Trautes Heim statt Heimat

Saarbrücken · Die Saarbrücker Stadtgalerie präsentiert in ihrem Innenhof ein neues Leuchtkasten-Projekt mit der Foto-Installation „Trautes Heim“, für die der thüringische Künstler Martin Melcher 2016 den Media Art Award der Bauhaus-Universität Weimar erhalten hat.

 Ein junger Flüchtling in seinem neuen Heim am Rande des Thüringer Waldes. Foto: Martin Melcher

Ein junger Flüchtling in seinem neuen Heim am Rande des Thüringer Waldes. Foto: Martin Melcher

Foto: Martin Melcher

Martin Melcher lässt Menschen in seinem Projekt "Trautes Heim" über die Definition des Begriffs "Heimat " sprechen: Heimat ist der Ort, an dem man aufgewachsen ist, wo die Familie ist - aber Heimat ist auch ein Gefühl, eine Erinnerung, ein Geruch, eine Situation oder das Sprechen der Muttersprache. Man kann sie ganz gut beschreiben, wenn man sie erstmal angefangen hat, zu vermissen, und auch dafür gibt es ein Wort: "Heimweh". Martin Melcher versucht neue Bedeutungen von Heimat zu ergründen, gerade im Kontext der Flüchtlinge, die nach Europa, Deutschland oder in Melchers Heimatstadt Rudolstadt kommen. Dort wurde im November eine Gemeinschaftsunterkunft für 75 Flüchtlinge eröffnet, in einem ehemaligen Schulungsgebäude für Ausbildungsberufe am Rande des Thüringer Waldes. Zu diesem Zeitpunkt lebten dort ausschließlich Männer aus den Kriegsgebieten in Syrien, später Westbalkanstaaten, Afghanistan und Somalia.

"Mit dem trauten Heim bezeichnen wir gerne die eigenen vier Wände, in denen sich das Glück allein findet. Doch welche Bedeutung kommt diesem Begriff hinzu, wenn wir jene Menschen zu Wort kommen lassen, die ihre Heimat verlassen oder verloren haben?", schreibt der Künstler seine Ausgangsfrage. Der nüchterne An- und Ausblick von einer Flüchtlingsunterkunft wird in "Trautes Heim" mittels der Projektionstechnik der Camera Obscura auf den Kopf gestellt. Die Grenzen zwischen Innen und Außen scheinen sich aufzulösen, indem sich der identitätstragende Begriff der Heimat , in Form von realen Projektionen der Landschaften rings um die Unterkunft, plötzlich im Innern auf der kargen Einrichtung wiederfindet und die Gedanken und Porträts der Geflüchteten auf die scheinbare Normalität des Lebens in Thüringen treffen.

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