Müssen im Saarland weitere Rettungswachen gebaut werden?

Saarbrücken · Zwölf Minuten nach dem Notruf soll der Rettungsdienst an Ort und Stelle sein. Weil das nicht überall klappte, wurden acht neue Rettungswachen gebaut. Noch immer wird die Frist nicht überall eingehalten – weil es immer mehr Einsätze gibt.

Das Saarland leistet sich beim Rettungsdienst, verglichen mit anderen Bundesländern, hohe Standards. 36 Rettungswachen mit knapp 500 hauptamtlichen Mitarbeitern und 54 Rettungswagen bilden ein engmaschiges Netz der medizinischen Erstversorgung. Hinzu kommen 14 Notarzt-Standorte und der Rettungshubschrauber "Christoph 16". Das Gesetz schreibt vor, dass bereits zwölf Minuten nach dem Eingang eines Notrufs ein Rettungswagen oder ein Notarzt an Ort und Stelle sein soll. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg darf es 15 Minuten dauern.

Im Durchschnitt ist der Rettungsdienst schon nach 9:44 Minuten zur Stelle, wie eine Auswertung des Zweckverbandes Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Saar zeigt. Trotzdem kann die gesetzliche Soll-Vorgabe bislang nicht überall eingehalten werden. Denn in den Durchschnitt fließen auch jene Einsätze ein, bei denen es länger dauert als zwölf Minuten. Wobei der Rettungsdienst laut ZRF dann meist zwischen der 13. oder 14. Minute kommt.

Bereits 2009 hatte ein Gutachten ergeben, dass Nachholbedarf bei der Flächenabdeckung besteht. Der ZRF hat deshalb 2011 mit dem Bau neuer Rettungswachen begonnen, acht an der Zahl. Sieben sind inzwischen in Betrieb (siehe Grafik), die achte Wache entsteht gerade in Siersburg. Die Investitionskosten von 3,2 Millionen Euro haben zur Hälfte die Krankenkassen übernommen, je ein Viertel Land und ZRF.

Dort, wo neue Rettungswachen gebaut wurden, hat sich die Umsetzung der gesetzlichen Hilfsfrist laut ZRF deutlich verbessert. Im Gebiet der Rettungswache Erbringen wird die Zwölf-Minuten-Frist inzwischen in 87 Prozent aller Fälle eingehalten, vor dem Bau der Wache nur in 37 Prozent. Im Gebiet der Rettungswache Bohnental stieg die Quote von 35 auf 72 Prozent und im Gebiet der Wache Schwalbach von 46 auf 79 Prozent.

Allerdings: Trotz der neuen Standorte werde "der anvisierte Erreichungsgrad von 90 Prozent bislang nicht erreicht", sagte ZRF-Geschäftsführer Bernhard Roth. "Wir wurden von der Entwicklung überholt." Zwar gebe es verteilt übers Land jetzt mehr Wachen und mehr Fahrzeuge, aber in den letzten Jahren sei zugleich die Zahl der Einsätze stark gestiegen. Die ZRF-Statistik weist für die Zeit seit 2010 einen Anstieg um 11 000 Einsätze pro Jahr aus, ein sattes Plus von 23 Prozent. Das liege an der Alterung der Bevölkerung, aber auch an gesellschaftlichen Entwicklungen: Es gebe immer mehr Alleinstehende und immer mehr Menschen, die nicht mehr in Familienstrukturen leben, nicht einmal mehr Mitbewohner oder Nachbarn kennen, die eventuell in einer Notsituation helfen könnten. Auch werde häufiger direkt der Notruf gewählt, wo früher zunächst der Bereitschaftsdienst aufgesucht worden sei.

Der ZRF hat auf diesen Anstieg der Einsätze reagiert. So wurden an den bereits vorhandenen Wachen in Saarlouis, Homburg und Völklingen zusätzliche Rettungswagen stationiert. Der ZRF schließt aber nicht aus, dass weiter nachgebessert werden muss. Es zeige sich, "dass auch 2017 und in den Folgejahren über weitere regionale Maßnahmen nachgedacht werden muss", sagte Roth. Für den Großraum Saarbrücken werde künftig ein weiterer zusätzlicher Rettungswagen zur Verfügung stehen. "Aber auch an anderen Standorten ist eine Erhöhung der Vorhaltung oder aber eine weitere Rettungswache zu prüfen", sagte Roth. Der ZRF werde mit den Krankenassen in den anstehenden Tarifverhandlungen daher über weitere Maßnahmen sprechen. Denn die Kassen tragen die Betriebskosten der Rettungswachen . Bereits durch die acht neuen Wachen sind diese Kosten um 1,3 Millionen Euro im Jahr gestiegen.

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 Die Rettungswache im Bohnental ist eine von sieben, die seit 2011 neu errichtet wurden; eine achte ist gerade im Bau. Foto: ZRF

Die Rettungswache im Bohnental ist eine von sieben, die seit 2011 neu errichtet wurden; eine achte ist gerade im Bau. Foto: ZRF

Foto: ZRF

Auf einen Blick Zuständig für den Rettungsdienst im Saarland sind die fünf Landkreise und der Regionalverband Saarbrücken . Sie gründeten dazu 1977 den Zweckverband Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar (ZRF). Der ZRF beauftragt Hilfsorganisationen, Kommunen oder auch private Firmen mit dem Betrieb der aktuell 36 Rettungswachen . 28 Wachen werden derzeit vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betrieben. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betreibt drei Wachen, eine davon gemeinsam mit der Feuerwehr Neunkirchen, der Malteser-Hilfsdienst (MHD) zwei und die Berufsfeuerwehr Saarbrücken zwei. 2015 übernahm erstmals ein privates Unternehmen den Betrieb einer Rettungswache, und zwar die Homburger Firma Ambulanz Frisch in Erbringen. kir

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