Diskrete Spurensicherung nach dem Missbrauch

Saarbrücken · Vergewaltigungsopfer, die direkt nach der Tat unsicher sind, ob sie Anzeige erstatten wollen, können ab sofort Spuren vertraulich sichern lassen. Diese werden dann zehn Jahre anonymisiert aufbewahrt.

 Vergewaltigungsopfer können Verletzungsspuren ab sofort vertraulich sichern lassen – und den oder die Täter unter Umständen erst Jahre später anzeigen. Symbolfoto: dpa

Vergewaltigungsopfer können Verletzungsspuren ab sofort vertraulich sichern lassen – und den oder die Täter unter Umständen erst Jahre später anzeigen. Symbolfoto: dpa

Wie tief und einschneidend Opfer sexueller Gewalt an Körper und Seele verletzt sind, können Außenstehende - wenn überhaupt - höchstens erahnen. In den Beratungsstellen des Frauennotrufs und ähnlichen Einrichtungen berichten Missbrauchsopfer von Scham, Angst und Schuldgefühlen - viele zutiefst traumatisiert. "Erfahrungen zeigen, dass nur ein sehr geringer Anteil der Opfer unmittelbar nach der Tat überhaupt in der Lage ist, Hilfe zu holen", sagte Monika Bachmann (CDU ), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Geschweige denn die Täter anzuzeigen. "Viele fragen sich, ob sie selbst schuld sind an dem, was passiert ist. Oder ob ihnen überhaupt geglaubt wird", so Bachmann. Gemeinsam mit Justiz-Staatssekretärin Anke Morsch, Gunter Hauptmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland (KV), und Josef Mischo, Präsident der Ärztekammer des Saarlandes (ÄKS), stellte die Ministerin gestern die Informationskampagne "Sexuelle Gewalt hinterlässt Spuren" vor.

Die Kampagne, die heute, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen startet, begleitet die landesweite Einführung einer vertraulichen Spurensicherung nach einer Vergewaltigung. Opfer, die direkt nach der Tat noch unsicher sind und zunächst keine Anzeige erstatten möchten, haben ab sofort die Möglichkeit, "sich unmittelbar nach dem Vorfall - nach Wunsch in einer Klinik oder Facharztpraxis - vertraulich Hilfe zu holen und die Spuren sichern zu lassen, die für eine mögliche spätere Anzeige bei der Polizei hilfreich sein können", erklärte Bachmann.

Die rechtsmedizinische Abteilung der Uni-Klinik Homburg bewahrt die Beweise zunächst für zehn Jahre anonymisiert auf - bei Bedarf aber auch länger. Das interministerielle Projekt nennt sich "Vertrauliche Spurensicherung nach sexuellere Gewalt ". Das Saarland "ist das erste Flächenland, das landesweit eine institutionalisierte Angebotsstruktur für dieses vertrauliche Hilfemodell anbietet", erklärte Ministerin Bachmann.

Die vertrauliche Spurensicherung richtet sich zunächst an Erwachsene und wird landesweit in ausgewählten Kliniken und gynäkologischen Praxen angeboten. In einem zweiten Schritt soll das Angebot aber auch auf Kinder und Jugendliche ausgeweitet werden. "Es gibt spezifische Verfahrensfragen, die da zu beachten sind", sagte Staatssekretärin Anke Morsch der Saarbrücker Zeitung auf Nachfrage.

Über Tel. (06 81) 84 49 44 können Betroffene erfahren, wo sich die nächstgelegene Klinik oder Praxis befindet, die die vertrauliche Spurensicherung anbietet.

SPUREN-SICHERN.de

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