Drei, zwei, eins, . . . zzzzz

Saarbrücken · Sein Zeigefinger hat's in sich: Der aus Neunkirchen stammende „Wundermacher“ Jan Becker hat vor der Saarbrücker Europagalerie ein Hypnose-Experiment vorgeführt. Die Teilnehmer sind tiefenentspannt, die Zuschauer begeistert.

 „Ich zähle jetzt von fünf rückwärts. Mit jeder Zahl, die ich sage, wirst du entspannter, sinkst du tiefer.“ Jan Becker versetzt Freiwillige vor der Saarbrücker Europagalerie in „Trance“. Fotos: Oliver Dietze

„Ich zähle jetzt von fünf rückwärts. Mit jeder Zahl, die ich sage, wirst du entspannter, sinkst du tiefer.“ Jan Becker versetzt Freiwillige vor der Saarbrücker Europagalerie in „Trance“. Fotos: Oliver Dietze

Sein ausgestreckter Zeigefinger deutet von oben auf ihre Stirn. Er redet leise auf sie ein. Sie steht mit dem Kopf im Nacken vor ihm und fixiert angestrengt den Zeigefinger. Dann tippt ihr Jan Becker mit dem Finger auf die Stirn: Ihre Augen fallen zu, sie sackt nach hinten. Zwei Rettungssanitäter fangen sie auf und legen sie sanft auf dem Boden ab. Iris ruht jetzt auf dem Pflaster vor der Saarbrücker Europagalerie in der Sonne und erkundet ihr Unterbewusstsein. Neben ihr liegen bereits Chrissi, Marc, Esther, Sandra, Laura und 15 weitere Personen, die mit geschlossenen Augen flach atmen. Sind sie hypnotisiert?

Der gebürtige Neunkircher Jan Becker betreibt in Berlin eine Praxis als "Hypnose-Therapeut". Sein Buch "Das Geheimnis der Intuition" hat es auf Anhieb in die "Spiegel"-Bestsellerliste geschafft. Für "Radio Salü" veranstaltet der 38-Jährige an diesem Freitagmittag eine publikumswirksame Vorführung mitten in der Saarbrücker Fußgängerzone.

Rund 200 Passanten haben sich angesammelt. Mit offenen Mündern verfolgen sie, was tatsächlich spektakulär aussieht: Da steht einer im dunklen Dreiteiler, der Kopf kahl bis auf einen schmalen, auffälligen Haarstreifen, und sagt Sätze wie "Dein Unterbewusstsein öffnet sich" oder "Alles, was ich zu dir sage, wird zu deiner Realität". Dann tippt er den 19 von "Radio Salü" ausgelosten Kandidaten auf die Stirn - und die fallen reihenweise in "Trance".

"Natürlich müssen sich die Leute darauf einlassen, sonst funktioniert das nicht", sagt Becker im Gespräch. Er glaubt, dass eine tiefe Entspanntheit Kreativität freisetzt, dass man quasi tief in sich hineinhören muss, um sein Potenzial zu entdecken. Und er sagt, Hypnose sei wie ein gutes Buch, bei dem man alles um sich herum vergisst. Der 38-Jährige, der sich selbst "Wundermacher" nennt, weiß das alles ebenso wie sich selbst effektvoll in Szene zu setzen. Und wer bereit ist, daran zu glauben, lässt sich von ihm zu einer Art autogenem Training anleiten: "Ich zähle jetzt von fünf rückwärts. Mit jeder Zahl, die ich sage, wirst du noch entspannter, sinkst du tiefer. Fünf. Du hältst keinen Gedanken mehr fest. Tiefer und tiefer. Vier. Du bist alles das, was du zu dir selbst sagst, es wird zu deiner Realität. Drei. Du bist jetzt in einem Zustand superschöner Entspannung. Zwei."

Iris ist 47, wohnt in Saarbrücken und hat sich "hier angemeldet, weil mich das sehr fasziniert, dass jemand so eine Macht haben kann". Der 40-jährige Marc aus Gersweiler meint: "Irgendetwas muss da in uns sein, das man nicht erklären kann." Er macht mit, um der Sache näherzukommen.

Nach rund einer Stunde zählt Becker langsam bis zehn ("Mit jeder Zahl kommst du höher und höher") und die Teilnehmer schlagen wieder die Augen auf. Iris hat sich aufgesetzt und berichtet: "Ich habe alles mitgekriegt, ich hab' nicht geschlafen oder so. Ich war einfach nur super entspannt." Nun fühle sie sich ausgeruht wie nach einem achtstündigen Schlaf. "Das war eine tolle Erfahrung." Auch Marc ist angetan: "Bei den Worten von Becker wird man immer stärker zu Boden gezogen, man klebt da schließlich wie mit Patex." Auch die vielen Zuschauer klatschen begeistert.

War das jetzt also eine Massenhypnose? Oder öffentliches autogenes Training? Es war auf alle Fälle eine gute Show: Die meisten Zuschauer waren wie hypnotisiert.

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