Große Zustimmung für große Koalition

Saarbrücken · Knapp ein Jahr vor der Landtagswahl kann sich die große Koalition im Saarland auf die Zustimmung von fast zwei Dritteln der Wahlberechtigten stützen, wie aus der jüngsten Umfrage hervorgeht. Für die SPD eröffnet sich jedoch auch die Option einer rot-rot-grünen Regierung.

Symbolfoto.Location:Frankfurt Am Main

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Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Die jüngste "Saarland-Trend"-Umfrage des SR gleicht den offen gelegten Blättern zu Beginn eines Kartenspiels: Man weiß, wer Trümpfe hat, aber nicht, wer gewinnt. Und natürlich preist jeder Spieler allein sein Blatt bereits als Gewinn. So jubelt etwa die FDP über 4 Prozent und sieht den Einzug in den Landtag bereits "greifbar nahe", wie Landeschef Oliver Luksic gestern eilig mitteilte.

Wirklich gute Blätter haben dagegen vor allem CDU und SPD . Denn die CDU ist mit 34 Prozent (2012: 35,2) knapp ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl nicht nur weiterhin stärkste Kraft im Land (wir berichteten). Auch bescheinigt die Umfrage Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ), dass 70 Prozent der Saarländer mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Ein Wert, den weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch ein anderer CDU-Regierungschef erreicht hat, wie der SR in einer Mitteilung betont. Bei einer Direktwahl würde Kramp-Karrenbauer mit 59 Prozent auch deutlich ihre SPD-Herausforderin Anke Rehlinger schlagen, für die sich der Umfrage zufolge nur 26 Prozent entscheiden würden. Wenngleich Rehlinger hier gegenüber dem Saarland-Trend von vor einem Jahr acht Prozentpunkte zulegte.

In die Karten geguckt hat die Umfrage den jeweiligen Parteianhängern auch in Bezug auf ihre personellen Präferenzen. Demzufolge stehen 83 Prozent der CDU-Sympathisanten hinter Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer. Bei der Umfrage im vorigen Jahr lag der Rückhalt aus den eigenen Reihen allerdings noch bei 91 Prozent. Nur zwölf Prozent der CDU-Anhänger entscheiden sich für Rehlinger. Auch aus den Reihen der Grünen und sogar der SPD entscheidet sich die Mehrheit für Kramp-Karrenbauer: 51 Prozent der Grünen- und 45 Prozent der SPD-Sympathisanten geben der Ministerpräsidentin ihre Stimme. Damit entscheiden sich mehr SPD-Sympathisanten für die CDU-Kandidatin als für die eigene Parteigenossin. Allerdings: 44 Prozent von ihnen wollen Rehlinger wählen, im vergangenen Jahr waren es noch 36. Aus den Reihen der CDU erhält Rehlinger zwölf Prozent, aus denen der Grünen 33 Prozent.

Veritable Trümpfe hält aber auch die SPD (29 Prozent; 2012: 30,6) in den Händen. Zusammen mit Linken (12 Prozent; 2012: 16,1 Prozent) und Grünen (7 Prozent; 2012: 5 Prozent) hätten die Sozialdemokraten die Möglichkeit, eine rot-rot-grüne Mehrheit zu bilden und Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer im Amt abzulösen. Allerdings befürworten dies nur 28 Prozent der Befragten, 55 Prozent favorisieren eine Fortsetzung der großen Koalition. Eine Koalition aus CDU und Grünen findet nur bei 34 Prozent Zustimmung - sie wäre rechnerisch auch nicht möglich. Für die CDU gibt es derzeit keine Alternative zur großen Koalition.

Bei den Oppositionsparteien punktet Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine mit einem Zustimmungswert von 43 Prozent. Allerdings polarisiert die Galionsfigur der Linken so stark wie kein anderer Politiker, denn als einziger der abgefragten Politiker stößt er bei mehr als 50 Prozent der Befragten auf Ablehnung.

Mit "Schrecken" reagierten die etablierten Parteien gestern auf das Abschneiden der AfD, die trotz des Zerwürfnisses mit dem Bundesverband auf 11 Prozent der Wählerstimmen kommt. Allerdings wird die AfD bei nur 10 Prozent der Befragten als "eine seriöse Partei" bezeichnet. Selbst in den Reihen der AfD bestehen bei drei von zehn Partei-Anhängern Zweifel an der Seriösität des Landesverbandes. Nur gut die Hälfte (53 Prozent) der Anhänger fällt laut Umfrage ein positives Urteil. Viele Landespolitiker rechnen inzwischen fest mit dem Einzug der AfD in den Landtag, wie gestern erneut zu erfahren war. Allerdings geht man bis März 2017 von einer spürbar geringeren Zustimmungsrate aus.

Von einer Partei fehlt in der Umfrage schließlich jede Spur: von den Piraten. Nachdem sie bei den Landtagswahlen 2012 noch aus dem Stand 7 Prozent holten, haben sie heute mit Blick auf den Landtag nur noch eines: schlechte Karten.

Meinung:

Das ewige Dilemma der SPD

Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Sollte sich der Trend mit Blick auf die Option einer rot-rot-grünen Koalition im Land verfestigen (und einiges deutet darauf hin), steht die SPD wieder einmal vor einem Dilemma. Und das hat - wieder einmal! - vor allem mit Personen zu tun. Zwar ist der Wunsch innerhalb der SPD groß, mit der voraussichtlichen Spitzenkandidatin Anke Rehlinger die Ministerpräsidentin zu stellen. Auch pflegt Rehlinger ein deutlich entspannteres Verhältnis zu Grünen-Landeschef Hubert Ulrich als noch Ex-Spitzenkandidat Heiko Maas , den Ulrich nach der Landtagswahl 2009 im Regen stehen ließ und seither für Maas als "persona non grata" galt. Aber Oskar Lafontaine ?

Vieles spricht dafür, dass Lafontaine wieder antritt. Täte er es nicht, würde die Linke im Land prozentual wie personell schlicht verkümmern. An dem fintenreichen und profilierungsfreudigen Linken-Politiker als Galionsfigur eines Juniorpartners aber hätte die SPD schwer zu schlucken. Nicht wenige Sozialdemokraten fürchten dieses Szenario, auch wenn es inhaltlich kaum noch unüberwindliche Hürden zwischen SPD und Linken im Saarland geben dürfte. Außerdem ist mehr als zwei Dritteln der Wähler eine rot-rot-grüne Polit-Ehe ein Graus, wie die Umfrage zeigt. Das Dilemma: Die einzige Alternative ist für die SPD ebenso wenig verlockend: ewiger Juniorpartner einer großen Koalition.

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