Wider jede Erwartung

Saarbrücken · Das Singen wurde ihr quasi von den Eltern in die Wiege gelegt. Trotzdem sei sie nie zum Singen gedrängt worden, sagt Lisa Ströckens. Sie spielte Klavier, später auch Gitarre, und eigentlich war sie wild entschlossen, Schauspielerin zu werden. Nun singt sie doch.

 Die Sopranistin Lisa Ströckens im Nauwieser Viertel, wo sie auch wohnt.

Die Sopranistin Lisa Ströckens im Nauwieser Viertel, wo sie auch wohnt.

Foto: Kerstin Krämer

Sie braucht keine Wettbewerbe. Sie liebt es, Erwartungshaltungen zu unterlaufen. Sie experimentiert gern mit verschiedenen Stilistiken, und sie kann nicht Musik machen, ohne sie theatralisch aufzubereiten: Die Sopranistin Lisa Ströckens mag nicht innerhalb gängiger Normen funktionieren. Wer sie noch mit ihrer Band "Koi" erlebt hat, wird sich erinnern, dass sie oft im Schneidersitz auf dem Boden hockend sang. Damals brauchte sie "Erdung", und das ist immer noch ein Thema - heute findet sie diese Erdung vor allem in der Gemeinschaft Gleichgesinnter.

Geprägt wurde Ströckens sowohl von ihrem musikalischen Elternhaus wie von ihren Theater-Erfahrungen. "Ich war ein sehr schüchternes Kind", erzählt sie. "Ich habe dem Theater Überzwerg unendlich viel zu verdanken." Dort war sie seit ihrem 12. Lebensjahr Mitglied im Jugendclub und nach dem Abitur als Elevin engagiert - ihr ausgeprägtes komisches Talent stellte sie etwa 2008 in dem Liederabend "Mütter" unter Beweis, wo sie parallel mit ihrem Gesang punkten konnte. Der wurde ihr quasi in die Wiege gelegt: Lisa Ströckens ist die Tochter der beiden Sänger Barbara Dunkel und Thomas Ströckens. Doch sei sie nie zum Singen gedrängt worden, beteuert Ströckens. Sie spielte Klavier , später auch Gitarre , und eigentlich war sie wild entschlossen, Schauspielerin zu werden. Aber da war auch ein gewisses Bedürfnis nach Sicherheit, das sie erst Elementare Musikpädagogik studieren und anschließend ein Studium in Gesang und Musiktheater bei Tanja Ponten an der Hochschule für Musik Saar (HfM) absolvieren ließ.

Ihr Bachelor-Diplom machte Ströckens 2015, doch schon vorher konnte sie erste Erfolge verbuchen. Ihr lyrischer Sopran war bereits in einigen Produktionen des Saarländischen Staatstheaters (SST) zu hören: Aktuell singt sie die erste Waldelfe in "Rusalka". Außerdem ist Ströckens Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes und der Bruno- und Elisabeth Meindl-Stiftung, sie absolvierte diverse Meisterkurse und wurde auch schon mehrmals von der Kammer-Oper Köln engagiert: Dort gab sie die Pamina in einer Zauberflöte für Kinder und ist derzeit bei einem Loriot-Abend zu erleben. Weil sie aber bereits während des Studiums "immer mit den Jazzern rumhing" und neue Impulse suchte, macht sie nun ihren Master in Neuer Musik bei Stefan Litwin. Er schrieb auch "Nacht mit Gästen", eine Oper nach Peter Weiss . Auf ihr Mitwirken freut Ströckens sich sehr, weil die HfM-Inszenierung als mobile Produktion an Schulen gezeigt werden soll. Daneben wird sie im SST-HfM-Projekt "Gegen die Dummheit. Hanns Eisler heute" auf der Bühne stehen, das im September Premiere feiert.

Seit zwei Jahren nimmt sie Gesangsunterricht bei ihrem Vater: "Das bringt mir technisch sehr viel." Als Ergänzung und Ausgleich zum ernsten Fach pflegt Ströckens parallel "Meins", wie sie liebevoll formuliert: das Duo "Lisa & Stäff" mit dem Kontrabassisten Stephan Goldbach. Bei diesem Projekt, das 2014 in der gemeinsamen WG entstand, frönen beide nach Herzenslust ihrer musikalischen Weitwinkligkeit. Und Ströckens, die sich selbst nicht gern wichtig nimmt, lernt, auch mal Diva zu sein. Sein Debüt gab das Duo 2015 bei der Saarbrücker Sommermusik mit dem Programm "Lulu und die Heerscharen der Verfluchten" - quer durch Klassik, Pop und Jazz servieren die Zwei ein Repertoire von Alban Berg bis Björk.

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