Immer mehr Senioren sind süchtig

Saarbrücken · Oft fängt es mit Schmerztabletten an, die vom Arzt verschrieben wurden. Doch wer sein Leid unpassend selbst behandelt, kann in die Medikamentenabhängigkeit rutschen. Hilfe aus der Sucht bietet die Psychosoziale Beratungsstelle der Caritas.

Die Zahl der Menschen, die unter einer Medikamentenabhängigkeit leiden, steigt. Das teilte gestern die Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Abhängigkeitserkrankungen (PSB) des Caritasverbandes Saarbrücken bei einem Pressegespräch mit. So kamen 2014 insgesamt 345 Menschen auf die Caritas zu, die einen riskanten oder abhängigen Umgang mit Alkohol und/oder Medikamenten pflegen. Vor allem die Zahl der Senioren, die Hilfe suchen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Im Bereich des Medikamentenmissbrauchs liegt das Durchschnittsalter der Betroffenen mit 62 Jahren höher als bei der Alkoholsucht (44,8 Jahre). Einen Grund für den Anstieg unter den suchtkranken Senioren sieht Adele Reuter-Kapp, Sozialtherapeutin bei der PSB, in der "besonderen Lebenssituation" der Menschen, in der "viel mehr Anpassungsmechanismen" gefragt seien. Viele ihrer Patienten hätten langjährige Historien mit Medikamentenabhängigkeit, die oft schon bei den Ärzten beginnen, die Schmerz- oder Beruhigungsmittel verschreiben.

Für Birgit Altmeier, die Leiterin der Beratungsstelle, sind Alkohol und Medikamente oft Teil einer "unpassenden Selbstbehandlung". Die missbräuchliche Selbstmedikation sei meist ein Versuch, Depressionen klein zu halten. "Über ein Viertel unserer Patienten hat noch eine andere psychiatrische Diagnose", so Altmeier. Vor allem Existenzängste und Angststörungen, aber auch Einsamkeit spielten dabei eine wichtige Rolle.

Ein Anliegen der PSB Saarbrücken ist es daher zu zeigen, dass es wie für Alkoholabhängige auch für die "versteckte Sucht" der Medikamentenabhängigkeit gute und verschiedene Möglichkeiten der Therapie gibt.

Die Hilfsangebote selbst sind mannigfaltig. So bietet die PSB ambulante Rehabilitationen, aber auch Behandlungen an, bei denen ein mehrwöchiger stationärer Aufenthalt mit einer ambulanten Weiterbehandlung kombiniert wird. Letztere sind gerade für berufstätige Menschen gut geeignet. Ziel sowohl der ambulanten Therapie in Einzel- und Gruppengesprächen als auch der Kombi-Therapie ist, eine dauerhafte Abstinenz zu erreichen und auch zu erhalten. In der Regel bedarf es dafür allerdings einiger Zeit: Bei der PSB spricht man von einem Zeitraum von einem bis eineinhalb Jahren.

Dabei spielt auch die ambulante Nachsorgebehandlung eine wichtige Rolle. Nach einer stationären Behandlung kann es anfänglich zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Patient in das gewohnte Umfeld zurückkehrt. Die Erfolgschancen einer Therapie bei der PSB bezeichnet Reuter-Kapp generell als "sehr gut". Viele der Patienten halten zudem auch nach langjähriger Abstinenz noch den Kontakt zur Beratungsstelle, was man dort als gutes Zeichen wertet.

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