Bleibe für die zweite Lebenshälfte

Saarbrücken · Was von außen wie ein ganz normales Mehrfamilienhaus aussieht, ist ein Projekt, das in Saarbrücken für Aufsehen sorgt. Dort wohnen Senioren Tür an Tür, ohne auf ihre Eigenständigkeit zu verzichten.

 Bernhard Petry (rechts) führte Minister Storm (Mitte) und Theo Klapheck durch seine modern eingerichtete Wohnung. Foto: Becker&Bredel

Bernhard Petry (rechts) führte Minister Storm (Mitte) und Theo Klapheck durch seine modern eingerichtete Wohnung. Foto: Becker&Bredel

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Vor knapp über einem Jahr sind die ersten Bewohner in das Haus an der Ecke Eifelstraße/Trifelsstraße eingezogen. Mittlerweile sind alle 17 Wohnungen vermietet. Doch bis dahin war es ein langer Kampf, wie Theo Klapheck vom Vorstand des Vereins "Gemeinsam aktiv leben im Alter" (Galia) Gesundheitsminister Andreas Strom erzählte, als dieser gestern das Haus besuchte.

"Als wir 2007 den Verein gründeten, waren wir mit unserer Idee Vorreiter. Doch als der Investor sich 2012 zurückzog, stand das Projekt vor dem Aus", sagte Klapheck. Nachdem Bauunternehmer Mehmet Altin eingesprungen war, ging doch alles relativ schnell, und so konnten im August 2013 die ersten Wohnungen bezogen werden. "Jeder hat hier seine eigene Wohnung", sagte Paul Sander. Seine Selbstständigkeit ist ihm besonders wichtig. Dass jeder sein eigenes Reich für sich habe, mache die Momente im gemeinsamen Aufenthaltsraum umso schöner.

Die 21 Männer und Frauen zwischen 56 und 83, die in der Eifelstraße wohnen, leben dort, weil sie es wollen, nicht weil sie es müssen.

So auch Bernhard Petry, der Minister Strom gestern in seine 85-Quadratmeter-Wohnung blicken ließ. Der Seelsorger ist 58. Er braucht keinen Pflegedienst, dafür aber ein Arbeitszimmer. Im Galia-Haus richtet jeder seine Wohnung ein, wie es ihm passt. Das überzeugte Petry, dorthin zu ziehen. "Ich war anfangs schon skeptisch, ich gehöre hier zu den Jüngsten. Doch nachdem ich mir das Projekt genau angeguckt hatte, wusste ich, dass es das Richtige für mich ist." Müsste er sich erneut entscheiden, würde er das wieder genauso machen.

Als eine der Letzten ist Lore Schmeling eingezogen. Ihr fiel die Entscheidung nicht so leicht wie Petry. "Es war schwer, mich von meiner alten Wohnung zu lösen", sagte sie. "Mein Mann war verstorben, und ich fühlte mich unglaublich einsam", erzählte die 83-Jährige weiter. Doch der Einzug ins Seniorenhaus wurde für Lore Schmeling zum Aha-Erlebnis. "Auf der Treppe gibt es immer eine gute Gelegenheit, um einen kleinen Schnack zu halten. Man hat hier gar keine Zeit, depressiv zu werden. Sobald einer merkt, dass es einem nicht gut geht und man angeschlagen ist, steht vor der Tür ein Süppchen oder ein Stück Kuchen", sagte sie.

Auch Minister Storm war von dem Zusammenhalt begeistert: "Die Menschen, die hier wohnen, teilen die gleichen Werte und haben die gleichen Interessen. Hier kann man geborgen alt werden", sagte Storm über das von seinem Ministerium geförderte Projekt.

Im Knappenroth - nur ein paar hundert Meter vom Seniorenhaus entfernt - entsteht bereits das zweite Anwesen des Vereins Galia. Diesmal wird es ein Mehrgenerationenbau mit 31 Wohnungen für Jung und Alt. Ob das Projekt so gut angenommen wird wie das Haus in der Eifelstraße ist spätestens im Sommer 2015 klar. Dann sollen nicht nur Senioren einziehen, sondern auch Familien.

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