandort Gefängnis. Tatsächlich können sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen viele der Handwerksbetriebe für Aufträge nutzen. Die Konditionen dort seien oft besonders günstig, heißt es sowohl aus Saarbrücken als auch aus Ottweiler.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort