Gefahr durch geöffnete Gullys

Saarbrücken · Werden schwere Gullydeckel aus Stahl aus ihren Schächten gehoben, kann das zu lebensgefährlichen Unfällen führen. Doch die Polizei schnappt die meisten Täter nicht. So dass die Wiederholungsgefahr anhält.

 Werden Gullydeckel entfernt, können Fußgänger und Autofahrer in Lebensgefahr geraten. Foto: ZKE

Werden Gullydeckel entfernt, können Fußgänger und Autofahrer in Lebensgefahr geraten. Foto: ZKE

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Dass Gullydeckel nicht immer harmlos sind, weiß die Polizei aus jahrelanger Erfahrung. Immer wieder heben Unbekannte die bis zu 50 Kilogramm schweren Gitter aus und richten damit große Schäden an. Das Ausheben eines Straßenablaufs, wie der gusseiserne Rost in der Fachsprache genannt wird, gilt juristisch als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Saarlandweit registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 82 Fälle, in denen entfernte Gullydeckel entweder auf der Straße abgelegt oder für Straftaten verwendet wurden. Den Tätern drohen hohe Geldstrafen, "in besonders schweren Fällen sogar Freiheitsstrafen", sagt Stephan Laßotta, Sprecher des Landespolizeipräsidiums. Betroffen seien vor allem die eckigen Einlaufgitter, die zu Abwasserkanälen führen. Nur selten würden auch die runden und besonders schweren Schachtabdeckungen ausgehoben.

Eine erhöhte Unfallgefahr besteht vor allem dann, wenn entfernte Einlaufgitter mitten auf der Straße liegen. Nach Angaben der Homburger Polizei verursachte ein Zusammenstoß eines Autofahrers mit einem senkrecht platzierten Gullydeckel im vergangenen Jahr "Sachschäden in Höhe von mehreren tausend Euro".

Gelegentlich würden Gullydeckel auch zur Begehung weiterer Straftaten verwendet, berichtet Polizeisprecher Laßotta. Wie vor knapp einem Jahr bei Saarlouis: Dort hatten Unbekannte mithilfe eines Einlaufgitters die Scheibe eines Kiosks eingeschlagen und Zigarettenpackungen entwendet.

Für Fußgänger können ausgehobene Schachtabdeckungen lebensgefährlich sein. Werden die runden Gullyplatten entfernt, könnten Passanten bis zu 18 Meter tief stürzen, warnt der Zentrale Kommunale Entsorgungsbetrieb (ZKE).

Doch wer begeht diese Taten? "Meistens sind es Jugendliche, die meinen, sich nach dem Feiern einen Spaß erlauben zu können", sagt Polizeisprecher Laßotta. "Übermut in Verbindung mit Alkoholkonsum" sei eine häufige Tatursache. Die meisten Gullydeckel würden in der Nacht zum 1. Mai ausgehoben. Oft beschädigten die Täter auch Leitpfosten und andere Gegenstände und seien sich nach Einschätzung der Polizei "nicht über die Folgen im Klaren". Ein genaues Täterprofil gebe es nicht. Mangels Zeugen oder Hinweisen würden die Taten sehr selten aufgeklärt.

Über die Anzahl der Verkehrsunfälle, die auf das Ausheben von Abdeckungen zurückgehen, liege den Ermittlern keine Statistik vor. "Die Zahlen sind jedoch rückläufig", sagt Polizeisprecher Laßotta. In diesem Jahr hätten Unbekannte im Saarland in der Nacht zum 1. Mai lediglich drei Gullydeckel entwendet, während es vor fünf Jahren noch 16 waren.

"Wer so etwas entfernt, braucht entweder Mordskräfte oder geeignetes Werkzeug", sagt Klaus Kosok vom Landesbetrieb für Straßenbau. Dies trifft vor allem auf die runden Schachtabdeckungen zu. Da Einlaufgitter immer wieder zu Wartungszwecken entfernt werden müssten, seien nur die wenigsten im Rahmen verschraubt. Der ZKE versichert jedoch, dass die Gitter "an besonderen Gefahrenstellen, Brücken und bei Diebstahlgefahr" zusätzlich verriegelt werden könnten. So geschehen im Falle der Neunkircher Hasen thalbrücke: Unbekannte hatten dort im September 2012 mehrere Gullydeckel von der Brücke auf die Autobahn geworfen. "Dieser Vorfall ist eine absolute Ausnahme", sagt Polizeisprecher Laßotta. Der Fall gelte juristisch als versuchtes vorsätzliches Tötungsdelikt. "Diesen Taten kann man nur bedingt vorbeugen", bedauert Laßotta. Jedes Jahr klärten die Beamten kurz vor der Hexennacht zum 1. Mai über die Folgen von ausgehobenen Kanaldeckeln auf. "Wer nachts durch die Straßen zieht, muss verstehen, wo die Grenze zwischen Streich und Straftat verläuft."

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