Richter klagen sich ein - Land muss Verband an Gesprächen über Umbau des öffentlichen Dienstes beteiligen

Saarbrücken · Bei den Gesprächen mit den Gewerkschaften über den öffentlichen Dienst hat die Landesregierung gegen das Gesetz verstoßen. Sie hätte auch den Richterbund einladen müssen, entschied jetzt das Oberverwaltungsgericht.

 Spitzenrunde vom 17. Januar 2014 – damals noch ohne Richterbund: (v.l.) DBB-Chef Ewald Linn, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Finanzminister Stephan Toscani (beide CDU), DGB-Chef Eugen Roth und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD). Foto: B&B

Spitzenrunde vom 17. Januar 2014 – damals noch ohne Richterbund: (v.l.) DBB-Chef Ewald Linn, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Finanzminister Stephan Toscani (beide CDU), DGB-Chef Eugen Roth und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD). Foto: B&B

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So gut wie alle Bundesländer sparen bei ihrem öffentlichen Dienst, aber nur im Saarland - so sieht es die Landesregierung - werden die Beschäftigten an den Entscheidungen beteiligt: durch Spitzengespräche mit den Gewerkschaften. Die Regierenden sind den Gewerkschaften dafür dermaßen dankbar, dass in kaum einer Rede zum Thema der Hinweis auf den "saarländischen Weg" fehlen darf. Bei den Verhandlungsrunden der letzten zwei Jahre saßen die Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes (DBB), des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der christlichen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GöD) am Tisch. Verdi war aus Protest gegen die schwarz-rote Sparpolitik ausgestiegen.

Der Saarländische Richterbund, der nach eigenen Angaben 220 der 350 Richter und Staatsanwälte organisiert, wäre auch gerne eingeladen worden. Der Beamtenbund hätte nach den Worten von Landeschef Ewald Linn kein Problem damit gehabt. DGB-Mann Eugen Roth hatte jedoch die Befürchtung, die Spitzengespräche seien keine Spitzengespräche mehr, wenn man den Kreis der Beteiligten erweitert. Die Landesregierung entschied sich gegen die Teilnahme des Richterbundes. Der versuchte deshalb vor der Spitzenrunde am 17. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht, sich in die Spitzenrunde einzuklagen - zunächst ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) kam nun zu einem anderen Ergebnis: Der Richterbund hätte eingeladen werden müssen. Und zwar, weil Gesetze vorschreiben, dass bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen, die Beamte und Richter betreffen, die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände beteiligt werden müssen. Und der Richterbund sei nun einmal eine Spitzenorganisation.

Die Landesregierung hatte sich vor Gericht auf den Standpunkt gestellt, bei den Gesprächen würden weder justizpolitische Themen erörtert noch seien rechtsverbindliche Ergebnisse zu erwarten, sondern bloße Absichtserklärungen. Dieser Argumentation war das Verwaltungsgericht im Eilverfahren gefolgt, doch das Oberverwaltungsgericht kam - wie erst gestern bekannt wurde - bereits am Dienstag zu einer anderen Einschätzung. Es verwies auf Einigungen zwischen Landesregierung und Gewerkschaften bei Themen wie Besoldungserhöhung, Urlaubsregelung, Altersgrenze, Familienpflegezeitgesetz, Elternzeit für Großeltern, Ansparen von Erholungsurlaub bei Kinderbetreuung, Dienstbefreiung bei Erkrankung eines Kindes. Viele dieser Punkte sind bereits in einen Gesetzentwurf eingeflossen.

Der Vorsitzende des Saarländischen Richterbundes, Werner Kockler, teilte mit, sein Verband habe die Entscheidung des OVG "mit großer Erleichterung und mit Freude" aufgenommen. Der Landesregierung werde vom OVG deutlich bescheinigt, dass sie wegen der Nichtbeteiligung der Richter gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen habe. "Die von der Regierung immer wieder verbreitete Behauptung, es sei zu einvernehmlichen Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen gekommen, ist endlich widerlegt worden", so Kockler.

Die Staatskanzlei wollte den Beschluss des OVG zunächst nicht kommentieren, weil ihr die Begründung noch nicht vorliege. "Wohl aber respektieren wir die Entscheidung des OVG", sagte Regierungssprecher Thorsten Klein . Der nächste Gesprächstermin - dann vermutlich mit Richterbund - ist aber noch nicht terminiert.

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