Wie gefährdet ist St. Martin wirklich?

Saarbrücken · Am Freitag wird wieder St. Martin gefeiert. Die CDU warnt davor, „aus falsch verstandener Toleranz“ diese kirchliche Tradition aufzugeben. Aus anderen Parteien wird nun gefragt: Wer will St. Martin eigentlich abschaffen?

 Die Laternen gehören zum Martinsumzug dazu. Foto: Spata/dpa

Die Laternen gehören zum Martinsumzug dazu. Foto: Spata/dpa

Foto: Spata/dpa

Zur Rettung des Heiligen Martin schwärmen in dieser Woche Christdemokraten in die saarländischen Städte aus. Dort verteilen sie Martinsbrezeln und Flugblätter, auf denen steht: "Sankt Martin soll Sankt Martin bleiben". In einer Pressemitteilung erläuterte CDU-Generalsekretär Roland Theis , mit dem Martinsfest gelte es, an Werte wie Toleranz, Barmherzigkeit und Hilfsbereitschaft zu erinnern. "Auf die Pflege der Martinstradition zu verzichten und stattdessen, wie leider auch an manchen Orten im Saarland, ein ‚Sonne-Mond-und-Sterne-Fest‘ zu feiern, ist der falsche Weg. Wir sollten nicht aus falsch verstandener Toleranz eine Tradition aufgeben, die unser Land ausmacht und für ein Miteinander steht, das unsere Gesellschaft heute mehr denn je braucht", erklärte Theis.

Kaum hatte die CDU erste Fotos von ihrer Martinsaktion ins Netz gestellt, hagelte es von der Konkurrenz Kritik und Spott. SPD-Landesvize Eugen Roth fragte via Facebook : "Wer will St. Martin überhaupt abschaffen? Gegen welchen Geisterangriff soll unser St. Martinsfest überhaupt verteidigt werden müssen?"

Gestern nun blies Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer zur Attacke. "Im aktuellen gesellschaftlichen Klima sollte man so eine plumpe Karte nicht spielen", sagte er. Hilberer warf der CDU einen "billigen Propaganda-Coup" vor, "um ein paar Stimmen zu sammeln bei Leuten, die sich irgendwie unwohl fühlen". Es werde ein Problem dargestellt, das es in Wahrheit gar nicht gebe. Denn die CDU habe keinen einzigen Ort genannt, an dem es kein Martinsfest mehr gebe. "Ich befürchte, dass es solche Diskussionen um nichts und wieder nichts sind, die zu Konflikten zwischen den Religionsgemeinschaften führen können." In einer pluralistischen Gesellschaft, so Hilberer, dürfe der eine sein Laternenfest feiern, der andere sein Lichterfest - und natürlich dürfe auch jeder St. Martin feiern - er selbst werde dies in Oberlinxweiler tun.

Die SZ konfrontierte die CDU mit der Kritik. "Der Verzicht auf Sankt Martin ist ein deutschlandweites Phänomen, das auch im Saarland angekommen ist", sagte Theis. Auf die Frage nach konkreten Fällen nannte er Saarbrücken und Neunkirchen, wo schon länger "Dunkel-Funkel-Feste" gefeiert würden, beispielsweise in Scheidt. "Im Übrigen gilt: Wehret den Anfängen." Die CDU beruft sich auch auf eine SZ-Recherche von 2013: Damals hatte ein Rundruf in mehreren Kindergärten ergeben, dass manche Einrichtungen auf religiöse Neutralität achten und auf die Verbindung zum Heiligen Martin verzichten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort