Saarbrücker Kliniken fürchten Millionen-Verluste, Personalnot und schlechtere Qualität

Saarbrücken · Mit dem geplanten Krankenhausstrukturgesetz will die Bundesregierung die Qualität an Krankenhäusern verbessern. Das Gegenteil prophezeien die Geschäftsführer von vier Saarbrücker Krankenhäusern.

Als "Etikettenschwindel", durch den die Qualität an Krankenhäusern leide, haben die Geschäftsführer der vier Saarbrücker Krankenhäuser den Entwurf der Bundesregierung zum Krankenhausstrukturgesetz bezeichnet. Die Regelungen des geplanten Gesetzes würden dazu führen, "dass die Leistungsfähigkeit unserer Krankenhäuser ausgehöhlt wird", schreiben Susann Breßlein (Winterberg-Klinikum), Raphael Lunkenheimer (Caritasklinikum Rastpfuhl), Kurt Wahrheit und Alfons Vogtel (SHG-Kliniken Sonnenberg ) und Joachim Krekel (Evangelisches Stadtkrankenhaus) in einem offenen Brief an die Saarbrücker Bundestagsabgeordneten sowie an Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU ). "Die angedachte Reform ist eine vergiftete Medizin", sagt auch der Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG), Thomas Jakobs.

Allein die vorgesehene Streichung des Versorgungszuschlags, eines 2013 eingeführten Aufschlags auf die Fallpauschalen, bedeute für die vier Saarbrücker Kliniken einen Verlust von 1,7 Millionen Euro . "Ohne dass wir unsere Leistung verringern würden", betonen die Geschäftsführer . Jakobs beziffert den Verlust für alle 21 Saar-Krankenhäuser auf rund acht Millionen Euro . Einbußen von ebenfalls 1,7 Millionen Euro sehen die Saarbrücker Klinken bei den vorgesehenen Maßnahmen zur Mengensteuerung. Krankenhäuser sollen nämlich verpflichtet werden, Mindestmengen für bestimmte Leistungen festzulegen. Erbringt ein Haus dann eine Leistung, obwohl es hier die festgelegte Mindestmenge nicht erreicht, erhält es keine Vergütung. Die SKG rechnet hier mit Verlusten von acht Millionen Euro . "Das bedeutet, dass wir - umgerechnet auf Pflegekräfte - 62 Stellen in der Pflege nicht mehr bezahlen können", heißt es in dem Brief weiter. Wo dann gespart wird, sei jedem Krankenhaus selbst überlassen, betont Jakobs.

Um die Zahl der Pflegekräfte zu erhöhen, sieht der Entwurf vor, von 2016 bis 2018 rund 660 Millionen Euro im Jahr für ein "Pflegestellenförderprogramm" zur Verfügung zu stellen. "Dies führt für unsere vier Häuser zusammen nur zu 6,5 neuen Stellen im Jahr", stellen die Geschäftsführer klar. Wie viele Stellen dies für das Saarland wären, lasse sich derzeit nicht beziffern, so Jakobs: "Die Krankenhäuser müssen in der Lage sein, zehn Prozent der zusätzlichen Personalkosten selbst aufzubringen", nennt er eine Bedingung. Dies könne nicht jede Klinik.

Ebenfalls kritisch sehen sie den Plan, dass Krankenhäuser für gute Leistungen etwa bei Operationen Zuschläge erhalten und Abzüge bei schlechten. Dies kann auf lange Sicht zu Schließungen einzelner Abteilungen führen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ) erhofft sich so einen Abbau von Überkapazitäten und eine Spezialisierung der Kliniken . "Ob und wie stark wir von den Zuschlägen profitieren, ist heute noch gar nicht absehbar", so die Saarbrücker Klinken. Die SKG fürchtet, dass der noch nicht definierte Qualitätsbegriff dazu genutzt werde, die Vergütung zu reduzieren. Wenn nur wenige Kliniken die Standards erfüllen könnten, bedeute dies Verluste für die übrigen.

Die Saarbrücker Kliniken fordern die Politik daher auf, sich für eine Entlastung des Krankenhauspersonals einzusetzen. Tarifsteigerungen müssten von den Krankenkassen bezahlt werden, die Finanzausstattung der Krankenhäuser müsse auf solide Füße gestellt werden - dem Anspruch, die Patientenversorgung und die Qualität der Behandlungen zu verbessern, werde der Gesetzentwurf nicht gerecht.

"Das Gesetz wird die Personalnot an Krankenhäusern weiter verschärfen", glaubt auch Verdi-Experte Michael Quetting. Die Gewerkschaft fordert eine gesetzliche Festlegung, wie viel Personal für bestimmte Aufgaben nötig ist. Am 7. September beginnt die Anhörung zum Entwurf. An diesem Tag will Verdi vor den Saar-Landtag ziehen und den Vertretern der Fraktionen ihre Petition überreichen. Ende Oktober soll der Bundestag das Gesetz verabschieden, die Reform zum 1. Januar 2016 in Kraft treten.

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