Ein Messezentrum könnte noch hinpassen

Saarbrücken · Fernab der lauten und bunten Stadtviertel zeigt sich das Areal um die Saarbrücker „Congresshalle“ ernst, gediegen - und kurios menschenleer. Kein Wunder, dass Auswärtigen hier mulmig wird und dass Gedanken an Belebung durch ein neues Messezentrum aufkommen. Unfreiwillig Komisches im Detail findet sich aber auch.

 Blick in den Bürgerpark in der Nähe der „Congresshalle“. Foto: Becker&Bredel

Blick in den Bürgerpark in der Nähe der „Congresshalle“. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Ob es "Kongresshalle" oder "Congresshalle" heißt, haben die Saarbrücker immer noch nicht eindeutig entschieden. "Congress" hört sich weltoffen an, aber bei den Beschilderungen im Verkehrsraum ist der Trend zum vertrauten "Kongress" nicht gebrochen; bei so viel Traditionsbewusstsein ist wohl nicht auszuschließen, dass das Wort demnächst wieder mit "scharfem ß" geschrieben wird.

Sei es drum, wer gern vom Kleinen aufs große Ganze schließt, darf die Unentschlossenheit bei der Schreibweise auch auf die Situation des ganzen Viertels übertragen - bleibt alles so gediegen, wie es ist? Oder zieht die Messe von ihrem Standort hierher, damit Stadt und Land ein zeitgemäßes "Messe- und Congresszentrum" schmieden? Auf Anhieb können sich die wenigsten Menschen vorstellen, dass neben der "Congresshalle" (so steht es angeschrieben) noch eine Messe mit dem entsprechenden Bedarf an Hallen, Freiflächen und Parkplätzen unterkäme. Nicht zu reden vom Trubel und Verkehr zu den Messezeiten!

Solch ein Messezentrum könnte aber tatsächlich zwischen Halle und Westspange passen - vor allem, wenn die Stadt den Bürgerpark aufgäbe. Vor 25 Jahren eröffnet, hat die Anlage nie das Herz der Menschen erobern können, weder der Einheimischen, noch der vielen Arbeitnehmer der umliegenden (oft hochwertigen) Bürohäuser, die in der Pause überall hingehen, sogar Umwege, aber bloß nicht hierhin. Es ist fast schon ein Mysterium, dass der alles in allem anständig in Schuss gehaltene Bürgerpark regelrecht gemieden wird. In den Mittagsstunden unter der Woche kann es vorkommen, dass minutenlang niemand hier zu sehen ist, außer Tauben und Rabenvögeln. Vor allem auswärtigen Gästen kommt das merkwürdig bis gruselig vor - mit etwas Fantasie könnte man sie glauben machen, hier sei soeben eine Evakuierungsübung angelaufen. An den meisten anderen Stellen der Welt wäre der Bürgerpark sicher besser angenommen und aufgehoben - was den Befürwortern einer Umwidmung das Argumentieren leicht machen dürfte.

Kurios einsam wähnt sich der Spaziergänger auch auf dem Treppenweg vom Parkhaus Hafenstraße herunter zur Saar. Das Flachdach des Parkhauses ist als eine Art Seenplatte angelegt. Ob hier wohl Fische leben? Noch kommen sollen? Schon verendet sind? Ab und zu gluckert was, vermutlich aus undichten Dachrinnen. Der französische Humorist und Humanist Jacques Tati hat genau diesen hübschen, mit Bierernst entworfenen menschenfeindlichen Unfug bereits vor 56 Jahren im Film "Mon Oncle" kommen sehen. Diese Ecke Saarbrückens ist so steril, dass nicht einmal Sprayer ihr etwas abgewinnen.

Etwas schmuddelig dagegen, mit komplizierten "Einstellbedingungen" und hohen Preisen - dafür aber passabel angenommen - zeigt sich der Q-Park-Parkplatz Fritz-Dobisch-Straße, auch er ein Wackelkandidat, wenn das Messezentrum entstünde. Aber ob man auch den Hallenvorplatz opferte? Der Johannes-Hoffmann-Platz (dieser Name ist kaum gängig im Alltag, alle sagen "Vorplatz der Kongresshalle") ist ähnlich menschenarm wie der Bürgerpark, allerdings gehört es ja gerade zu seinem Wesen, einfach nur groß, frei und würdevoll da zu liegen - ein innerstädtischer Luxus, ebenso wie das frisch renovierte "Haus der Ärzte" gegenüber in der Faktoreistraße 4 mit seiner markanten Fassade aus runden und eckigen Elementen - sicher nicht die schlechteste Randbebauung der künftigen Messe. Wogegen das Nachbargebäude, das unter "Hafenstraße 25" firmiert, noch einer neuen Bestimmung harrt. Seit die Verwaltung der Grube RAG nach Ensdorf verzog, steht es leer. Unkraut in den Ritzen am Eingang ist womöglich einem ferienbedingten Pflegestau anzulasten; noch höherer Pflanzenwuchs würde rasch nach erster Verwahrlosung aussehen - was hier keiner wollen kann. Nach Auskunft der RAG-Immobilienverwaltung laufen Gespräche mit diversen interessierten Nachnutzern. Wie es hieß, müssten die natürlich noch wissen, was Stadt und Land hier vorhaben, ehe sie Entscheidungen treffen. Bis Jahresende solle Gewissheit herrschen. Gerüchte besagen: Da kommt das Messehotel rein.

Derweil läuft der Abriss des "hölzernen Kongress-Steges". Bis Ende der Woche soll das einstige Provisorium, das Halle und Berliner Promenade verband, weg sein. Eine solide Neukonstruktion wird als Ersatz entstehen - schöner, größer, vermutlich langlebiger.
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Der Verein Bürgerpark-Initiative ist gegen die Pläne der Stadt, an der Congresshalle das "Neue Messe- und Congresswesen" zu installieren. Das teilt der Verein mit. Er glaubt, ein Messe-Zentrum brächte Nachteile für das Stadtviertel an der Congresshalle. An Kongresstagen wäre dann dort ein Verkehrschaos, während die Bedeutung des Bürgerparks weiter geschmälert würde. Nach Ansicht des Vereins würde mit "der Errichtung der vorgeschlagenen Bauten" der Zugang zum Bürgerpark erschwert. Ein Messe-Zentrum an der Congresshalle würde dazu führen, dass sich die unmittelbare Umgebung in ein "totes Viertel" verwandelt, wo nur noch dann etwas los wäre, wenn Veranstaltungen an oder in der Congresshalle sind. red

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